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Kapitel 11:
Willkommen in Greenstage
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Eine Minute.

Es brauchte nur genau eine Minute, um all meine Hoffnung für immer zu zerstören.

Da waren wir also. In Greenstage.
Das sicherste und größte Auffanglager, wie die Radiosprecher so schön gesagt hatten.

Kommen sie nach Greenstage, dort ist es sicher."

Ein Scheiß.

Ich musste abrupt bremsen, um nicht direkt in eine riesige Ansammlung von Zombies hinein zu rasen.
Geschockt japsten Ryle und ich nach Luft, während wir immer noch verzweifelt versuchten zu verstehen, was hier abging. Ich brauchte einige Sekunden länger als er, um das alles zu realisieren.

Wir befanden uns zwischen brennenden Gebäuden, Trümmern, einer Menge Chaos und tausenden an Zombies. Dunkler Rauch stieg in den Himmel, und der Geruch von Blut lag in der Luft. Einige Zombies in Polizeiuniformen kamen auf unseren Wagen zu, und Tränen traten mir in die Augen.

Das alles.. es war für den Arsch.

Ich wagte es nicht, zu atmen und spannte meinen ganzen Körper an, während ich gegen die Flut an Tränen ankämpfte. Ich tat nichts, außer stumm gerade aus zu schauen. Ryle sah mich dabei einfach nur mitleidig von der Seite an.

Dieser Moment brannte sich in meinem Gehirn fest - das Feuer, die Zombies, und die Enttäuschung und Hoffnungslosigkeit, die mich überrannten.

Das alles war zu viel aufeinmal. Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen. Ich wollte weinen, ich wollte schreien, und ich wollte mich am liebsten aus dem Auto schmeißen und alles nach Carrie absuchen. Doch wenn ich sie finden würde, dann nur tot. Das wurde mir plötzlich schmerzlich bewusst.  „Adara.."

Ryle's sanfte Stimme riss mich aus meinen Gedanken, doch ich sah ihn nach wie vor nicht an.
Ich konnte es nicht. Meine Welt brach erneut in tausend Teile, und ich konnte nur auf die vielen hässlichen Untoten blicken, die sich immer schneller auf uns zubewegten. Bald hatten sie uns erreicht.

Doch das war mir egal.
Sollten sie uns doch erreichen.

Das alles spielte jetzt keine Rolle mehr.

Es spielte keine Rolle mehr, denn Carrie war mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr am Leben.

Ohne Carrie, hatte mein Leben keinen Sinn mehr.
Denn sie war mein Leben. Ohne sie würde ich nicht überleben. Ich würde jeden Tag, sterben. Jeden verdammten Tag, würde ein kleiner Teil von mir sterben. Langsam und qualvoll. Und so würde ich mein ganzes restliches Leben verbringen. Bis ich eines Tages vollständig drauf gehen würde.

Ich schluckte schwer, während Tränen meine Schicht verschleierten.

„Adara.. die Zombiepolizisten.." fuhr Ryle vorsichtig fort. „Sie haben Waffen."

Zum ersten Mal nach 5 Minuten, sah ich ihn an.
Seine braunen Augen waren voller Sorge, und seine Stirn lag in Falten. Er lehnte sich ein Stück zu mir vor, und legte seine Hand auf meine, die sich nach wie vor verkrampft an das Lenkgrad klammerte.

„Wir müssen sie uns holen." wisperte er.

Ich starrte ihn eine Sekunde lang ernst an, bis ich schließlich ohne Vorwarnung aus dem Auto sprang.

„Adara!" rief Ryle mir perplex hinterher, und folgte mir geschockt.

Sollte ich drauf gehen, wäre es mir scheiß egal.

Wie ferngesteuert ging ich auf die vielen Zombies zu, die alle ihre Hände gierig nach mir ausstreckten.
Mein ganzer Körper fühlte sich taub an. Tränen liefen mir über meine Wangen, während ich einen Zombie zurück schubste, und versuchte dabei seine Waffe zu ergreifen, die locker an seinem Gürtel hing.

Ryle rang hinter mir ebenfalls mit einem der vergammelten Viecher, und versuchte sein Glück um an eine der Waffen zu kommen.

Ich keuchte angestrengt auf, während ich einem anderen Zombie mein Knie in den Bauch rammte.
Nun überkam mich Wut. Ich war wütend.

Wütend auf das alles. Wütend auf die Zombies, auf die Welt und auf das Schicksal. Ich wollte es nicht akzeptieren. Ich konnte es nicht akzeptieren.

Verzweifelt und hasserfüllt schrie ich auf, während ich einem Zombie der am Boden lag, den Schädel eintrat. Ich trat immer und immer wieder auf ihn ein, bis das einzige was von ihm noch übrig war, eine rötliche Pampe war. Blut spritze über den ganzen Boden, doch ich hörte nicht auf. Der Geruch von vergammelten Fleisch drang in meine Nase, doch ich hörte nicht auf. Zermatschte Teile seines Gehirnes klebten an meinen Schuhsohlen, doch ich hörte nicht auf.

Ich schluchzte fürchterlich, während Ryle mir meinen Arsch rettete, und einen Untoten der gerade von hinten auf mich zu kam, mit einem Holzbrett zu Boden schlug. Ich hing so in meinem Mental Breakdown fest, dass ich nicht mal das mitbekam.

Ein schmerzverzerrter Schrei entfuhr mir, und ich drückte meine Hände auf meine Brust. Ich bekam keine Luft mehr, und langsam verließ meinen Körper all die Kraft, die ihn vorher noch angetrieben hatte. Es tat nur noch weh.

Die Realisation und die Wahrheit.
Es tat weh. Schrecklich weh.

„Adara! Pass auf!" schrie Ryle mir durch 2 Zombies zu, die sich in Windeseile auf mich zu bewegten. Langsam hob ich meinen Kopf in seine Richtung, und starrte auf das Grauen, welches mir bevor stand.

Doch plötzlich, zog etwas anderes meine Aufmerksamkeit auf sich.

Eine Waffe.

Um genau zu sein ein handelsüblicher, einfacher Revolver. Er lag ein paar Meter neben mir. Zwischen toten Körpern, Blutlachen und Dreck.

30 Sekunden später hielt ich ihn in meinen Händen.
Er war schwer, kalt und fühlte sich seltsam unvertraut in meinen Händen an. Er war bereits entsichert, und wie ich feststellte befanden sich nur noch 3 Patronen im Lauf.

Doch die reichten völlig aus.

Ich starrte auf die Zombies vor mir, die mich jede Sekunde erreicht hatten. Ryle rief mir irgendwas zu, was ich jedoch nicht verstand. Seine Stimme kam nur abgedämpft bei mir an.

Ich atmete ein.
Ich atmete aus.

Und dann drückte ich ab.

RESIST. Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt