Kapitel 2 - Der Mentor

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Den Rest des Tages verbrachte Flusspfote im Lager, eine Regelung, die Bernsteinstern getroffen hatte nachdem alle Katzen wieder im Lager waren. Gerade saß der junge Schüler neben dem Beutehaufen und dachte nach, während er seinen Blick über das Lager schweifen ließ. 

Es waren Tunnel, groß und breit sodass man auch darin kämpfen könnte, wenn man es wöllte. Die Baue wurden durch Erdmauern abgetrennt und waren im Inneren mit Moos und Federn ausgestattet. Flusspfote liebte das Lager und das Territorium des WasserClans und er wollte kein Blatt missen. 

Doch gerade dachte der Junge Schüler nur nach. Ihm schwirrten viele Fragen durch den Kopf und er wollte unbedingt Antworten auf diese finden. Er hätte gerne seinen Mentoren um Rat gefragt, aber Rostwind ging es nach wie vor nicht besser. Windbeere vermutete jeden Augenblick seinen Tod. Der Kater schüttelte leicht den Kopf. Was konnte einer Katze nur so viel Schaden anrichten? Und eine noch größere Frage war warum? 

"Ich bitte alle Katzen, die alt genug sind, das Lager zu verlassen sich zu einem Clantreffen zusammenzufinden!", ertönte plötzlich Bernsteinsterns Ruf und Flusspfote wurde aus seinen Gedanken gerissen. Schnell fanden sich alle Katzen zusammen. "Rostwind wurde schwer verletzt und wir wissen nicht warum", begann die bernsteinfarbene Anführerin, "aber wir werden es herausfinden. Bis es jedoch so weit ist verordne ich jeder Katze dieses Clans eine neue Regel, an die sich jeder hält: Kein Schüler verlässt ohne einen Krieger das Lager. Junge dürfen nur mit ihren Müttern oder mindestens zwei Kriegern raus und niemand bleibt nach Sonnenuntergang draußen im Wald" 

Erschrockenes Murmeln machte sich breit. Die neuen Regeln bedeuteten auch, dass es viele Krieger geben musste, die im Lager bleiben, und andere begleiten mussten. So viele Krieger hatte aber kein Clan. "Mir sind eure Sorgen bewusst", redete Bernsteinstern weiter, "und wir sind überzeugt, dass wir gemeinsam eine Lösung finden werden. Wir stehen das gemeinsam durch"

Nun trat auch Schattengeist vor und sprach: "Falls Rostwind überlebt, dann wird er nie mehr Krieger sein können. Doch bis wir eine Entscheidung fällen müssen bitten wir euch, ihm dennoch Respekt zu zollen. Er hat für seinen Clan hart gearbeitet und auch wenn sein Geist gespalten wurde stand der Clan an erster Stelle" Bernsteinstern nickte. 

Auch Windbeere öffnete kurz den Mund, ihre Augen verrieten nichts, doch sie schloss ihn wieder, ehe sie etwas sagte. Die Bewegung war so subtil, dass sie den meisten Katzen vermutlich nicht aufgefallen war. Aber Flusspfote war sie aufgefallen. 

"Flusspfote", riss Sandpfotes Stimme ihn aus den Gedanken, "du bekommst gleich deinen neuen Mentoren. Vielleicht solltest du zuhören" "Ist ja gut", brummte der Kater genervt. Er konnte Sandpfote mit ihren schlauen Antworten nie so ganz ausstehen. Sie war perfekt und alles drehte sich um sie. Schrecklich, wie Flusspfote fand. Als Junges war sie anders gewesen, damals wollte sie nicht Spatzenkralle beeindrucken, wie sie es nun immer Tat. 

Spatzenkralle war ein sehr junger und disziplinierter Krieger und Stachelpfote vermutete, dass er wie ein Dachs enden würde. Brummig, einsam und dennoch so überaus weise und damit so perfekt wie es Älteste in Geschichten nur sein konnten. Insgesamt war der Clan von Perfektion geprägt - auch Flusspfote wollte ein guter Schüler sein. Aber er war noch längst nicht so schlimm wie Spatzenkralle. Und auch die Ältesten waren nicht perfekt, glücklicherweise. 

Sie waren auf den ersten Blick vielleicht furchteinflößend, mit ihren trüben gelben, violetten oder eisblauen Augen aber auf den zweiten Blick waren sie ganz normale Katzen, wie jede andere auch. Freundlich, respektvoll aber dennoch mit ihren Macken und Schwächen. So sollten wahre Krieger sein, hatte Quellenherz Flusspfote immer erzählt. Quellenherz war seine und Stachelpfotes Mutter. 

Der Vater der beiden Kater, Wespensturz war im See ertrunken als Flusspfote drei Tage alt war. Da er sich nicht an seinen Vater erinnern konnte, vermisste er ihn auch nicht so stark wie Quellenherz es anfangs getan hatte. Mondelang war sie in stiller Trauer versunken, viel zu lange bis sie sich langsam damit abgefunden hatte. Auch heute noch wurden ihre Gedankenzüge daran erinnert, wie ihr Gefährt einfach so gestorben war. 

Aber mittlerweile hatte sie einen neuen Gefährten und Flusspfote hatte Halbgeschwister - Zweigjunges und Holunderjunges. Der Vater der beiden war Birkenfall. Mit ihm verstand sich Flusspfote gut, aber eine enge Beziehung würde daraus wohl nie entstehen. Auch Stachelpfote hatte keinen engen Draht zu Birkenfall und konnte ihn nicht ausstehen. Zumindest herrschte kein offener Streit zwischen beiden. Birkenfall hatte Wespensturz gehasst und er erkannte offenbar etwas von ihm in Stachelpfote wieder. Leider, denn es machte die neue Familie kaputt. 

Zweigjunges und Holunderjunges im Gegensatz waren sehr nette und süße Jungen und auch Stachelpfote konnte sie leiden und spielte öfters mit ihnen. 

Offenbar hatte Bernsteinstern bis eben eine weitere Predigt gehalten aber Flusspfote verpasste glücklicherweise nicht den Aufruf seines Namens, alles andere wäre peinlich gewesen, vor Allem da Sandpfote ihn ermahnt hatte. Aber nun stand er hier oben, wo er als Junges einst gestanden hatte und betrachtete seine Clangefährten unter ihm. Er stand auf einer Erderhöhung von der man das ganze Lager im Blick hatte. 

"Ich bin überzeugt davon, dass Rostwind ein guter Mentor war. Du warst nicht sein erster Schüler aber leider sein letzter. Doch nun soll Hirschblut dich weiter lehren bis du bereit bist, ein Krieger zu werden. Ich wünsche dir viel Erfolg auf deinem weiterem Weg und mögen deine Schritte gelenkt werden. Mögest du gelehrig sein, um ein guter Krieger zu werden" 

Bernsteinstern sprach die Worte so aus, als wäre alles ganz normal doch in Wirklichkeit explodierte eine ganze Welt vor Flusspfotes Augen. Er hatte nichts gegen Hirschblut, er war ein sehr sympathischer Kater aber Rostwind war ebenso einer gewesen und niemand könnte ihn je ersetzen. Er erinnerte sich daran, als die beiden zum ersten Mal den Wald erkundet hatten oder zusammen schwimmen waren. Sie hatte etwas verbunden und dieses Band wurde gerade, in einem Augenblick zerschnitten und es gab nichts mehr, was Flusspfote mit den Erinnerungen verbinden konnte. 

Er tappte zu Hirschblut und berührte seine Nase mit der seiner. Der rot-braune Krieger murmelte leise, aber so, dass es Flusspfote hören konnte: "Ich werde alles daran setzen so gut lehren zu können wie Rostwind, das verspreche ich dir" 


Gefährliche Blicke | Warrior Cats FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt