Kapitel 14 - Die Erinnerungen

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"Gelöscht?", fragte Flusspfote irritiert. "Wie kann man ein Ereignis löschen? Ich verstehe das nicht", stimmte Blitzpfote leise zu.

"Ich verstehe es", miaute Hirschblut, "aber es ergibt für mich keinen Sinn"

Stachelpfote sagte nichts. Er stand nur schweigend da, versuchte Windbeere mit seinen Blicken zu durchlöchern. Er schien nur auf die Heilerin fokussiert. Er beobachtete jeden ihrer Herzschläge als hätte er Angst, sie würde mit jeder Bewegung versuchen zu fliehen.

Wenn sie das tatsächlich vorhatte wäre sie jedoch schon längst weg gewesen. Vielleicht wartete sie den richtigen Moment ab.

"Gelöscht. Die Erinnerung jeder Clankatze wurden durchsucht und jedes Ereignis welches mit der Schattenkatze zu tun hat wurde entfernt - gelöscht", erklärte Windbeere weiter.

"Wie?", bohrte Blitzpfote nach.

"Mithilfe unserer Ahnen. Die einzigen die die Erinnerung beibehalten durften war ein Heilerschüler und ein Krieger. Das ausgerechnet Schattengeist Stellvertreter wurde...vielleicht Zufall, vielleicht auch geplantes Schicksal. Das Löschen der Erinnerungen diente zur Vorsorge. Falls jemand auf die Idee kommen sollte die..."

"Die was?", fragte Hirschblut.

Windbeere schüttelte kurz den Kopf. "Das kann ich euch nicht sagen. Aber es ist nach den erstem Auftauchen der Schattenkatze Schreckliches in den Clans passiert. Als wir dachten sie wäre endgültig verschwunden waren die Clans kurz davor zusammenzubrechen. So viel Tod...so viel Blut...Überall herrschte Krieg. Kampf. Schlacht. Kein Clan hielt zusammen. Alle kämpften an der Seite des anderen um Profit aus dessen Kampfkünsten zu ziehen. Mütter schickten ihre zu Schülern gewordenen Jungen in die Kämpfe. Heiler gaben ihre Pflichten auf. Einige Kämpften mit"

Sie zitterte am ganzen Körper. Ein paar Tränen verließen ihre Augen und tropften auf den waldigen Boden. Stachelpfote blickte nun nicht mehr feindselig sondern voller Mitgefühl auf seine Clangefährtin.

"Es war so viel zerstört...selbst die Anführer zogen in die Schlachten. Nur wenige Katzen flohen, wie ich, und gingen zum SternenClan. Die restlichen Heiler und Anführer sprachen mit den Ahnen und entschlossen sich dazu die Erinnerungen zu löschen. Damit jeder Clan wieder friedlich leben konnte. In dieser Zeit schliefen die Katzen, außer die die geflohen waren. Jene bauten die Lager wieder auf, warteten bis das Blut weggewaschen wurde. Und dann wachten die ersten wieder auf. Das Clanleben war wieder normal. Ich...ich konnte trotzdem niemanden verzeihen. Mir selbst auch nicht. Bernsteinstern kann ich nicht vertrauen. Ich habe die letzten Blattwechsel so viel Angst gehabt sie könnte wieder unbedacht in Schlachten stürzen. So viel Angst gehabt, dass Raivi wiederkommt. Und jetzt ist sie wieder da..."

Panisch sah sie Flusspfote an. "Es darf niemals wieder passieren. Niemals"

"Wir werden sie versuchen aufzuhalten"

Das war eine neue Stimme. Die Katzen wirbelten herum. Und entdeckten Blattzweig.

Die Kätzin schien die ganze Zeit zugehört zu haben. "Ich weiß wenn mein Schüler Dummheiten macht. Davon kann ich ihn nicht abhalten. Also musste ich ihm folgen", erklärte sie schlicht. Dann tappte sie zu Windbeere.

"Es wird nicht wieder passieren. Was auch immer es war - es gibt einen Weg es aufzuhalten. Pass auf dich auf Windbeere. Wir sehen uns bald wieder"

"Wohin geht ihr?", fragte die Heilerin. Ihre Stimme war schrill, immer noch zitterte sie. Panik blitzte in ihren Augen auf. Hirschblut sah sie mit mitfühlenden Augen an. "Wir verlassen die Clans. Unbestimmte Zeit lang. Von außen haben wir besseren Überblick. Und wir haben einen Plan wie wir Raivi aufhalten können. Vorausgesetzt es klappt - hoffen wir es. In der Zeit: Behüte unsere Freunde, unseren Clan"

Damit wirbelte der Krieger herum und rannte durch das Dickicht davon. Die drei Schüler sowie Blattzweig folgten ihm schnell.

***

"Warum kommt sie mit?", war Stachelpfotes erste Frage gewesen als sie in ihrem neuen >zuhause< angekommen waren. Es war eine Art Felsvorsprung unter dem die Katzen Schutz gefunden hatten. Eine Lichtung umschlossen von dichtem Wald.

Die Sonne ging nun langsam auf, nachdem Blattzweig erzählte hatte das sie die Kater schon länger unterstützt hatte. Sie hatte zum Beispiel das neue Heim für die fünf gefunden. Hirschblut hatte davon die ganze Zeit schon gewusst.

Das hätte vermutlich niemand der sonst so treuen Kätzin zugetraut.

Jetzt saßen sie über einen großen Hasen gebeugt und verschlangen ihre erste Mahlzeit des Tages hungrig.

Danach fuhr Blattzweig mit erzählen fort:

"Als ich sagte, dass wir vermutlich wissen, wie wir Raivi aufhalten können, habe ich wohl etwas übertrieben. Macht euch da nicht allzu viele Hoffnungen. Es ist zwar nicht unmöglich und unsere Theorien könnten stimmen, aber es ist kompliziert, dass zu beschaffen, was wir brauchen"

"Warum?", fragte Blitzpfote neugierig und leckte sich das Blut des Hasen von der Schnauze.

Diesmal antwortete Hirschblut: "Wir denken, dass wir für Ablenkung sorgen können, wenn wir Raivis Jungen dazu holen. Sie sind jetzt schon erwachsen, sie werden mit der Realität umgehen können, dass ihre Mutter Schreckliches getan hat. Außerdem zeigten sie sich schon ein mal als kooperativ, vielleicht gelingt es uns, sie wieder dazu zu bringen, uns zu helfen"

"Sie waren schon einmal hier?", fragte Flusspfote verdutzt.

"Vor ein paar Blattwechseln, kurz nach eurer Geburt", erklärte Blattzweig, "sie halfen damals einen Dachs auf unserem Territorium zu vertreiben. Dafür erklärte unsere Heilerin sich bereit, ihnen etwas über Kräuter beizubringen, sodass sie sich verarzten können, sollte ihnen etwas passieren"

"Wieso sollten sie uns dann helfen, wenn dieses mal nichts für sie herausspringt? Und warum wisst ihr, dass es ihre Jungen waren", wollte Stachelpfote wissen.

"Für sie springt eine Menge heraus," miaute Blattzweig weiter, "die Schattenkatze wird Rache an der Streunerbande wollen, die ihre Jungen entrissen haben. Vielleicht will sie sich sogar an ihren Jungen rächen, weil diese sie allein gelassen haben. Aber entweder sie sterben, wenn sie unsere Zusammenarbeit ablehnen oder sie haben die Chance zu überleben, wenn sie uns helfen. Und zu deiner Frage, woher wir das so genau wissen - die beiden erzählten mir kurz von ihrer grauenvollen Mutter, von den Geschichten, die sich die Streuner ausdachten, um die Jungen bei sich zu behalten. Damals war noch nichts davon wahr - jetzt schon. Aber sie nannten sie bei ihrem Namen: Raivi. Und während wir hier reden sind Wurzelnase und Sturmfell auf dem Weg, die beiden zu suchen. Sie sind ebenfalls gestern Nacht aufgebrochen. Bevor ihr fragt; es sind ebenfalls Vertrauenswürdige Katzen. Sie wollen dem Clan genauso helfen, wie wir es tun"

Gefährliche Blicke | Warrior Cats FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt