Epilog

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"Rehwasser!", quiekte ein Junges. Es war nicht älter als drei Monde, klein und niedlich. Nur das grau-blaue Fell stand in alle Richtungen ab. Der kleine Kater krabbelt aufgeregt zu der älteren Kätzin. Hinter ihm sein Bruder - das Fell ebenso grau-blau und unordentlich. 

Danach folgte drei Kätzinnen. Zwei der drei hatten dunkelrotes Fell, kleine rosane Näschen und kleine Ohren, während die dritte die Fellfarbe ihrer beiden Brüder besaß. Es war ein bisschen grauer, ein bisschen zotteliger und die großen bernsteinfarbenen Augen starrten Rehwasser begierig an. Ihr Name war Flutjunges. Ihre Brüder hießen Blaujunges und Regenjunges. 

Die beiden anderen Kätzinnen hatten die Namen Flammenjunges und Beerenjunges erhalten. Flammenjunges Fell war etwas heller, kürzer und hatte kleinere, dunklere Sprenkel. Das Fell ihrer Schwester glich jedoch dem ihres Vaters: einfarbig und dunkelrot, wie Blut. 

"Rehwasser, bitte", quengelte Flutjunges. Ihre piepsige Stimme erwärmte Rehwasser das Herz, "wir wollen die Geschichte hören" 

"Welche denn?"

"Die mit den Schatten. Zu der Zeit, wo Matschflügel lebte!", rief Beerenjunges begeistert dazwischen. 

"Euer Großvater war damals noch ein Junges", erklärte Rehwasser, "aber ja - er lebte damals. Aber ich glaube kaum, dass ihr bereit seid, diese Geschichte zu hören" 

"Aber bitte Rehwasser! Bitte, bitte!"

"Ich denke, es war ein deutliches nein von Rehwasser", schalte sich eine neue Stimme ein. Sie gehörte Zweigsprenkel - einem orangenem Kater und zudem Rehwassers Gefährte. Auch er hatte zu der Zeit der Schattenkatze gelebt. Er war jedoch etwas jünger als Matschflügel. 

"Rehwasser ist heute etwas müde. Ihr solltet sie in Ruhe lassen, damit sie sich erholen kann. Aber ich glaube, von mir könnt ihr die Geschichte hören", fuhr der alte Kater fort. 

Die Jungen klappten das Maul auf: "Oh ja! Danke Zweigsprenkel!" 

Rehwasser schüttelte nur leicht den Kopf. Zweigsprenkel wusste sicherlich, was er tat. Er war selbst dabei gewesen, als die Schattenkatze existierte; er würde wissen, was die Jungen verkrafteten. 

Zweigsprenkel öffnete wieder den Mund: "Wenn Lerchenmond den Heilerbau verlässt, muss ich aber aufhören mit erzählen. Sie hat eine weite Reise vor sich, um ihre neun Leben zu erhalten. Da muss ich ihr viel Erfolg wünschen, bevor sie aufbricht. Und Rehwasser will sicherlich mitkommen, nicht wahr?"

Die alte Kätzin nickte nur. Ja, sie war müde und ihre Knochen schmerzten, aber sie musste ihre zweite Anführerin begleiten. Eschenfeder würde schließlich auch mitkommen. Eschenfeder. Rehwassers ehemalige Schülerin - sie war nicht besonders alt, im Gegenteil. Aber nachdem Rehwasser den Heilerbau verlassen hatte, um in den Ältestenbau zu ziehen und ihr Amt als Heilerin aufzugeben - Zweigsprenkel zu liebe - war Eschenfeder ganz allein mit den vielen Aufgaben. Und bei einer Zeremonie, bei der eine neue Anführerin ernannt wurde, durfte eine erfahrene Heilerin nicht fehlen. 

"Also schön, beginnen wir", miaute der Älteste und lenkte die Aufmerksamkeit wieder auf sich, "Ich war damals auch ein Junges, nicht sehr alt. Aber ich hatte zwei ältere Brüder - Stachelpfote und Flusspfote, wie sie damals noch genannt wurden. Sie sind als große Krieger in die Geschichte eingegangen, als sehr große. Sie sind die ersten Katzen die es schafften die Schatten zu kontrollieren, ohne das ihr Geist gespalten wurde. Oder sie getötet wurden. 

Und sie schafften es, nicht besessen von dieser Macht zu werden - darum wählte Wespensturz, der Vater der beiden sicherlich aus. Beide konnten auf den anderen acht geben. Die Macht der Schatten ist sehr gefährlich, damals wie heute. Auch viele andere Katzen konnten ihrer Macht nicht widerstehen. Aber um auf die beiden zurückzukommen; das Band zwischen beiden war unglaublich stark. Wir verdanken beiden ziemlich viel. 

Aber beginnen wir am Anfang, richtig? Also gut, beide wurden geboren in einer..."

 Rehwasser hörte der rauen Stimme ihres Gefährten nicht mehr zu. Stattdessen schlief sie ein und erwachte erst wieder, als es Zeit war aufzubrechen. 

_ _ _ 

"Rehwasser, was passiert hier?", wollte Eschenfeder wissen, als sie, Rehwasser und Lerchenmond plötzlich auf einer mit gras bewachsenen Anhöhe standen. 

"Das hier", antwortete Rehwasser ruhig, "ist das Territorium des SternenClans. Hier erhält Lerchenmond ihre neun Leben. Es ist sehr schön, nicht wahr? Ich freue mich schon darauf, meiner Familie hier bald Gesellschaft leisten zu können" 

"Red' keinen Unsinn! Du wirst sicherlich noch sehr lange bei uns bleiben!", erwiderte ihre ehemalige Schülerin. In ihre Stimme hatte sich ein Hauch von Panik gemischt. 

Rehwasser schüttelte den Kopf: "Ich war lange Heilerin, sehr lange. Das hat mich und den Clan gestärkt, aber auch an meiner Kraft gezerrt. Bald ist meine Zeit abgelaufen, aber das ist nicht schlimm. Mach dir darüber erst Gedanken, wenn es so weit ist"

"Jetzt ist es erstmal Zeit sich auf die Zeremonie zu konzentrieren, oder Lerchenmond?", fragte eine neue Stimme. Sie gehörte einer grauen Katze mit blauen Augen, der Pelz mit Sternen besetzt. Die Ohren waren geknickt, wie als hätte man sie gebogen. 

Lerchenmond sah sofort auf - sie erkannte den Kater: "Flusswind!", rief sie erfreut. Persönlich getroffen hatte die zweite Anführerin ihn noch nie, aber die Geschichten hatte sie gehört. 

Mehr Katzen traten hinter Flusswind hervor: Sein Bruder, Schattenstern, der Anführer vor Lerchenmond, Amselschwinge - Lerchenmonds Mutter und noch unzählige weitere. Aber nur neun von ihnen würden ein Leben überbringen können. 

Flusswind und Stachelschatten traten zuerst vor: "Wir möchten dir das Leben des Lichtes verleihen. Licht gibt es immer, auch wenn die Schatten kommen und dir dein Leben erschweren wollen. Licht gibt es immer und überall, in jeder Katze; sei es der Clan, der hinter dir steht. Oder die Hoffnung, die in anderen immer noch brodelt, während andere sie schon aufgegeben haben. Das Licht wird dich durch die dunklen Zeiten leiten und durch die hellen ganz besonders. Aber vergiss nicht - das größte Licht des Clans lebt in dir" 

Beide hatten die Wörter synchron gesprochen, die Stimmen der beiden waren ineinander verschmolzen und hatten eine neue Stimme ergeben. Nun traten beide vor, ihre Nasen berührten die von Lerchenmond. Ein Gefühl von Wärme umgab die Kätzin, verdrängte jegliche Kälte und jegliche Sorgen und Zweifel. 

"Diene deinem Clan gut", flüsterten beide noch, ehe sie sich abwandten und zurück in die Katzenmenge traten. 

Die Zeremonie strich fort, die Leben wurden vergeben, eines nach dem anderen. Erst danach murmelten alle gemeinsam ihre Glückwünsche und verabschiedeten Lerchenstern in ihr erstes Leben - das Leben als Anführerin. In das Leben des Lichtes. 

Das Licht, das nie erlosch. Das Licht, dass es immer gab um die Schatten zu besiegen oder andere ebenfalls zum Leuchten zu bringen. Die nie endende Unterstützung, das nie erlöschende Licht. 

Wenn Flusswind und Stachelschatten den Clans eins gezeigt hatten, dann das: Das die Hoffnung immer währte. 

Gefährliche Blicke | Warrior Cats FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt