Kapitel 8 - Die Geschichte

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Blitzpfote schluckte noch einmal, blinzelte und nahm all seine Gedanken zusammen, bis er erneut den Mund öffnete und begann: 

"Es gab einst eine Katze, eine Kätzin, diese wurde fern von den Clans geboren, zu weit weg um sie zu kennen aber nah genug, um ihre Geschichten zu hören. 

Sie wuchs alleine auf, sie hatte nur ein paar Streuner, die sich um sie kümmerten, weil ihre Eltern sie abgegeben hatten. Man sagte, sie sei eine hübsche Kätzin - langes, grau, weiß getupftes Fell und Augen wie das Wasser, dunkel, aber voller Zuversicht. 

Ihr Leben war einsam aber sie gab ohne sich zu nehmen, sie war freundlich, auch wenn es andere nicht waren" 

"Willst du etwa sagen, dass diese Katze der Schatten früher die beste Kätzin der Welt war? Wie bescheuert ist das denn?", funkte Stachelpfote dazwischen. Er sah ziemlich gelangweilt aus, hockte auf dem Rücken, die Pfoten voneinander gestreckt und einen Moosballzwischen den Krallen. 

"He, das Moos ist aus meinem Nest!", beschwerte sich Flusspfote und schlug es seinem Bruder aus den Klauen, ehe er noch mehr Unfug damit anstellen konnte. Hirschblut verdrehte genervt die Augen. Auch Blitzpfote sah nicht so ganz begeistert über die Unterbrechung aus. 

Aber Stachelpfote interessierten die bösen Blicke nicht: "Weißt du, das ist bestimmt so eine kitschige Geschichte, die sich Frostwasser mal ausgedacht hat. Ich meine - eine tolle nette Katze, aber auf einmal war sie böse. Niemand weiß warum - es war einfach so. Plötzlich tötete sie alle Katzen und wollte Macht, mehr und mehr und niemand weiß warum. Doch dann fand sie drei Clans, bei denen sie ihre Wut auslassen konnte - UND NIEMAND WEIß WARUM! Dann wird sie vernichtet und alles ist wieder gut. Okay, wir haben es verstanden, Blitzy. Es ist bloß laaaangweilig."

Irritiert sahen Hirschblut und Blitzpfote sich an. Auch Flusspfote verstand das alles nicht. "Bitte was?", fragte er dann schließlich seinen Bruder. Dieser zuckte die Schultern. "Wir können Blitzpfote ja gerne weiter zuhören. Also zumindest könnt ihr das. Diese Geschichte ist langweilig. Ich werde mich ablenken", und damit schnappte er sich einen Moosfetzen und formte auch diesen zu einem Ball und kickte ihn mit den Pfoten hin und her. 

"Bin ich froh, nicht sein Mentor zu sein", murmelte Hirschblut, "also Blitzpfote. Fahr fort, wenn du bereit dazu bist"

Der angesprochene Schüler nickte und räusperte sich kurz, ehe er fortfuhr: 

"Sie war freundlich, auch wenn es andere nicht waren. Denn sie war jung und hatte keine Erfahrung. Sie musste sich anderen unterwürfig verhalten, sonst hätte sie nicht überlebt. 

Irgendwann, da war sie vermutlich zwanzig Monde, vielleicht ein bisschen Älter, bekam sie Junge. Von einem Kater, in den sie sich verliebt hatte. Aber er erwiderte ihre Gefühle nicht, und ließ sie allein. Zwei der vier Jungen überlebten die Geburt nicht. Sie waren zu klein, zu schwach. 

Die anderen beiden zog sie gut und warmherzig auf. Sie liebte sie und behütete sie. Irgendwann, als sie drei Monde alt waren wurden die drei angegriffen. Von der Streunerbande, von denen sich die Kätzin getrennt hatte, als sie sich verliebt hatte. Sie nahmen ihre Jungen mit und sie wehrte sich mit allen Mitteln wurde aber schwer verletzt. 

Sie folgte den Streunern, um ihren Jungen nah zu sein, doch mit der Zeit verblassten die Erinnerungen an sie und die Geschichten, die über ihre Mutter erzählt wurden, die bösen und grauenhaften Geschichten machten sich einen Platz wo eigentlich die Wahrheit weilen sollte. 

Doch sie schaffte es, ihre Jungen zurückzuholen, die nun in dem Alter waren, in dem wir uns befinden. Doch auch sie lehnten sie ab, wollten zurück zu den stärkeren, zu den mächtigeren und wollten sie nie wieder sehen. 

Sie ließ also ihre Jungen laufen und ging weg, weit weg. Sie floh vor ihrer Vergangenheit in eine ungewisse Zukunft. Sie floh zu den Clans. Damals war der Führer unseres Clans Honigstern gewesen. Ein bescheidener Kater und er lehnte sie ab, da der Clan sie nicht aufnehmen wollte. 

Auch die anderen Clans wiesen sie zurück und so ging sie wieder. Sie erzählte anderen von ihrer Geschichte, wie ungeliebt und einsam sie war. Aber niemand hörte ihr zu oder wollte ihr helfen. Alle sahen in ihre das schwache, zurückgelassene Ding, auf dem sie herumtrampeln konnten. 

Irgendwann sollte sie für einen Alten Kater etwas Katzenminze holen, da er starken Husten hatte. Sie tat dies natürlich gerne, wollte positiv im Gedächtnis des Katers bleiben. Aber sie fand ein falsches Kraut, etwas giftiges. Damals war sie vielleicht dreißig Monde alt, etwas jünger. 

Sie brachte es ihm, unwissend, dass es giftig war und er starb daran. Plötzlich hatte sie all die Aufmerksamkeit, die sie niemals gehabt hatte. Plötzlich hatten alle Angst vor ihr - aber sie respektierten sie auch. Sie blieb in deren Gedächtnis. Diese Aufmerksamkeit gefiel ihr, sie brauchte mehr davon. 

Und mit der Zeit merkte sie, wie viel man mit Angst erreichen konnte. Und sie wollte Rache. Denn in ihr war nichts mehr so, wie es früher einmal war. Sie war eine grauenvolle Mörderin. 

Sie wusste, dass sie nicht mehr zurückkonnte, in ihr altes, gutmütiges Leben. Und so verrannte sie sich in ihrer Boshaftigkeit. 

Es ging nicht viele Monde dieser Spuk umher, vielleicht drei da fraß sie etwas falsches und erlag wenige Tage später daran. Doch im dunklen Wald, da wo keine Katze hingehört, da wo die Schattenseite war fand sie Freunde. Freunde, die die Schatten selbst waren. Sie legte einen Nebel aus Schatten um sich und lehrte sich selbst, sie zu kontrollieren. Sie zu kontrollieren und Dinge mit ihnen herbeizurufen. Sie schaffte ein Portal zurück - wie genau, weiß man nicht, aber sie gelang wieder zurück. 

Dabei wurde sie auf dem einen Auge geblendet. Seither ist ihr Zeichen ein dunkles Auge mit einem Riss hindurch. Natürlich ersetzten die Schatten ihre Sehkraft und ließen ihre Narben dunkler werden. Und ihre Seele. Sie war nicht mehr sie, vor ihrem Tod. Die Schatten waren heimtückisch, sie waren böse. Die Schatten boten einem das, was man sich immer wünschte und die Kätzin wünschte sich nichts sehnlicher als..." 

"Wow, Moment, Moment. Blitzpfote, woher kennst du solche schlauen Wörter?", platze es aus Stachelpfote hinaus. Er schien sehr bemüht, sich zusammenzureißen, offenbar schien ihm die Geschichte doch etwas zu gefallen.

Blitzpfote legte den Kopf amüsiert schief. "Naja", murmelte er, "ich weiß noch wie Frostwasser sie erzählt hat. Ich werde mich daran vermutlich immer erinnern..."

Er schüttelte sich kurz, ehe er wieder das Maul öffnete: "Nichts sehnlicher als Aufmerksamkeit durch negatives Auffallen. Und so brachten die Schatten Tod, Verderben und Angst. Und Rache. Die Kätzin kontrolliert die Schatten, aber tief in ihrem Herzen ist ein Schatten, der ihre Emotionen kontrolliert. 

Zumindest wird das angenommen. Das ist alles, was ich weiß"

Gefährliche Blicke | Warrior Cats FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt