Kapitel 15 - Die Führung

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"Okay, aber wann werden sie kommen? Ich meine, so viel Zeit haben wir nicht mehr, bis Raivi was auch immer tut", fragte Stachelpfote. 

Hirschblut zuckte ratlos die Schultern: "Es wird eine Weile dauern. Tage, vielleicht Monde. wir müssen so lange herauszögern, was Raivi plant"

"Plant sie überhaupt etwas?", wollte Blitzpfote wissen, "klar, sie will Rache. Aber geht sie nach einem Zeitplan vor, den wir herauszögern können? Oder wartet sie, bis die richtige Zeit gekommen ist?"

"Wir wissen es nicht. Alle unsere Versuche es herauszufinden waren zwecklos - wir stießen nur auf mehr Fragen...dennoch ist es nicht unwahrscheinlich, dass sie ein größeres Ziel hat. Ich bin mir sicher, dass auch der Angriff auf Rostwind geplant war. Irgendwas will sie damit noch erreichen - außer der Aufmerksamkeit, die ab da auf ihr lag", miaute Blattzweig. 

"Wäre es vielleicht sinnvoll ihr keine Aufmerksamkeit mehr zu schenken? Vielleicht wird sie dann einfach gehen. Wer weiß - Rostwind war vielleicht nur für Aufmerksamkeit gut. Vielleicht will sie einfach gesehen werden? Und wenn wir sie nicht sehen, dann zieht sie vielleicht ab", überlegte Flusspfote. 

"Dann müssen wir uns sicher sein, dass sie nur Aufmerksamkeit will. Und selbst wenn - sie hat nicht davor zurückgeschreckt Rostwind zu entstellen. Sie würde für Aufmerksamkeit sicher töten. Es wäre unklug, einen so schlichten Plan zu verfolgen. Hirschblut und ich sind davon überzeugt, dass sie einen Plan hat. Und den müssen wir aufhalten", erklärte Blattzweig. 

Stachelpfote öffnete das Maul: "Stellt sich nur die Frage wie" 

Und das war eine zugleich unnötige wie auch wichtige Feststellung seinerseits. Wie sollten die Katzen Raivi aufhalten, wenn sie keinen Idee hatten, womit man Schatten aufhielt?

"Es wäre rein hypothetisch, aber gibt es vielleicht einen Weg, sie mit Licht zu bekämpfen?", fragte Flusspfote nach einigen Momenten der Stille, "Licht kann doch Schatten bekämpfen. Wenn es im finsteren Wald, nach ihrem Tod Schatten gab, gibt es beim SternenClan vielleicht eine Lichtquelle, mit der wir sie besiegen können?" 

"Das haben wir uns auch gefragt. Aber keine Lichtquelle, die der SternenClan hat ist stark genug den Schatten standzuhalten, geschweige denn, sie zu bekämpfen"

"Und wenn wir ein stärkeres Licht finden?", mischte sich Blitzpfote wieder ins Gespräche ein. 

Hirschblut räusperte sich: "Das sollte kaum möglich sein. Außerdem können wir nicht genau sagen, ob Licht Schatten besiegen kann. Vielleicht ist Licht - egal wie stark - nur Nahrung für die Schatten. Vielleicht stärkt es sie. Vielleicht zerstört es sie auch. Wir wissen es nicht und dieses Risiko einzugehen ist zu riskant" 

"Wir wissen gar nichts", fauchte Stachelpfote frustriert, "höchstes das wir nichts wissen!"

"Immerhin etwas", meinte Blattzweig sarkastisch und verdrehte die Augen. 

"Wir werden weiter nach Möglichkeiten suchen. Jetzt sollten wir uns erstmal um die Jagt kümmern. Blattzweig, geh mit Flusspfote und Stachelpfote jagen. Ich und Blitzpfote kümmern uns um Grenzmarkierungen - wir können Eindringlinge jetzt überhaupt nicht gebrauchen", verteilte Hirschblut die Aufgaben. 

Die Sonne stand schon fast am höchsten Punkt und außer dem Hasen hatten die Katzen noch nichts gegessen. Doch spätestens am Abend würde das nötig sein. Des Weiteren hatte die Gruppe keine Kräuter, kein fließendes Wasser und keine gemütlichen Nester. 

"Wieso entscheidest du das?", fragte Blattzweig irritiert, "ich bin länger Kriegerin als du. Ich sollte das entscheiden" 

"Na und? Ich habe genau soviel Erfahrung im Anführen wie du"

"Das stimmt nicht!"

"Ach ja?" 

"Sehr wohl"

"Wie viele Patrouillen hast du schon angeführt?"

"Ganze siebenundzwanzig, seit ich Kriegerin bin. Und du?"

"Elf"

"Da hast du's! Ich sollte uns anführen!"

"Nein!"

Die Diskussion zog sich. Hirschblut suchte immer wieder nach neuen Gründen dafür, dass er genauso reif und führungsbereit sei wie seine Clangefährtin, während Blattzweig dagegen argumentierte und neue Gründe dafür aufwies, wieso Hirschblut es nicht sei. 

"Schrecklich, oder?", fragte Blitzpfote Flusspfote. Dieser nickte und beobachtete weiter, wie sich die beiden Krieger Wörter gegen die Köpfe warfen. 

"So eine Zeitverschwendung", stimmte Stachelpfote mit ein. "Uns allen ist doch wohl klar, dass ich hier der einzige wahre Anführer bin", meinte er ironisch, was seine beiden Freunde mit einem Schmunzeln bejahten. 

Weitere Zeit verging, tatsächlich hatte sich Stachelpfote inzwischen in das Gespräch verwickelt und beharrt darauf, das er der Anführer sein sollte. Seine Argumente dafür waren teilweise sehr lobenswert, andere hingegen waren übertrieben sarkastisch und nicht ernst gemeint. 

"Seht es doch ein. Auf euch wird eh keiner von den beiden hören - und ich erst recht nicht. Flusspfote ist mein Bruder, deswegen muss er auf mich hören und Blitzy ist mein bester Freund. Niemand ist geeigneter für diese Rolle als ich"

"Ganz sicher", schnaubte Hirschblut. 

"Warum lassen wir Blitz- und Flusspfote nicht einfach entscheiden?", fragte Stachelpfote. 

"Natürlich. Flusspfote ist ja auch nicht Hirschbluts Schüler", erwiderte Blattzweig trotzig. 

"Das heißt ja nichts", zwinkerte Stachelpfote und tappte wieder zu seinem Bruder. 

"Die Wahl steht zwischen Hirschblut, Blattzweig und mir", erklärte der graue Kater schließlich. 

Blitzpfote ergriff das Wort, sobald Stachelpfote geendet hatte: "Ich stimme für Blattzweig" 

Hirschblut knurrte daraufhin etwas undeutliches, während Blattzweig ihm triumphierende Blicke zuwarf. 

"Ich auch", schloss sich Flusspfote an. Die Kätzin hatte mehr Erfahrung, als Hirschblut und sie wusste, was man tun musste, wenn es Probleme gab. Sie würde mehr Einsicht besitzen als Hirschblut. 

"Na schön", grummelte dieser. 

"Kopf hoch: Du wirst mein Stellvertreter", meinte Blattzweig freudig, "außerdem wird Flusspfote unser Heiler. Du kennst dich durch Windbeere besser mit Kräutern aus als wir. Blitzpfote und Stachelpfote, ihr werdet Jäger und Kämpfer. Flusspfote wird euch helfen, sollte niemand verletzt sein.
Also Hirschblut, du gehst mit Flusspfote und Blitzpfote jagen. Flusspfote kann dann Kräuter sammeln. Stachelpfote und ich bleiben hier und wenn ihr wiederkommt ziehen wir die neuen Grenzen - niemand macht hier Alleingänge oder lässt unser Lager ohne Überwachung. Wir kennen uns hier nicht mit den Gefahren aus" 

"Und ich dachte schon, ihr werdet niemals fertig!", seufzte eine gelangweilte Stimme oberhalb des Hanges. 

Gefährliche Blicke | Warrior Cats FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt