Kapitel 11 - Der Plan

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"Ihr seid hier, weil ihr es erfahren wollt, stimmts? Das was ich weiß, das wollt ihr wissen. Sicherlich seid ihr auch wegen dem Zeichen gekommen. Habt ihr das bei Rostwind gesehen? Das im Wald, meine ich. Ich sah es. Und ich sah die Augen. Ihr seht nicht verwundert aus, ich fürchte, ihr habt sie ebenso gesehen. Wisst ihr wer es war? Ein Verräter. Rostwind hat mich gewarnt. Ich hätte ihm Recht geben sollen. Doch jetzt seid ihr hier, hier um meine Geschichte zu hören. Die wahre Geschichte, nicht das, was Frostwasser den Jungen erzählte. Aber ich werde sie euch nicht erzählen", fuhr er nun etwas lauter fort.

Hirschblut trat einen Schritt auf den zweiten Anführer zu: "Bitte Schattengeist. Es ist wichtig. Wir sind in so wenigen Tagen hinter Geheimnisse gekommen..."

"Geheimnisse, die niemals hätten gelüftet werden sollen!", fauchte Schattengeist bekümmert dazwischen, "Raivi bringt tot, schneller als ihr sie aufhalten könnt. Hier ist niemand mehr sicher, versteht ihr das denn nicht? Ihr, wir haben keine Chance"

Flusspfote ließ den Kopf hängen. Der ältere Krieger hatte recht - zumindest ein wenig. Auch Hirschblut war klug genug darauf nichts zu erwidern.

Der Regen viel weiterhin, doch er hatte sich gemindert, kaum mehr als kleine, kühle Tropfen fielen vom Himmel. So leicht und so unkompliziert. So frei und verspielt. In eben diesem Moment wäre Flusspfote gerne ein solcher Tropfen gewesen.

Ein Tropfen, der die ganze Welt sah und noch mehr: Den Himmel, die Wälder, einfach alles an jedem Ort. Von Der Sonne mitgetragen und von den Wolken der Erde zurückgegeben.

Schattengeist erhob sich nun, langsam und schwerfällig. Er wirkte wie ausgetauscht. Seine Glieder sahen steif und unbeweglich aus, wie die eines Ältesten, der zu wenig Zeit an der frischen Luft verbrachte. Sein Gesicht kennzeichnete all seine Sorgen ab, jede Faser seines Körpers schien gebrechlich.

Der Kater trottete davon, zurück in Richtung Lager. Er warf seinen Gefährten nicht einen Blick zu, er drehte einfach um und ging davon. Die Trauer, die Sorgen - all das was er zurückgehalten hatte waren ausgebrochen, wie ein Sturm, wie ein großes Unwetter und hatte ihn mitgerissen.

Flusspfote und Hirschblut warfen sich gegenseitige Blicke zu. Beide schienen zu dem Symbol gehen zu wollen, welches nur noch wenige Baumlängen entfernt war, doch sie waren Schuld an Schattengeists jetziger Situation.

Daher entschlossen sich beide ihren zweiten Anführer zurück zu begleiten. 

_ _ _ 

Zurück im Lager bewegte sich Schattengeist ohne Zögern in sein Nest, im Kriegerbau des Clans. Hirschblut folgte ihm zögerlich, nachdem er Bernsteinstern bescheid gab, dass es zu dieser Wetterlage unmöglich war Beute zu finden. 

"Ich werde eine neue Patrouille aussenden, vielleicht hat sie mehr Glück", hatte die Anführerin geantwortet und sich besorgt nach ihrem Stellvertreter erkundigt. Doch Hirschblut hatte geschwiegen wie ein Grab und nur gesagt, dass er erschöpft war und Ruhe brauchte. 

Auch wenn es Bernsteinstern nicht davon abhielt die Heilerin zu dem schwarzen Kater zu schicken. 

"Und, wie war es?", wollte Stachelpfote wissen, als sein Bruder in den Schülerbau kam. Flusspfote schüttelte den Kopf, um seinen Freunden zu zeigen, dass der ursprüngliche Plan gescheitert war. "Schattengeist weiß etwas", antwortete er schließlich, "aber er will es uns nicht sagen. Er meinte, Rostwind zuliebe darf er nicht zulassen, dass...der Clan noch mehr Krieger verliert. Obwohl ich ihm das nicht ganz glaube"

"Habt ihr das Symbol gefunden?", fragte Blitzpfote nach. Wieder schüttelte Flusspfote den Kopf. "Wir sind nicht einmal über die Grenze gekommen. Aber ich weiß, dass es dort war. Wir werden sicherlich wieder zurückkehren - wenn sich die Gelegenheit bietet"

"Also schön. Während ihr im Regen auf den Weiten unseres Territoriums nicht sehr erfolgreich wart, haben Blitzpfote und ich etwas nachgeforscht. Windbeere und Schattengeist waren etwa gleichlang Schüler und wurden im gleichen Mond zu Kriegern, also zur Heilerin ernannt. Daher fanden wir es nur logisch, dass Windbeere etwas wissen muss, wenn Schattengeist es auch weiß. Frag nicht, wie wir darauf gekommen sind, aber tatsächlich weiß sie mehr über die Schattenkatze. Sie ist eine schlechte Lügnerin, stimmts Blitzpfote?"

Blitzpfote nickte bejahend. Flusspfote nickte Stachelpfote zu, sodass er weiterreden konnte. 

"Nachdem wir Windbeere gesprochen haben, haben wir beschlossen sie beim nächsten Halbmond, wenn sie vom Heilertreffen widerkommt auf sie zu warten und sie zur Rede zu stellen"

"Das klingt ja gut", miaute Flusspfote, "aber...ich weiß nicht, ob es sich weiter lohnt nachzuforschen. Am Ende müssen wir uns der Schattenkatze stellen und riskieren unser Leben. Wofür? Niemand kann uns vertrauen - wir können niemandem vertrauen. So...so kann es nicht weitergehen"

Blitzpfote sah im tief in die Augen: "Ich habe darüber auch schon nachgedacht. Aber wir schwören dem Clan ewige Treue"

Stachelpfote nickte zustimmend: "Wir müssen unserem Clan helfen" 

"Ich finde, Flusspfote hat recht", ertönte Hirschbluts Stimme im Hintergrund. Der junge Krieger war wohl aus dem Kriegerbau geflohen oder er machte sich einfach nur Sorgen um die Schüler, "ich wollte sowieso mit euch darüber reden...wir können die Clans besser beschützen wenn wir über jeden Clan wachen können und jedes Territorium ohne Gefahren betreten können - naja, was heißt gefahrlos, aber zumindest ohne einen Kampf anzuzetteln"

"Willst du darauf hinaus den Clan zu verlassen?", bohrte Stachelpfote nach. Sein Gesichtsausdruck war nicht zu deuten, als Hirschblut nickte. Vielleicht fand er die Idee gut, ohne Regeln und ohne feste Vorstellungen die man erbringen musste. Aber vielleicht würde er den Schutz vermissen. Oder seine Familie. 

Flusspfote empfand genauso. Er wollte seine Mutter nicht alleine lassen, er wollte nicht gehen. Vielleicht würden sie nie zu den Clans zurückgehen können, nach diesem Verrat. 

"Bitte überlegt es euch", fuhr Hirschblut fort, "Raivi würde uns überall finden, aber wir würden niemanden dadurch in Gefahr bringen wenn wir gehen. Und wenn sie besiegt ist, dann kehren wir zurück - versprochen" 

"Wer ist Raivi?", fragten Blitzpfote und Stachelpfote im Chor. 

Gefährliche Blicke | Warrior Cats FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt