Kapitel 18 - Die Vergangenheit

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"Was...was ist passiert?", fragte Blitzpfote, als Hirschblut, Blattzweig und seine beiden Baukameraden wieder zu ihm zurückkehrten. "Ich dachte schon, ihr hättet mich allein gelassen" 

Ein Husten folgte seinen Worten und der kleine Kater zuckte vor Schmerz zusammen. 

"Es ist alles gut", miaute Flusspfote und eilte sofort zu ihm, um Blitzpfote ein paar Kräuter zu verabreichen, die ihm helfen sollten, "du musst ruhig bleiben. Du hast viel Blut verloren - ruh dich aus" 

"Und zu deinem Kommentar, dass wir dich alleine gelassen haben", fügte Blattzweig hinzu, "es tut uns leid. Wir dachten, du schläfst noch eine Weile und ehe du wach wirst, sind wir wieder zurück. Aber du kannst dir sicher sein: Wir würden dich niemals im Stich lassen. Wir sind ein Clan. Eine Gruppe. Wir müssen überleben - jeder von uns" 

"Und wir waren weg, weil wir den WasserClan vor Silberschrei warnen wollten", ergänzte Hirschblut. Dabei spuckte er den Namen der Verräterin aus, als sei sie purer Abschaum. Vermutlich hatte er dabei sogar recht. 

"Um es kurz zu machen - unser Clan ist eingesperrt. Eine Kuppel aus Schatten hat das Lager überdeckt und wir müssen irgendwie dafür sorgen, dass unser Clan da drin überleben kann, bis wir sie dort rausholen können", nahm Flusspfote das Wort wieder an sich. 

Blitzpfote hustete erneut, als er sich ein wenig aufrichtete und ein leises Wimmern entfuhr ihm. 

"Ich glaube, du bist noch nicht kräftig genug, um Nahrung aufzunehmen. Warten wir bis heute Abend" 

Und sie warteten. Die Sonne neigte sich nur langsam dem Horizont zu, als würde sie festgehalten werden, damit der Tag ewig herrschte. 

Doch irgendwann waren auch die letzten, wärmenden Sonnenstrahlen hinter den Wipfeln der Bäume verschwunden und der Mond tauchte das provisorische Lager in ein kühles Licht. Blitzpfote hatte tatsächlich etwas Nahrung zu sich nehmen können, jedoch war er nach drei Bissen gesättigt und erschöpft gewesen, also hatte es Flusspfote dabei belassen. Es war immerhin ein Anfang. 

Müde kuschelte der graue Kater sich in sein Nest und knurrte leise, da der Boden sich unter seinen Rippen steinhart anfühlte, auch wenn sich zwischen Fell und dem Gestein des Felsens Moos befand. 

Langsam fielen seine Augen zu und er versank in Träumen, bis ihn eine Stimme zu sich rief. 

"Flusspfote", die Stimme klang weit entfernt und undeutlich aber der graue Schüler hätte die Stimme seines Bruders überall wiedererkannt. 

Als er die Augen öffnete blickte Stachelpfote ihm tief in die Augen. Der Mond beschien den zerzausten Pelz des Hellgrauen und ließen ihn wie einen wahren Krieger aussehen. Stachelpfote wirkte nicht mehr wie ein Schüler, er strahlte Selbstbewusstsein aus und auch Ruhe. Sicherheit. Mut. 

"Was...was tun wir hier?", fragte Flusspfote zögernd, als er sich umblickte. 

Um sie herum befanden sich große Nadelbäume. Ihre Kronen ragten weit in den Himmel auf und schienen kein Ende zu finden. Der Boden hingegen war bedeckt von Efeuranken und dunkelgrünem Moos. In der Ferne hörte man das Rauschen eines Flusses und leises Quaken von Fröschen. 

Es war dunkel. Der Mond hatte die Gestalt einer dünnen Sichel angenommen und sein Licht war gerade so stark genug, dass Flusspfote die Umgebung erkannte. Er und sein Bruder befanden sich außerhalb des Waldes auf einer Art Lichtung, die von der anderen Seite von nichts als einsamer Wiese umgeben wurde. Oder es war Moor, das konnte Flusspfote durch die Dunkelheit nicht ausmachen. 

"Ich habe keine Ahnung", erwiderte Stachelpfote, was seinen grauen Bruder zusammenzucken lies. Er war sich der Anwesenheit des Katers kaum mehr bewusst gewesen, "aber ich vermute, wir träumen" 

"Albtraum wäre das richtige Wort", knurrte Flusspfote und musterte die Gegend ein letztes Mal, während er sich erhob, "der Ort ist unheimlich" 

"Ach komm schon du Spaßbremse. Lass uns den Wald erkunden! Uns wird nichts passieren, morgen wachen wir auf und alles ist wieder -" 

Das Nackenfell seines Bruders sträubte sich. Schnell ließ Stachelpfote sich in eine Lauerstellung fallen, horchte aufmerksam und prüfte die Luft. 

Verdattert tat Flusspfote ihm seinen letzten Schritt nach und bemerkte einen ihm unbekannten Duft. 

Stachelpfote knurrte feindselig und plusterte noch mehr Fell auf. Seine Augen waren zu Schlitzen verengt, seine Ohren nach hinten gerichtet. Er war bereit für einen Kampf. 

Aber gegen wen? 

"Du bist langsam, Flusspfote. Wäre ich ein Feind, hätte ich dich längst besiegt"

Die Worte stammten von einer fremden Katze, die sich durch die Bäume hindurch zu den beiden Geschwistern ihren Weg bahnte. 

Instinktiv ließ auch Flusspfote sich in eine Kampfstellung gleiten und fixierte die dunkle Gestalt mit schmalen Augen. 

"Dafür ist deine Haltung besser als die deines Bruders. Du stehst zu labil, Stachelpfote. Dich könnte ein Windstoß umstoßen. Dafür ist deine Wahrnehmung ausgezeichnet", fuhr die Stimme ruhig fort. 

Dann trat der Kater aus den Schatten. 

Sein bräunlich-gelber Pelz war von funkelnden Sternen übersäht und seine Augen leuchteten voller Stolz. 

"Wespensturz!", stießen die Geschwister überrascht aus. Diesmal war ihr Vater ihnen beiden erschienen. Aber nicht als Erinnerung sondern in echt, an einem fremden Ort . 

"Es ist lange her...zu lange", erwiderte der Krieger nur. 

"Lasst mich euch alles erklären. Dieser Ort hier, ist ein weit entferntes Stück Land mitten auf dem Ozean. Ihr seid hier im Reich der Toten. Außerhalb der Grenzen vom Gebiet des SternenClans. Hier haben wir keine Macht. Es ist schwer hierherzugelangen. Man muss unter tausenden den richtigen Weg finden - und dabei überleben. Deswegen hat es so lange gedauert euch hierherzubringen" 

"Du wolltest, dass wir hier landen?", fragte Stachelpfote irritiert im selben Moment in dem Flusspfote "Sind wir tot?", fragte. 

Wespensturz legte den Kopf leicht schief, als müsse er überlegen und fuhr dann fort: 

"Es ist vermutlich besser von Anfang an zu beginnen. Aber es wird euch verwirren. Seid darum nicht besorgt. 
Vor langer Zeit entdeckten einige SternenClan-Krieger einen verborgenen Pfad, der sie bis nach hier führte. Sie entdeckten eine Macht, die mächtiger war als alles, was sie jemals gesehen hatten. Ihre Kräfte hingegen waren nutzlos. Bis sie sie vereinten - mit der Macht der Schatten, die sie hier fanden. Die Schatten fanden einige von ihnen zu schwach um zu herrschen und drei von fünf der Krieger lösten sich auf, als sie die Kraft der Schatten berührten. Die Dunkelheit nährte sich an ihrer Energie, auch wenn sie instabil war, so war sie doch das einzige, was die Schatten nähren konnten. Schwäche. Angst. Panik. 
Mit der Zeit wurden die Schatten mächtiger und waren nicht mehr an diesen Ort gebunden. Sie suchten nach mehr Energie, nach mehr Dunkelheit und lockten die Katzen in Fallen. 
Kämpfe entwickelten sich. Jeder wollte die Macht der Schatten, jeder wollte unbesiegbar sein. Doch die Schatten töteten langsam jene, die sie in sich aufnahmen. Auch Schattengeist beherbergte einige Zeit lang Schatten - das Wissen konnten wir nicht auslöschen. Dafür sind die Schatten zu mächtig. Was wir auslöschen konnten sind die Zusammenhänge. 
Doch Raivi töten die Schatten nicht. Dafür sind sie zu schwach. Zu viele haben sich an ihrer Energie bedient. Und trotzdem können sie uns alle umbringen - nur Raivi nicht. 
Aber es gibt einen weiteren Weg sie zu bezwingen. 
Ihr müsst die Schatten ebenfalls in euch aufnehmen" 


Gefährliche Blicke | Warrior Cats FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt