Kapitel 8.2

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Abrupt hielt Rathan inne und senkte den Blick, als ob er soeben erst wirklich eine Eingebung hatte. Er wirkte irgendwie abwesend, nachdenklich, aber auch ehrfürchtig.

Lina gab ihm ein bisschen Zeit, um sich damit zu befassen, bevor sie leise meinte: „Ich brauche die Haarsträhne von dir", erinnerte sie ihn. Da sie später mit dem Prinz verabredet war, hatte sie nicht so viel Zeit.

„Hm? Ach so, ... Ja ... sicher", murmelte er abwesend und fasste sich an den Helm. „Hast du eine Schere?" Er wirkte noch immer sehr abwesend, hinterfragte nicht mal mehr Linas Taten, sondern nahm es schlichtweg hin.

Lina beugte sich hinab und zupfte ein Stück Gras, bevor sie einen leichten Film aus Wind darüberlegte. Es würde nicht lange halten und war auch nicht so scharf. Für seine Haare würde es reichen, weshalb Lina es ihm reichte.

Stirnrunzelnd musterte er ihre Handgriffe, da er selbst nichts erkennen konnte, zog dann jedoch kommentarlos seinen Helm ab und beugte sich zu ihr runter, um sie machen zu lassen.

Lina nahm mit den Fingern eine Strähne und schnitt sie dann mit dem Gras vorsichtig ab. Sie achtete darauf, dass es nicht zu sehr auffiel, sie aber trotzdem genug hatte. „Danke", sagte sie lächelnd, wobei sie sich fragte, warum Rathan so abgelenkt war. Was wohl in seinem Kopf vor sich ging?

Er fuhr sich nochmal durch die Haare, schien sich aber nicht sonderlich an dem möglichen neuen Haarschnitt zu stören.

Linas Blick wurde skeptisch und sie konnte nicht verhindern, dass sie besorgt wurde. „Stimmt was nicht?", fragte sie leise, fast zögerlich.

Rathan hob den Blick zu der Magierin und schien nun wieder in die Gegenwart zurückzufinden. Jedoch schüttelte er nur beschwichtigend den Kopf und versuchte sich an einem Lächeln. „Ach ... nichts, was nicht warten könnte. Alles gut."

Lina runzelte die Stirn. „Sicher?", fragte sie noch einmal nach, da sie wirklich wissen wollte, was los ist.

„Ja ...", meinte er nur und schielte in seine Umgebung, bevor er sich den Helm wieder aufzog. „Ich muss jetzt arbeiten, bevor ich rausgekantet werde ... wir reden später. Du weißt ja, wo ich wohne."

Lina nickte. „Ich werde aber heute mit dem Prinzen zu Abend essen. Daher weiß ich nicht, wie lange es dauern wird", informierte sie ihn noch, während sie darüber nachdachte, was das eigentlich so richtig hieß. Immerhin speiste sie nicht als Lina mit ihm, sondern als Arelia Zaratus. Etwas, was sie nur all zu leicht vergaß.

Rathans Miene wurde wieder skeptisch. „Ja ... wieso eigentlich? Was willst du von dem? Ich hab von Wachen gehört, dass er gerne Dienstmädchen rumschubst, du solltest wirklich vorsichtig sein."

„Ich bin vorsichtig", versprach sie. „Aber der Kompass hat in seiner Gegenwart komisch reagiert, daher will ich ihn ausschließen", sagte sie und hoffte wirklich, dass es alles einfach nur ein großer Zufall war. Sie wollte sich nicht ausmalen, was es heißen würde, wäre der Prinz wirklich einer der gesuchten Söhne. Es konnte natürlich immer noch so sein, dass sie keine Blutverwandten suchte, doch daran glaubte sie nicht mehr.

Die Zufälle waren einfach zu groß.

Rathan grummelte unzufrieden, wich jedoch nur ihrem Blick aus, um sie nicht weiter zu bevormunden. „Dann ... dann komm zu mir, sobald du die Zeit hast."

Lina nickte. „Ich wünsche dir viel Spaß bei deiner Arbeit", sagte sie mit einem leichten Lächeln. Sie hatte was sie wollte und erst einmal gingen andere Dinge vor. Es würde später sicherlich Zeit geben, alles zu besprechen. Auch, dass sie nicht hierbleiben würden. Doch vorerst hatte sie die Strähne. Ein Punkt, den sie von ihrer Liste abhaken konnte.

Sie blickte in den Himmel und entschied, dass es nicht mehr genug Zeit war, um zu den Stallungen zu gehen und noch rechtzeitig beim Prinzen anzukommen. Daher entschied sie sich dazu, in ihr Zimmer zurückzukehren und sich fertig zu machen.

Mondmagie - Windfall - Band 1 - BEENDETWo Geschichten leben. Entdecke jetzt