Lina kam nicht umhin, ihn als anziehend und sehr attraktiv zu empfinden. „Ich schätze niemand befasst sich gern mit diesem Thema", bemerkte sie und suchte seinen Blick, um zu erfahren, wie er zu diesem Thema stand. Dabei versuchte sie zu spüren, ob ihr Kompass vielleicht auf ihn reagierte.
Es war schwer zu deuten. Der Kompass schlug zwar an, doch das tat er schon die ganze Zeit.
Der Prinz schnaubte jedoch nur belustigt und kaute auf seinem Huhn herum, während er Arabella ansah, die alles andere als begeistert wirkte.
„Natürlich weiß ich, dass sowas überall irgendwie vorkommt, aber ich hab gehört, dass es in Karakams legal sein soll", verteidigte sich diese und stocherte beleidigt in ihren Bratkartoffeln.
„Wenn Ihr mit legal meint, dass es geduldet wird, dann ja", antwortete Lina widerwillig. Immerhin wusste der König dieses Reiches davon.
Der Prinz schlenderte derweil an seinen Eltern vorbei, um neben seiner Mutter seinen Platz einzunehmen.
„Genug von der Politik, das deprimiert doch nur. Erzähl uns lieber von Euren Abenteuern. Wie verlief die Reise, Lady Zaratus?", fragte der König und lehnte sich ein wenig über den Tisch, bevor er einem der Knaben ein Handzeichen gab, seinen Kelch wieder nachzufüllen.
„Die Reise verlief eigentlich ganz gut. Da uns bekannt war, dass in einigen Gebiete sehr viele Wegelagerer unterwegs waren, bin ich als Dienstmädchen gekleidet gereist. Meine Koffer wurden in einer separaten Kutsche nachgeschickt, um die Gefahr überfallen zu werden, zu minimieren", erzählte Lina und nippte an ihrem Glas. „Mir wurde bereits gesagt, dass meine Koffer noch nicht angekommen sind, daher gehe ich stark davon aus, dass sie aufgehalten wurden", sagte sie und versuchte nicht zu unruhig zu klingen. Ihr Orden würde ihr allerdings erst welche zuschicken, die auf ihre neue Rolle passten. Daher bereitete sie schon jetzt die Bühne dafür vor.
Der König grummelte missmutig bei dieser Information und biss in ein trockenes Brot, welches kleine Krümel auf seinen Bart regnen ließ. „Das sind diese verdammten Pendler. Tun so als würden sie durch die Reiche reisen und ihre Waren an den Mann bringen, doch im Endeffekt sind sie nichts als Plünderer."
„Ja. Sie sind nicht nur in diesen Teilen von Maradina eine Plage", versicherte Lina, die noch einen Schluck Wein trank, bevor sie sich den Speisen widmete. „Ich werde also an meinen Gemahl schreiben müssen, um ihn zu bitten, mir einen Ersatzkoffer zu schicken", seufzte sie, als wäre sie empört darüber, dass sie so viel zusätzliches Geld ausgeben musste. Allerdings würde sie dies als Tarnung nutzen, um ihrem Mentor zu schreiben. Dieser sollte ihr alle verfügbaren Informationen zu Lady Zaratus schicken, damit sie ihre Rolle besser spielen konnte.
Die Königin gab ein erschöpftes Seufzen von sich, gefolgt von einem Augenrollen. „Ich habe meinem verehrten Gatten hier schon letztes Jahr gesagt, dass es sich um ein organisiertes Verbrechen handelt. Das Volk von Windfall nennt sie die Maskierten Sharakan, wegen den geschwungenen Klingen, welche sie an ihren Unterarmen tragen. Doch mein Mann denkt, sie wären harmloser, nur weil man sie als Vagabunden bezeichnet." Anklagend schielte sie zu dem besagten Herrn, welcher nur eine abwinkende Handbewegung machte, als würde er noch immer an seiner Meinung festhalten.
„Gibt es denn Berichte darüber, dass sie auch Menschen angreifen und verletzen?", fragte Lina entsetzt. Sie hatte zwar gesagt, dass sie Vorkehrungen getroffen hatte, damit man sie nicht ausraubte, doch damit, dass sie vielleicht wegen etwas anderem angegriffen wurde, hatte sie nicht gerechnet.
„Keine, weswegen man sich Sorgen machen müsste", versicherte der König mit halbvollem Mund, bevor er einen kräftigen Schluck Wein nahm.
„Es wurde ein ganzer Trupp von meinen Männern angegriffen! Sieben Verletzte. Spiel das nicht so herab!", warf die Königin entrüstet ein.
„Sie greifen nur an, wenn man sie angreift. Die Waffen gelten meist nur als Drohung, die reichen für einfache Bürger und Adlige. Oder glaubst du dein Trupp wollte mit ihnen einen Humpen heben gehen?", schaltete sich der Prinz mit einem unschuldigen Lächeln ein und sah seine Mutter vielsagend an.
Lina nahm das Gespräch in sich auf und wurde sofort misstrauisch. Warum sprach der Prinz so darüber, als wüsste er, was los gewesen war. Gehörte er etwa zu den Truppen, die dort für Ruhe hatten sorgen sollen? Oder wusste er mehr? Lina verstand nicht ganz, was er mit seinen Worten zum Ausdruck bringen wollte, weshalb sie sich auch enthielt.
Die Königin hatte das jedoch zum Schweigen gebracht. Sie räusperte sich nur leise und reckte das Kinn, während sie ihr Gemüse in die Bratensoße tunkte. „Wer zuerst die Klinge geschwungen hat ist irrelevant. Sie sind Gesetzlose und müssen eingekerkert werden."
Das sah Lina anders, doch sie behielt ihre Gedanken für sich. Stattdessen betrachtete sie aus den Augenwinkel den Prinzen. Um den Schein zu wahren, stach sie mit ihrer Gabel in ein Stückchen Fleisch, das sie sich in den Mund schob und vorsichtig kaute. „Seid Ihr viel unterwegs, dass Ihr wisst, wie sie reagieren?", wagte sie den Prinzen schließlich doch zu fragen. Ob er wohl Teil des Heeres war?
Die roten Augen richteten sich auf die vermeintliche Lehrerin, während er mit halbgesenkten Lidern die Schultern zuckte. „Ist das nicht offensichtlich? Der Trupp sieht eine Bande maskierte Vagabunden, die vermutlich mit karrenweise Kram rumziehen. Was denkt Ihr was der Trupp tun würde?" Lauernd verengte der Prinz seine Augen und beobachtete Lina mit Adleraugen.
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Mondmagie - Windfall - Band 1 - BEENDET
FantasyBand 1 der Mondmagie-Reihe Wenn der Doppelmond am Himmel erscheint, beginnt die Zeit des Blutes. Es wird fließen in Strömen und die Menschen werden befallen vom Heißhunger. Es wird sein die Zeit der Säuberung. Blutsklaven werden alles sein, was von...