Kapitel 9.2

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„Von Klangmagie habe ich tatsächlich noch nie gehört ... was hat es damit auf sich?", fragte er plötzlich recht interessiert und nahm einen weiteren Schluck.

„Es ist auch Magie, die den wenigen bekannt ist", sagte sie stolz. „Klangmagie nutzt Töne und Melodien, um Zauber zu wirken. Jeder Ton wird ähnlich wie bei der Spruchmagie, mit einem Teil des Zaubers verknüpft", erklärte sie. „Wollt Ihr eine Demonstration?"

Einladend hob er die Hände, als wolle er ihr eine imaginäre Bühne überlassen. „Ich bitte darum."

Lina räusperte sich, bevor sie eine sanfte Melodie summte. Mit dieser zusammen erhob sich der Wein aus ihrem Glas und schien in der Luft zu tanzen. Im Takt ihres Summens.

Abwartend beobachtete der Prinz das Geschehen und erst als der Wein wieder im Glas war und Linas Summen verstummte, wagte er es, die Stimme zu heben.

„Ich meine ... das ist beeindruckend. Doch ist es nicht eigentlich komplizierter als einfach Wassermagie zu verwenden?"

„Könnte man meinen, aber wenn man die Melodie verknüpft, mit einem anderen Zauber, ist es wesentlich einfacher. Normalerweise ist es schwer, mehrere Zauber gleichzeitig aufrechtzuerhalten. Wenn ich aber mit meiner Hand eine Lichtkugel erschaffe", erklärte sie leise und tat genau das. „Dann ist es eigentlich sehr schwer, etwas anderes zu tun. Summe ich aber, dann verknüpfe ich die Zauber unterbewusst", fügte sie hinzu, wobei sie weiter summte und der Wein genau das tat, was er vorher tat.

„Das klingt, als würde man seine Aufmerksamkeit nicht teilen müssen, doch ist es wirklich so einfach, dass man einfach eine Melodie erschafft und dadurch automatisch Magie wirken kann?"

Lina ließ beide Zauber wieder fallen und lächelte. „Nein, da habt Ihr recht. Das ist es nicht. Es dauert lange, bis die Melodie, die Noten und der Takt so gefestigt sind, dass der Körper automatisch die Magie anwendet", erklärte sie und fühlte sich dabei sehr wohl. Wäre sie noch beim Magierorden hätte sie vielleicht ihre eigene Klasse gehabt.

„Das klingt ja schon richtig so als hättest Ihr geforscht, statt nur Bücher zu wälzen und sich möglichst viel Wissen anzueignen", murmelte Marel nachdenklich, der nicht mehr so ganz wusste, was er von Lina halten sollte.

Lina versuchte, nicht zu zucken. Da hatte er Recht! Sie hatte sich verplappert. Das war nicht gut! Wie kam sie denn da jetzt wieder raus? „In diesem Bereich bin ich vielleicht ein bisschen zu sehr abgetaucht, als dass es mir gutgetan hat", stimmte sie ihm mit einem schiefen Lächeln zu.

Hoffentlich sah man ihr die Nervosität nicht an. Sie versuchte ruhig zu bleiben und weniger ertappt zu wirken. Arabella war leichter hinters Licht zu führen, denn im Endeffekt schien sie sich nicht dafür zu interessieren. Der Prinz dagegen schien ihr tatsächlich aktiv zuzuhören.

„Scheint wohl so, ja ...", erwiderte er langsam und bedacht, als wäre er noch immer in seinen eigenen Gedanken gefangen, während er Lina so musterte.

Das gefiel ihr gar nicht, denn das würde nur dazu führen, dass sie aufflog, bevor sie alles geschafft hatte. „Ihr sagtet, Ihr beherrscht ebenfalls Magie", versuchte sie das Thema in eine andere Richtung zu lenken. „In welchen Gebieten habt Ihr denn Erfahrung?"

„Nichts Interessantes leider. Nur simple Elementarmagie. Nichts womit man großartig angeben kann."

„Auch simple Elementarmagie ist interessant", widersprach Lina mit einem Lächeln. „Welches gefällt Euch denn besonders?"

„Ich glaube mein Fokus lag bisher immer auf Dunkelheit und Wasser. Zumindest sagten meine Lehrer immer, dass ich dazu wohl eine Affinität besäße", erklärte er, wirkte aber nicht allzu passioniert.

„Ihr klingt nicht gerade begeistert", bemerkte Lina überrascht. „Gefallen Euch diese Elemente nicht?"

Er seufzte schwer und machte sich nun über sein Gericht her. „Geht bloß nicht davon aus, dass es nur schwarz und weiß gibt. Dass man etwas entweder liebt oder hasst. Könnt Ihr Euch denn nicht vorstellen, dass mir die Elemente einfach schlichtweg egal sind? Sie interessieren mich nicht. Wozu sollte ich sie denn auch brauchen? Um mir ein Glas mit Wasser zu füllen? Dazu kann ich auch eines der Dienstmädchen fragen."

Lina lachte leise. „Also seid Ihr nicht davon überzeugt, dass sie nützlich sein könnten?", fragte sie neugierig nach. Vielleicht hatte er bisher einfach keinen Zauber gelernt, der ihm hilfreich erschien.

„Solltet Ihr als Adelsdame nicht eigentlich wissen was ich damit meine? Es geht nicht darum, dass es nicht nützlich sein kann. Ich sage nur, für mich ist es unnötig."

Lina lehnte sich mit ihrem Glas Wein zurück. „Gerade ich als Adelsdame weiß, was man mit Magie alles, Nützliches anstellen kann und ich rede hier nicht davon, mir ein Glas mit Wasser zu füllen", schmunzelte sie. „Es gibt Magie, die einem in gefährlichen Situationen behilflich sein kann, man kann sie nutzen, um an Informationen zu gelangen und auch, um unliebsame, politische Parteien zu manipulieren", erklärte sie fast ungerührt.

Vielsagend hob er eine Augenbraue, da ihn das wohl sichtlich wenig beeindruckte. „Und welche gefährlichen Situationen wären das? Gibt es einen Attentäter, der hinter mir her ist, von dem ich nichts weiß?", fragte er fast schon belustigt. „Und politische Parteien mit Magie zu manipulieren, gilt als Affront. Wenn man dabei erwischt wird, ruiniert man die gesamte Reputation seines Reiches für die nächsten 500 Jahre."

Lina lachte. „Das solltet Ihr den östlichen Ländern sagen. Denen ist das egal."

„Ihr macht Euch in diesem Schloss ja richtig beliebt. Muss ich mir Sorgen machen?", fragte er vorsichtig.

„Ich weiß nicht. Bisher seid Ihr der Einzige, der etwas Derartiges sagt", gestand sie schief lächelnd. „Und Madam Filtrin, die scheinbar denkt, ich würde meinem Mann mit Euch fremdgehen. Zumindest, wenn man ihren Gesichtsausdruck so deuten möchte."

„Ich meinte eher, dass Ihr davon sprecht, dass Manipulation in der Politik im Osten normal ist und ihr offenkundig von dort stammt und nun am windfällischen Hof arbeitet", konkretisierte er. Auf den Kommentar mit Madam Filtrin ging er jedoch nicht ein.

Lina schüttelte den Kopf. „Nein, ich meine damit, dass es Gegenden im Osten gibt, die nicht so denken wie Euer Reich", erklärte sie sich. „Dort ist es nicht verpönt mit Magie Vorteile zu erzielen. Und würde ich hier in dieser Position arbeiten, würde ich Euch nicht warnen."

„Nun, dass es Gebiete gibt, in denen Magie mehr genutzt wird ist mir bewusst. Ich habe immerhin vier Jahre meines Lebens in Sakkret verbracht. Ich will nur sagen, für mich, in meinem Reich, in meiner Position ..." Er zuckte erneut die Schultern. „... ist es unnötig."

„Dann hoffe ich für Euch, dass es auch unnötig bleiben wird", sagte sie mit einem schiefen Lächeln. Sie wusste natürlich, dass dem nicht so war. Bald würde er sich wünschen, dass er sich magisch verteidigen könnte, das war ihr klar.

Mondmagie - Windfall - Band 1 - BEENDETWo Geschichten leben. Entdecke jetzt