Sie lachte leise. „Vielleicht habe ich auch damit gerechnet, dass du mich in eine gefährliche, dunkle Ecke lockst und ausraubst", sagte sie unschuldig, wobei sie sich etwas an ihn lehnte. Dass sie ihn für die Zweisamkeit bezahlte fühlte sich irgendwie seltsam an. Allerdings konnte sie damit leben.
Einladend legte er den Arm um sie und streichelte beruhigend über ihre Seite. Für ihn schien das ganz natürlich zu sein. Es war wirklich merkwürdig. Es gab ihr ein seltsames Gefühl der Geborgenheit, in den Armen dieses Fremden zu liegen.
„Wäre irgendwie unangenehm, Euch danach nochmal am Hof zu begegnen."
„Stimmt wohl", bemerkte sie und schloss die Augen. Sie wollte doch ihn bei einem Moment der Schwäche erwischen, nicht andersherum!
Und doch hatte er es irgendwie geschafft, dass sie sich nun an ihn lehnte und zum ersten Mal seit Wochen ein wenig entspannen konnte.
Lina genoss es einfach. Wie lange hatte sie sich zurücknehmen müssen? Dabei war sie eigentlich eher der gesellige Mensch. Sie vermisste ihre Klassenkammeraden und Studienkollegen, auch wenn sie eher selten mit diesen sprach.
Es war wohl wirklich so wie man immer sagte. Man wusste etwas erst richtig zu schätzen, wenn man es verloren hatte.
Ein sanftes Klopfen gegen ihren Arm, riss sie aus ihren Gedanken, als sich Kivan auch schon erhob und ihr die Hand reichte. „Kommt, ihr wolltet doch Bodenständigkeit. Ravina braucht sicher Hilfe beim Kochen."
Lina öffnete die Augen und lachte leise, bevor sie sich erhob und Kivan folgte. „Stimmt, das wäre durchaus etwas, was mir Spaß machen könnte."
Nachdem sie die Scheune verlassen hatten, zog Kivan noch die Scheunentüren zu, bevor er sich mit Lina zurück zu der kleinen Brücke begab. „Ich weiß nicht wieso, aber irgendwie wirkt Ihr gar nicht so adlig wie Ihr sein sollt."
„Ich weiß und ich bin beruhigt, dass es so ist", seufzte sie, wobei sie sich schon darauf freute, endlich etwas zu tun zu haben.
Auf diese Worte, erhielt sie nur einen fragenden Blick, doch da traten sie schon in die lauschige Stube der Müllerfamilie. Ravina war gerade dabei in einem großen Topf zu rühren, während Maari Linsen aussortierte.
Lina machte sich nicht die Mühe, irgendwie adlig zu wirken, sondern schnupperte leicht in der Luft. „Das riecht wirklich lecker. Kann ich bei irgendwas helfen?", fragte sie sogleich, denn sie fühlte sich schon die letzten Tage unglaublich unproduktiv. Eigentlich mochte sie es, mit ihren eigenen Händen etwas zu erschaffen. Ob es nun Zauber, Gemälde oder Essen war, spielte dabei keine Rolle.
Ravina schien von diesem Angebot überrascht wie überfordert. Vermutlich hatte sie Lina angesehen welchen Stand sie aktuell innehatte. Kleidung konnte immerhin so einiges über das Vermögen einer Person sagen. Doch Kivan deutete nur auf Maari, als wäre nichts dabei. „Helft Ihr am besten. Sie hat nicht gerade die besten Augen", erwiderte er, worauf Maari ein empörtes Schnauben von sich gab.
Lina lachte leise, bevor sie sich zu dem kleinen Mädchen stellte und die Linsen, die sie bereits sortiert hatte, noch einmal kontrollierte. Das sogar ganz ohne Magie. Einfach, weil es ihr Spaß machte.
„Hör gar nicht auf den. Ich sehe sehr gut", flüsterte Maari absichtlich laut genug, damit Kivan sie auch hören konnte. Dieser hatte sich jedoch nur mit einem leisen Ächzen am runden Esstisch niedergelassen und ignorierte den Kommentar geflissentlich.
Lina folgte Kivan mit einem Blick, wobei sie sein Ächzen durchaus wahrnahm. Hatte er sich vielleicht verletzt oder verhoben? Oder war es nur Muskelkater? Sie machte sich ein wenig Sorgen um ihn, widmete sich aber doch ihrer Arbeit.
Vermutlich war er einfach überarbeitet. Wenn so wirklich sein Alltag aussah, würde sie das durchaus verstehen können.
Gerade als sie ein paar Linsen wieder zurück auf den Haufen sortierte, merkte sie, wie Maari sie musternd anstarrte und dabei auf einer rohen Linse rum kaute.
„Stimmt etwas nicht?", fragte Lina neugierig, die nun von den Linsen abließ und zu Maari blickte, um sie fragend anzusehen.
Kauend wurde sie aus den dunklen braunen Augen des Kindes gemustert, bis dieses die Hand hob und mit dem Zeigefinger zwischen Linas Augen tippte. „Du hast komische Farben", meinte sie nur und schmunzelte belustigt.
„Meinst du meine Augen?", fragte Lina überrascht, weil sie nicht genau verstand, worauf Maari hinauswollte. Oder meinte sie sogar ihre Haare? Sicher war sie sich nicht und versuchte sich daran zu erinnern, was hier die vorherrschende Augen- und Haarfarben waren. Sie hatte leider nicht sonderlich darauf geachtet.
„Oh, ähm ...", begann Ravina und schien sich ein wenig schwerzutun, die richtigen Worte zu finden. „Maari hat ... sie hat eine etwas komische Wahrnehmung. Manchmal sieht sie Farben, wo keine sind. Ignoriert es am besten einfach."
Linas Augen wurden groß. „Wirklich?", fragte sie und hockte sich so, dass sie mit dem Mädchen auf Augenhöhe war. „Was siehst du denn?", fragte sie voller fast kindlicher Neugier.
„Hm ...", machte das Mädchen nachdenklich und drehte sich mehr zu Lina, um ihr Gesicht nun genauer zu mustern, bevor sie zwischen Linas Augen tippte. „Sieht aus wie frischer Klee. Du weißt schon. Der leckere, der immer rund um April blüht."
Lina lachte leise. „Meinst du, ich bin da grün? Oder siehst du etwas, das aussieht wie Klee?", fragte sie weiter neugierig. Dieses Mädchen weckte ihr Interesse, ging sie doch nicht davon aus, dass diese sich so etwas nur einbildete.
„Siehst du hier irgendwo Klee?", war die Gegenfrage, als würde sie nun Lina für bescheuert halten.
Ravina gab ein mahnendes: „Maari. Achte auf deine Wortwahl", von sich.
„Nein, aber ich frage dich ja, ob du ihn siehst", erwiderte Lina ungerührt und weiterhin mit einem Lächeln auf den Lippen.
Maari schnaubte schmollend. „Ich sehe keinen Klee. Ich rede nur von Farben", erklärte sie dann patzig, bevor sie sich wieder den Linsen widmete. „Klee ist zum Essen da, nicht zum Anschauen."
Lina verdrehte die Augen. „Wo hast du denn die Farbe gesehen?", fragte sie nach. „Nur an einer kleinen Stelle oder auf meinem ganzen Gesicht?"
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Mondmagie - Windfall - Band 1 - BEENDET
FantasyBand 1 der Mondmagie-Reihe Wenn der Doppelmond am Himmel erscheint, beginnt die Zeit des Blutes. Es wird fließen in Strömen und die Menschen werden befallen vom Heißhunger. Es wird sein die Zeit der Säuberung. Blutsklaven werden alles sein, was von...