Kapitel 9.1

129 17 0
                                    

Am Tisch sitzend blickte Lina hinaus über den Balkon, auf welchem man ihr Essen mit dem Prinzen hatte anrichten lassen. Obwohl es recht spät war, war es noch immer sehr hell und die Luft noch immer angenehm warm, von dem sonnigen Tag.

Es war wirklich schönes Wetter und sie freute sich sehr, draußen speisen zu können. Gleichzeitig machte sie sich etwas Sorgen. Nicht nur wegen dem, was Rathan über den Prinzen gesagt hatte, sondern auch darüber, was dessen Hintergedanken waren. Warum wollte er ausgerechnet mit ihr speisen?

Dass es nicht wirklich um sie ging, sondern um die Person, deren Identität sie geklaut hatte und dass sie damit wohl für Gerede sorgen würde, kam ihr gar nicht in den Sinn. Und wenn, wäre es ihr wohl auch recht egal gewesen, denn ihre Aufgabe war einfach zu wichtig.

Mit den Konsequenzen würde sie sich dann beschäftigen, wenn es notwendig war.

Marels rote Augen ruhten ruhig auf Lina. Er schien sie einfach nur zu beobachten und die warmen Speisen vor ihm komplett zu ignorieren. Es war schwer zu erahnen, was er wohl dachte. Sein Blick wirkte irgendwie so emotionslos ..., aber auch irgendwie lauernd. Als würde er auf irgendwas warten.

Vielleicht darauf, dass sie sich verriet.

Lina wandte sich wieder Marel zu und schenkte ihm ein Lächeln. „Es ist sehr zuvorkommend, dass Ihr mich eingeladen habt, aber darf ich erfahren, was Ihr für einen Grund hattet?", fragte sie höflich, wobei sie einen Schluck des Weines nahm. Es war ein süßer Weißer, der eine angenehme Fruchtnote hatte. Trauben aus Genomien wie sie vermutete.

Erneut lächelte er nur charmant, doch oberflächlich, wie er es so häufig tat und hob sein Glas, als würde er ihr zuprosten wollen. „Welchen Grund brauche ich denn, um mit einer schönen Frau zu speisen?"

Lina schmunzelte und erwiderte den Gruß. Nachdem, wie Madam Filtrin sie angesehen hatte, war da noch mehr. Es schien, als würde sich der Prinz nicht daran stören, dass er verheiratet war. Dass sie beide verheiratet waren. An sich hätte Lina wohl etwas antworten müssen wie: 'Es gehört sich aber nicht als verheirateter Mann eine verheiratete Frau einzuladen', doch da es nicht ihr Leben war, was er zerstörte und sie männliche Aufmerksamkeit genoss, sagte sie es nicht. „Abendessen in guter Gesellschaft ist immer schöner", stimmte sie zu und spürte ein seltsam, aufgeregtes Kribbeln. Was, wenn er wirklich einer der Söhne war? Das würde richtig viel auf den Kopf stellen.

Nicht nur, dass sie ihn wegbringen würde müssen, sondern auch, dass es heißen musste, dass er De Reviers Sohn war.

Marel schmunzelte schwach und nahm einen nachdenklichen Schluck von dem Wein. „Nein, eigentlich wollte ich Euch sprechen, weil wir zuvor ja unterbrochen wurden. Ellas Unterricht und so weiter", erklärte er und machte eine wage Kopfdeutung, als würde er sie so auf die Vergangenheit hinweisen wollen.

Lina versuchte sich daran zu erinnern, was sie besprochen hatten, bevor sie gegangen war. Soweit sie sich erinnerte, hatten sie am Schluss darüber gesprochen, was ihre Passion war.

Ein leichtes Lächeln legte sich auf ihre Lippen. „Es wundert mich, hatte ich zwischenzeitlich doch das Gefühl, Euch zu langweilen."

„Wieso solltet Ihr das tun?", fragte er überrascht und lehnte sich mit einem Stück Brot zurück, von dem er sich hin und wieder einen Happen zupfte.

Lina zuckte etwas die Schultern und lächelte schief. „Vielleicht, weil ich oft selbst das Gefühl habe, langweilig zu sein", sagte sie, wobei sie das mehr auf ihre Rolle bezog. An sich hatte sie nie das Gefühl, langweilig zu sein. Nur konnte sie nicht über die Dinge, die sie wirklich interessierten, sprechen.

„Dabei dachte ich, dass Ihr sehr viel gereist seid und viel gesehen habt. Da hat man doch sicher einiges zu erzählen, oder?"

Lina lachte leise. Daran hatte sie gar nicht mehr gedacht. Lady Zaratus war eine Frau, die viel unterwegs gewesen war. „Das stimmt wohl. Auch, wenn nicht alle Geschichten interessant sind. Manchmal habe ich von den Städten, in denen ich war, nichts gesehen, weil ich kaum freie Zeit hatte."

Erneut knabberte er an seinem Brot und schien ihr aufmerksam zuzuhören. „In welchen Bereichen seid Ihr denn alles ausgebildet, wenn Ihr gestattet? Ich weiß, der König hat diese Informationen für den Unterricht der Prinzessin, aber ich rede gerne selbst mit den Leuten, wenn Ihr versteht."

In diesem Moment war Lina unglaublich froh darüber, dass sie die Unterlagen von ihrem Mentor bekommen hatte. „Ich bin ausgebildet in Mathematik, Schreiben und Lesen, aber auch einigen Sprachen sowie Politik und Magie", sagte sie lächelnd.

„Ihr habt die Malerei vergessen", schmunzelte er amüsiert.

Lina lachte. „Darin bin ich nicht unterrichtet", gestand sie mit einem leichten Schmunzeln. „Das tue ich, wie es mir gefällt, um mich zu entspannen."

Unschuldig zuckte er die Schultern. „Das glaube ich erst, wenn ich es gesehen habe."

„Was macht Ihr, um Euch zu entspannen?", wagte sie zu fragen, war sie doch neugierig. Sie wollte mehr über den Prinzen wissen, der so unnahbar wirkte.

„Um mich zu entspannen?", wiederholte er überrascht, bevor er erstmal nachdachte. Scheinbar wusste er das selbst nicht mal so wirklich. „Ich würde mal behaupten das Ausreiten ..., denke ich."

Lina nickte. „In meiner Zeit, in der ich durch die Reiche gereist bin, habe ich gelernt, dass es wichtig ist, etwas zum Ausgleich zu haben", bemerkte sie lächelnd. Immerhin konnte man nicht immer nur arbeiten. Das Ausreite war generell etwas, wobei man entspannen konnte.

„Und für Euch ist das die Malerei?", fragte er nun interessiert und lehnte sich wieder an den Tisch, um Lina interessiert mustern zu können.

Diese nickte. „Das und die Magie. Ich liebe es, mich in den Texten zu verlieren und Runen zu entschlüsseln." Das war immerhin kein Geheimnis. Vielleicht verharmloste sie ihre Passion etwas.

Diese Information schien ihn schwer zu beeindrucken, denn den Gesichtsausdruck von Überraschung den er ihr nun zuwarf, hatte sie zuvor noch nie gesehen. „Ihr scheint da ja recht tief drin zu sein ... Mit welchen Arten der Magie seid Ihr vertraut?"

Lina lachte leise. „Es gibt keinen Bereich der Magie, den ich noch nicht angeschnitten habe. Ob es die Elementarmagie ist oder die Alchemie. Besonders faszinieren mich Spruchzauber und Klangmagie. Aber darüber Dinge zu finden ist wirklich nicht leicht", sagte sie und musste sich Mühe geben, nicht zu weit auszuschweifen.

Mondmagie - Windfall - Band 1 - BEENDETWo Geschichten leben. Entdecke jetzt