Medizin

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Hermine brachte ihn sofort in den Krankenflügel. Sie stütze ihn mit einem Arm, und obwohl er schmal und dünn wirkte, war er schwer, als er sich mit vollem Gewicht gegen sie lehnte und sie in einem langsamen, schleppenden Stolpern aneinanderkettete.

Sie hörte jedes schmerzhafte Keuchen und jeden röchelnden Atemzug in ihrem Ohr und sie spürte die Wärme jedes Ausatmens an ihrer Wange. Malfoy war ungewohnt warm. Oder vielleicht war ihr einfach nur heiß. Egal, was der Grund dafür war, der Weg durch die Schule verlief in angespannter Stille.

Kurz hatte sie den Gedanken, dass sie Magie einsetzen könnte, um ihn leichter zu machen oder ihn sogar schweben zu lassen. Er klammerte sich jedoch so fest an sie und seine Hand war im Stoff ihres Oberteils verkrampft, dass sie ihn nicht loslassen konnte. Hermine hatte das Gefühl, er würde fallen, wenn sie ihn losließe und sie wusste nicht, wann er wieder aufhören würde zu fallen.

Sie stolperten durch die Türen des Krankenflügels, und Madam Pomfrey kam sofort aus ihrem Büro, wie immer empört, und schimpfte: „Also wirklich, Mr. Collier, wenn Sie das schon wieder sind –" Aber die Zurechtweisung erstarb auf ihren Lippen, nachdem sie Malfoy erblickte.

„Mr. Malfoy.", sagte sie. Dann schnappte angesichts seines bedauernswerten Zustands ihr Mund zu und ihr Gesichtsausdruck wurde wieder professionell. „Miss Granger, wenn sie ihn auf ein Bett legen könnten."

Sie eilte herbei und half Hermine, Malfoy hinzulegen, wobei sie ihn zurechtwies, als er sich beschwerte. Dann tippte sie ihm mit ihrem Zauberstab auf die Schulter, woraufhin seine Schuhe von seinen Füßen auf den Boden flogen, und sein Hemd verschwand und tauchte über der Stuhllehne wieder auf. Hermine wäre rot geworden, wenn sie nicht zu sehr damit beschäftigt gewesen wäre ihn mit offenem Mund anzustarren. Die glatte Fläche von Malfoys Brust war blass und schlank, sie schmiegte sich eng an seine Schlüsselbeine und ließ die Muskeln zum Vorschein kommen, die er zweifellos durch die vielen Stunden Quidditch-Training über die Jahre hinweg antrainiert hatte.

Und dennoch war sein Körper verunstaltet. Er hatte violette und blaue Blutergüsse, frische, dunkle, und ältere, die bereits gelb geworden waren, über seinen gesamten Oberkörper verteilt, die unter dem Hosenbund verschwanden und sich um seine Taille wanden. Sie waren hässlich und grell gegen das Weiß seiner Haut, beunruhigend hervorstechend. Kleine Schnitte verliefen über die Vertiefungen seiner Rippen, die deutlich hervortraten, fast so, als hätte er sich runtergehungert. Eine dicke, rote Narbe zeichnete sich auf der gesamte Länge seines Oberkörpers ab, von unterhalb seines Halses bis hin zu seinem Bauchnabel. Sie war sogar schlimmer anzusehen als sein dunkles Mal. Sie schimmerte im Sonnenlicht. Hermines Blick war wie festgefroren.

„Gebrochene Rippen.", murmelte Madam Pomfrey. Sie hatte Tränke, eine Schüssel mit Wasser und einen Waschlappen auf dem Nachttisch herbeigezaubert. Und dann, als hätte sie sich erst wieder daran erinnert, dass Hermine noch da war, hob die Krankenschwester den Kopf und sagte: „Miss Granger, nehmen sie bitte den Waschhandschuh und säubern sie sein Gesicht."

Hermine zögerte. Selbst Malfoy verkrampfte sich bei dieser Anweisung. Aber trotz ihrer Bedenken krempelte sie die Ärmel bis zu den Ellbogen hoch, nahm den nassen Waschlappen und wrang ihn über der Schüssel aus. Mit zitternden Händen drückte sie ihn vorsichtig auf seinen Mundwinkel. Hamelin hatte ihn so hart geschlagen, dass seine Lippe an zwei Stellen aufgeplatzt war. Malfoy riss sein Gesicht von ihr weg.

Er starrte stur auf die Wand. Hermine schluckte. Sie tupfte seine Wange entlang, wo das Blut getrocknet war, er drehte jedoch seinen Kopf weiter weg, tiefer in das Kissen. Sie nahm sein Kinn und zog es gewaltsam, aber dennoch sanft zu sich zurück, wischte sich über seinen Mund und ignorierte, wie er zusammenzuckte und sie anschaute.

„Schluck deinen Stolz runter.", murmelte sie ihm zu.

Malfoy antwortete nicht, aber sein Kiefer spannte sich unter ihren Fingern an. Sein blauer Blick blieb weiterhin auf sie gerichtet. Sie konnte die Glätte seiner Wangen sehen, die schlaflosen dunklen Ränder seiner Augen. Hermine säuberte ihn, so gut sie konnte, aber während das Blut verschwand, blieb das Grau zurück, das in jedem Teil von ihm zu finden war und ihm das Leben aussaugte. Madam Pomfrey überredete ihn, eine Reihe von Tränken zu trinken, und strich mit ihrem Zauberstab über seine hervorstehenden Rippen, um ihn zu heilen. Er lag auf dem Bett am Ende des Raumes und ließ sich tiefer in die weißen Laken sinken. Hermine hatte ihn noch nie so zerbrechlich gesehen.

Wanderer deutschWo Geschichten leben. Entdecke jetzt