Feuerwerk in der Dunkelheit

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Irgendjemand in Slytherin – Draco konnte sich denken, wer – hatte beschlossen, dass es in einer großen Geste der Beziehungen zwischen den Häusern und der Nachkriegseuphorie (und einem unverhohlenen Versuch, das Haus der Schlangen wieder in aller Munde zu bringen) eine gute Idee wäre, eine Silvesterparty im Gemeinschaftsraum zu schmeißen. Er hatte gehofft, sie vermeiden zu können, aber nachdem er gleich nach dem Abendessen ins Bett geklettert war und sich zum Schlafen hingelegt hatte, war Blaise hereingestürmt, hatte die Decke zurückgerissen und ihm gesagt, dass er wieder am Trübsal blasen war und Granger darüber nicht glücklich wäre.

Draco hatte daraufhin das Gesicht verzogen und gefragt, warum es ihn kümmern sollte, ob sein Trübsal blasen Granger glücklich machte oder nicht, aber Blaise hatte ihn mit einem Blick zum Schweigen gebracht, von dem er wusste, dass er ihm nicht widersprechen konnte, und ihm eine Flasche Feuerwhiskey in die Hand gedrückt mit der Begründung, er brauche ein bisschen flüssigen Mut.

Also zog er sich seine schwarze Hose an, trank einen Schluck Alkohol, um seine zitternden Hände zu beruhigen, kämmte sein Haar mit einem richtigen Kamm und nicht mit den Fingern, wie er es sich angewöhnt hatte, krempelte die Ärmel bis zum Ellbogen hoch und trug das Gel auf. Er erlaubte sich sogar einen Moment der Eitelkeit. Draco hatte sich schon lange nicht mehr im Spiegel betrachtet; er konnte sich kaum noch daran erinnern, wie er aussah, als er schwer atmend seine Händen auf dem Waschbecken abgestützte.

Ein.

Aus.

Ein.

Er nahm den Mut zusammen, und blickte nach oben.

Sein Kinn sah spitzer aus als sonst, seine Wangen schmaler und kantiger, seine Augen waren in den blassen Schädel gesunken. Sein Haare waren weiß und steril. Aber sein linker Unterarm war genauso blass wie der Rest von ihm. Er schluckte und seine Kehle wippte, die Sehnen spannten sich an. Draco schloss die Augen und lehnte seine Stirn gegen die kühle Oberfläche des Spiegels. Sein Atem beschlug das Glas und prallte daran zurück. Wann ist alles so schief gelaufen? Wann war es so chaotisch geworden, dass er sich selbst nicht mehr erkennen konnte?

Grangers Stimme schwebte zu ihm zurück. Dann mach dich zur Königin.

Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Seine Knöchel waren so weiß wie Porzellan. Draco holte noch einmal tief Luft, bevor er sich abwandte, seinen Schlafsaal verließ und in Richtung Party ging.

Es war laut, ein beständiger Wirbelwind aus Alkohol und Fröhlichkeit, ein Crescendo aus heißem Atem, der die Kehle verbrannte, kurzen Ausschnitten aus Träumen, die die Grenzen des menschlichen Vermögens überschritten, und ausgeklügelten Handlungen, die sie am nächsten Morgen zweifellos bereuen würden.

Und es war aufregend.

Die Körper verbogen und wandten sich im Takt der Musik, Schweiß bedeckte Gesichter und Nacken. Das Licht war schwach und flackerte alle zwei Sekunden mit einem Plätschern des Sees, oder vielleicht waren es nur Dracos Augen, durch den zweiten Feuerwhiskey, den er getrunken hatte, bevor er sich auf die Party gewagt hatte, die den Raum und die Leute darin so dunkel machte. Obwohl die Party eigentlich nur für Fünftklässler und Ältere war, wusste er anhand ihrer zitternden Arme und großen Augen, dass sich einige Jüngere eingeschlichen haben mussten. Er stand lange wie angewurzelt auf den Stufen. Die Musik hämmerte in ihm, der Trommelschlag prallte bei jedem seiner Atemzüge an seinen Rippen ab. Er fühlte sich als würde er ersticken.

Noch nie hatte er das Leben so frei und dekadent agieren sehen, es war fast so als würden alle verzweifelt versuchten, das Jahr zu vergessen, um den Anbruch eines neuen zu feiern.

Es war zu viel. Die Fessel fühlte sich schwer um seinen Knöchel an, sie zog ihn nach unten, kettete ihn an die Vergangenheit.

Draco schloss die Augen. Alles fiel weg, wurde still.

Wanderer deutschWo Geschichten leben. Entdecke jetzt