Weiße Schmetterlinge

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März

„Du hast ja furchtbar gute Laune.", sagte Ginny und ließ sich neben ihr am Tisch nieder.

Hermine blickte überrascht von ihrem Aufsatz auf. „Wie hast du mich gefunden?"

Ginnys Gesichtsausdruck verriet ihr, dass sie nicht so dumm sein sollte, das zu fragen, und ihre Freundin holte ihre eigenen Bücher aus ihrer Tasche. Sie schlug sie jedoch nicht auf, sondern ließ sie auf den Schreibtisch fallen und nutzte den Stapel, um ihre Arme und ihren Kopf darauf zu stützen.

„Wenn du nicht schläfst, arbeitest du.", sagte Ginny. „Und wenn du arbeitest, bist du meistens in der Bibliothek."

Hermine warf ihr einen Blick zu, dann rollte sie mit den Augen. „Das liegt daran, dass es dort normalerweise ruhig ist!"

Ginny grinste. Sie antwortete nicht, sondern beobachtete, wie ihre Freundin den Kopf einzog und konzentriert mit ihrer Feder über das Blatt kratzte, wobei sie sie ab und zu in das Tintenfass tauchte.

„Ich habe nicht gefragt.", sagte Ginny plötzlich.

Hermine blickte zu ihr auf. „Was hast du nicht gefragt?"

„Warum du Malfoy helfen wolltest.", sagte sie. Hermine hörte auf zu schreiben, ein Wort blieb unvollendet auf dem Pergament zurück. „Warum du Harry und Ron überredet hast, ihm ebenfalls zu helfen. Warum es dich überhaupt interessiert, was mit ihm passiert, um ehrlich zu sein."

Hermine seufzte und steckte ihre Feder in ihr Tintenfass. „Ginny..."

„Nein.", sagte Ginny. „Warte. Ich verstehe, warum du es mir nicht gesagt hast, warum Harry und Ron es mir nicht gesagt haben. Um ehrlich zu sein, bin ich mir immer noch nicht sicher, was ich davon halten soll." Sie hielt inne. „Ich schätze, ich dachte, wir stünden uns nahe. Und ich kann nicht sagen, ob ich mehr verletzt bin, weil es Malfoy ist oder weil du mir nicht genug vertraut hast, um mir zu sagen, was du tust."

„Es war weder das eine noch das andere.", sagte Hermine sofort. Sie seufzte und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. „Ginny. Ich habe das nie geplant. Ich konnte eines Nachts nicht schlafen, also bin ich spazieren gegangen und ich... ich habe ihn gefunden, wie er auf dem Boden saß, die Ministeriumsfessel um seinen Knöchel und ich... Ginny, ich habe noch nie jemanden gesehen, der so gebrochen ausgesehen hat. Es hat sich falsch angefühlt, dass die Kämpfe vorbei sind, aber der Krieg immer noch andauert –"

„Siehst du nicht, wie ungesund das ist, Hermine?", fragte Ginny und beugte sich vor. „Du behandelst ihn wie einen weiteren misshandelten Hauselfen. Du konzentrierst deine ganze Energie darauf, jemand anderen zu reparieren, vielleicht etwas, das nicht repariert werden kann, um dich von deinem eigenen Schmerz abzulenken. Ich –"

Sie streckte ihre Hand aus und nahm Hermines Hand, wobei sie die Stirn runzelte und die Augenbrauen zusammenzog. „Es ist in Ordnung, immer noch Angst zu haben. Dass es dir immer noch schwerfällt, einzuschlafen. Dass man manchmal aufwacht und denkt, man sei wieder dort.", flüsterte Ginny. „Manchmal habe ich das auch. Aber du musst nicht... du musst nicht alles geben, um ihn zu retten. Du musst etwas von dir behalten, um dich selbst zu retten –"

„Ginny.", sagte Hermine und schüttelte leicht den Kopf. „Du verstehst das nicht. Er ist mein Freund. Ich brauche ihn."

Sie fügte hinzu, weil sie es wollte: „Außerdem ist sein Prozess vorbei. Es ist jetzt vorbei. Er ist in Sicherheit."

„Hermine, wenn du glaubst, dass es vorbei ist, bist du noch ahnungsloser, als ich dachte."

Hermine runzelte die Stirn. Aber Ginny starrte sie nur an, blickte zwischen ihren Augen hin und her, suchte ihr Gesicht ab. Sie musste etwas gefunden haben, etwas, das Hermine nicht zeigen hatte wollen, denn in ihren Augen dämmerte das Verständnis, und sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und ließ das Thema ganz fallen.

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