Ewigkeit

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Er war elf.

Der Bahnsteig war eine Explosion des Lebens. Er hörte Gesprächsfetzen, die wie Teile eines fernen Traums an ihm vorbeizogen, und Gelächter schallte durch den Bahnhof. Eulen kreischten, Kinder schrien, Eltern riefen, und all das war wie das schönste Orchester, das er je gehört hatte; Musik in seinen Ohren. Das Horn des Hogwarts-Expresses ertönte zusammen mit allem. Der Zug fuhr stolz vor, in einem leuchtenden Rot, das glitzerte und strahlte, und er spürte, wie sich seine Augen bei dem Anblick weiteten und sich ein Grinsen auf seine Lippen legte, bevor er es verhindern konnte. Seine Beine bewegten sich nicht mehr. Sein Herz schlug wie wild. Draco fühlte sich euphorisch. Er hatte auf diesen Tag gewartet, seit seine Mutter ihm von Hogwarts erzählt hatte, seit er seinen Brief erhalten hatte, seit er seinen Zauberstab gekauft und das Rauschen der Magie in seiner Handfläche gespürt hatte. Sein Leben begann, er konnte es fühlen, er spürte, wie das nächste Jahrzehnt anbrach, bereit und reif für das Leben.

Er war neunzehn.

Auf dem Bahnsteig war nicht so viel los, wie er es in Erinnerung hatte. Keine Kinder eilten an ihm vorbei, überwältigt von der Aufregung über den Schulbeginn. Keine Katzen streiften umher, keine Eulen kreischten, keine Frösche verirrten sich und wurden wiedergefunden. Sogar der Zug sah langweiliger aus als sonst.

Draco fühlte sich viel älter als neunzehn. Er schob seinen Koffer zwischen den Füßen hin und her, rückte seine Roben zurecht und fummelte an seinem Zauberstab im Ärmel herum. Obwohl er sich in eine entfernte Ecke des Bahnsteigs zurückgezogen hatte, spürte er immer noch die Augen, die ihn durchlöcherten, und ihn anklagend, argwöhnisch, misstrauisch anstarrten.

Hermine tauchte vor ihm aus der Wand auf, ihre Haare waren leicht zerzaust und fielen bereits aus den Klammern, mit denen sie versucht hatte, ihre Locken zurückzuhalten. Sie blieb stehen, suchte den Bahnsteig nach ihm ab und schob ihren Wagen in seine Ecke, als sie ihn entdeckte.

„Brauchst du wirklich so viele Sachen?", fragte er und beäugte ihren Wagen missbilligend. Sie hatte ihn mit ihrem alten Hogwarts-Koffer vollgestopft, sowie mit einer weiteren Reißverschlusstasche, von der er wusste, dass sie jedes Buch enthielt, das sie in ihrem Besitz hatte, und zwar so geschrumpft, dass alle hineinpassten. „Du weißt schon, dass Hogwarts eine Bibliothek hat?"

„Das ignoriere ich lieber.", erwiderte sie gereizt.

„Du hättest wenigstens die Katze zu Hause lassen können." Das besagte beleidigte Tier zischte aus seiner Transportbox. „Ich bin sicher, sie hätte meiner Mutter Gesellschaft leisten können."

„Ich würde lieber dich als Krummbein zurücklassen."

Draco zog die Augenbrauen hoch. „Das glaube ich dir."

Sie warf ihm einen letzten finsteren Blick zu und beugte sich vor, um dem besagten Tier tröstende Worte zuzuflüstern. Draco glaubte sogar gehört zu haben, wie sie ihm versprach, ihn wieder in ein Frettchen zu verwandeln, damit die Bestie ihn fressen konnte.

Spöttisch wandte er den Blick von ihnen ab und blickte auf den immer noch fast leeren Bahnsteig.

„Das können doch nicht alle sein.", sagte er.

Sie blinzelte zu ihm auf und runzelte ein wenig die Stirn, bevor sie verstand, sich aufrichtete und sich umschaute. Hermine zuckte leicht mit den Schultern, lehnte sich zu ihm und sagte mit gesenkter Stimme: „Die Menschen haben immer noch Angst, Draco. Der Krieg war erst letztes Jahr. McGonagall hat gesagt, dass es die niedrigste Schülerzahl ist, die die Schule je hatte."

Er murmelte: „Ich schätze, die Reklame für Hogwarts als den sichersten Ort im Zauberer Britannien funktioniert nicht mehr, seit dort die entscheidende Schlacht des Krieges stattgefunden hat."

Wanderer deutschWo Geschichten leben. Entdecke jetzt