Sauber

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Hermine zerknüllte den Zettel in ihren Händen, faltete ihn zusammen und entfaltete ihn wieder, um ihn noch einmal zu lesen, obwohl es nur ein Satz und eine Unterschrift war und sie ihn innerhalb einer Minute nach dem Öffnen auswendig gelernt hatte. Er war ihr beim Frühstück mit der üblichen Morgenpost zugestellt worden, und obwohl ihr Stirnrunzeln schnell verschwunden war, als sie die Handschrift erkannt hatte, spürte sie, wie es jetzt wieder zwischen ihre Augenbrauen kroch. Ihr Magen zog sich zusammen. Hermine strich ihren Rock glatt und ging ein wenig schneller.

Vor dem steinernen Wasserspeier blieb sie stehen, nannte das Passwort, das sie in dem Brief erhalten hatte, und trat auf die sich drehende Treppe, sobald sie erschien, um sich von ihr nach oben tragen zu lassen. Sie wartete nur einen Moment, bevor sie anklopfte.

„Herein."

Hermine öffnete die Tür, betrat den Raum und blieb vor McGonagalls Schreibtisch stehen. Sie wartete schweigend, immer noch den Zettel in der Hand. Die Schulleiterin hörte aber nicht auf die Aufsätze vor sich zu verbessern.

Hermine warf einen Blick nach oben und bemerkte, dass Dumbledores Porträt leer war. Sie fragte sich vage, wohin er verschwunden war, zwang sich aber, zu blinzeln und den Blick abzuwenden. Sie räusperte sich. McGonagall sah sie immer noch nicht an.

„Professor?", fragte sie. „Sie wollten mich sprechen?"

Sie antwortete nicht sofort, sondern kam zum Ende des Aufsatzes, den sie gerade korrigierte. Erst dann steckte sie ihren Federkiel weg, rückte ihre Brille auf der Nase zurecht und ordnete die Papiere vor sich zu einem ordentlichen Stapel.

„Miss Granger.", sagte die Schulleiterin. „Hat Mr. Malfoy seinen gestrigen Ausflug genossen?"

Hermine fiel der Mund zu. Plötzlich fühlte sie sich wieder wie eine Erstklässlerin, die sich den strengen Augen und der scharfen Zunge ihrer Hauslehrerin stellen musste. McGonagall sah sie schließlich an, die Finger auf dem Schreibtisch verschränkt.

Sie suchte nach einer Erklärung. „Professor, ich –"

McGonagall hob eine Hand und brachte sie augenblicklich zum Schweigen. Hermine schloss ihren Mund.

„Ich hoffe, Sie sind sich bewusst, wie leichtsinnig Sie beide gewesen sind.", sagte sie gereizt. Durch ihren Zorn wurde ihr Akzent stärker und ihre Stimme höher. „Mr. Malfoy steht bis zu seinem Prozess unter strenger Aufsicht, wie Sie wissen! Sich aus dem Schloss zu schleichen, hätte sich sehr negativ für ihn auswirken können."

Die Schuldgefühle überfluteten ihren Magen, so dass ihr Herz sich schwer und tot in ihrer Brust anfühlte. Sie schloss die Augen. Sie vergaß nie etwas, schon gar nicht etwas so Wichtiges wie das – wie konnte sie seine Fessel vergessen?

Du warst so sehr damit beschäftigt, ihm zu helfen, dass du seine Chancen weiter verschlechtert hast.

Hermine stieß einen zittrigen Atemzug aus. „Professor, ich... Ich war es. Draco hatte nichts damit zu tun. Ich musste ihn wo hinbringen, es war sehr wichtig und ich weiß im Nachhinein, dass nichts so wichtig sein kann wie sein Prozess, aber genau deshalb –"

„Miss Granger.", begann McGonagall, aber Hermine ließ sie nicht ausreden.

„Ich versuche auch, ihm zu helfen, Professor. Wir haben uns mit Harry und Ron getroffen und wir – wir glauben, wir haben ein Chance. Und zwar eine solide. Etwas, das gegen das Zaubergamot bestehen könnte. Ich weiß, das bedeutet jetzt nichts mehr, nicht wenn ich alles ruiniert habe –"

„Miss Granger.", sagte die Schulleiterin laut und erhob sich von ihrem Platz. Hermine verstummte. McGonagall schürzte die Lippen. „Als Mr. Malfoy das letzte Mal zu mir kam, um die Zauber auf seine Fessel umzukehren, habe ich mir erlaubt, sie so zu ändern, dass jeder Verstoß nicht das Ministerium, sondern mich alarmiert. Als ich erfahren habe, dass Sie den Umhang von Mr. Potter bei sich haben, habe ich irgendwie bezweifelt, dass Mr. Malfoy einfach im Schloss bleiben würde, so wie er es sollte."

Wanderer deutschWo Geschichten leben. Entdecke jetzt