Abfahrt

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Um etwa halb zwölf kam ich am Studio an. Der Tourbus stand schon auf dem Gelände. Von Weitem sah ich, dass mein Chef, Bushido und noch weitere Männer, die ich allerdings nicht kannte, draußen standen und sich bequem eine rauchten.

Als ich näher kam fühlte ich mich sogleich overdressed. Während ich eine weiße Bluse und eine pechschwarze Röhrenjeans trug, hatten sich scheinbar alle Männer eine Jogginghose und ein Oversizes-T-Shirt angezogen. Sie trugen alle Turnschuhe und ich hatte mir meine neuen, schwarzen High Heels über die Füße gestreift.

"Guten Morgen.", grüßte ich in die Runde.

"Morgen.", kam es von allen zurück. Von allen, außer von Michael, der lieber einen weiteren Zug von seiner Zigarette nahm und sie dann unachtsam wegschnippste.

"Dann können wir ja los.", meinte er nur trocken. "Dachten schon, du kommst gar nicht mehr.".

"Aber du sagtest doch zwölf Uhr.", meinte ich verwirrt. "Jetzt ist es gerade einmal kurz nach halb zwölf.".

"Ne ich hatte halb zwölf gesagt.", meinte er trocken und schlenderte zum Buseingang.

Nein, hast du nicht!

Zerknirscht sah ich in die Runde. Bushido warf mir nur ein halbherziges Lächeln zu. Er war wahrscheinlich der Einzige, der noch etwas Verstand übrig hatte und sich wie ein Erwachsener benehmen konnte.

Daraufin löste sich die kleine Gruppe auf und es stiegen Einzelne in den Bus ein. Bushido bewegte sich jedoch nicht und rauchte seine Zigarette weiter. Als ich gerade meinen Koffer im Laderaum verstaut hatte und zum Eingang gehen wollte, hörte ich wie jemand meinen Namen rief:

"Ronja!".

Ich wirbelte herum. Stefan kam lässig auf mich zu gejoggt und hielt etwas hoch. Dann kam er vor mir zum stehen.

"Das... hast du auf dem... Schuhschrank... liegen lassen.", keuchte er schwer atmend und überreichte mir die VIP-Karte.

"Oh.", machte ich überrascht. "Danke, Stefan.".

"Kein... Problem.", antwortete er und lächelte.

Dann breitete er seine Arme aus und zog mich in eine Bärenumarmung. Ein letztes Mal zog ich sein würziges Parfüm ein und löste mich dann von ihm.

"Dann sehen wir uns in vier Tagen wieder.", meinte er zu mir.

"Ja.", erwiderte ich und machte einige Schritte rückwärts, ehe ich ihm zum Abschied winkte. "Bis dann.".

"Bis dann!", rief er und winkte ebenfalls. "Und viel Spaß!".

"Danke!".

Indem drehte ich mich um und sah, dass bereits alle eingestiegen waren. Mit der Ausnahme von Bushido und meinem Chef, die beide neugierig zu uns hinüber gestarrt hatten. Als ich näher kam bemerkte ich Michaels mürrischen Blick.

"Seid ihr jetzt endlich fertig?", keifte er mich sauer an, als ich bei ihnen ankam. Ohne eine Antwort abzuwarten drängte Michael sich vor mich und stieg die Treppen hoch.

Perplex sah ich in Bushidos Gesicht. Dieser zuckte nur mit den Achseln und deutete mir ebenfalls einzusteigen, was ich auch tat. Drinnen angekommen ließ ich mich auf einen der weichen Sitze nieder. Gegenüber von mir saß Michael, der gedankenverloren aus dem Fenster blickte. Seine Stirn hatte sich dabei jedoch in Falten gelegt. Kurz darauf setzte sich Bushido neben ihn, was Michael scheinbar aus seiner Tranche riss.

"War das dein Freund?", knurrte er und sah mir starr in die Augen.

"Äh, nein.", beantwortete ich seine Frage.

Und wenn es so sein sollte, geht es dich einen Scheißdreck an!

"Hmh.", machte er und blickte wieder hinaus.

Was sollte das denn jetzt?

Chefs liebt man nicht [Shindy FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt