Heimkehr

1.3K 30 0
                                    

Michael und ich tauschten am nächsten Tag nur das Nötigste miteinander aus. Ich war mir nicht ganz sicher, ob er sich überhaupt noch an den Vorfall erinnerte, oder ob er es einfach nur gut verbergen konnte. Ich hingegen fühlte mich durchaus unwohl in seiner Nähe. Ständig musste ich daran denken wie er versucht hatte mich zu küssen. Immer wieder tauchten die Bilder vor meinem geistigen Augen auf.

Hör jetzt auf daran zu denken, ermahnte ich mich ständig - auch während der Rückfahrt, die ich leider als Michaels Sitznachbarin verbrachte. Glücklicherweise hatte er einen ziemlich starken Kater, weshalb er im Bus schnell einschlief.

Neben den Motorgeräuschen und den Unterhaltungen von den Männern, vernahm ich neben mir Michaels leises, zartes Schnarchen.

Irgendwie ist dieses Geräusch schon ganz schön sü-... scheiße. Hör auf, Ronja! Es ist ganz und gar nicht süß. Guck dir dieses Arschloch doch mal an!

Ich schielte zu ihm hinüber. Schnell ertappte ich mich dabei wie ich anfing zu schmunzeln.

Er sieht so süß aus. Friedlich. Engelsglei-.

"Mach doch ein Foto, das hält länger.", riss mich eine belustigte Stimme aus den Gedanken.

Ich wirbelte herum und blickte in die braunen Augen von Bushido, der lässig im Gang stand und seine Arme auf die Lehne meines Sitzes gelegt hatte.

"Äh... ähm.", machte ich und blickte flink auf den Boden.

"Keine Sorge.", lachte er. Ich sah auf. "Ich werde dich nicht verraten.", meinte er und zwinkerte mir zu, ehe er verschwand.

Ich ließ mich zurück in den Sitz fallen und sah wieder zu meinem Chef. Scheinbar hatte er nichts von der Unterhaltung zwischen mir und Bushido mitbekommen, denn er schlief immer noch tief und fest.

Und er schlief auch noch, als wir auf das Gelände des Studios in Köln fuhren.

Michael muss ja ganz schön fertig sein. Eigentlich will ich ihn nicht aufwecken, aber es muss sein.

"Michael?", flüsterte ich.

Keine Reaktion.

"Michael.", versuchte ich es nun etwas lauter.

"Hm?", kam es ganz, ganz leise von ihm, was mich ermutigte.

"Wach auf.", hauchte ich und rüttelte zaghaft an seiner Schulter. "Wir sind da.".

"Hmmm.", grummelte er und wurde langsam wach.

Seine Stirn legte sich in Falten. Dann öffnete er ganz langsam seine Augen, unter denen tiefe Augenringe zu sehen waren. Sein erster Blick fiel sogleich in meine Augen, was meinem Herzen seltsamerweise einen kleinen Sprung versetzte.

Ich räusperte mich, schnallte mich blitzschnell ab und sprang auf. Als der Busfahrer einen Augenblick später die Türen öffnete, stieg ich sogleich aus. Neben der heimischen Kölner-Luft empfing mich ebenfalls zu meiner Überraschung mein Mitbewohner.

"Hey.", rief mir Stefan entgegen. "Na, wie war Berlin, Kleine?".

"Stefan?", lachte ich und joggte auf ihn zu, um ihm in die Arme zu fallen.

Sicher fing er mich auf und presste mich an seinen Körper. Sein vertrautes Parfüm stieg mir in die Nase und ich wusste, dass ich nun zu Hause war.

"Was machst du denn hier? Musst du nicht in die Uni?", fragte ich und löste mich von ihm.

"Die kommen auch einen Tag ohne mich aus.", winkte er ab. "Und außerdem dachte ich, ich hole dich ab. Du bist bestimmt müde.".

"Und wie.", nickte ich.

Stefan grinste, dann deutete er auf den Bus.

"Warte hier, ich hole eben deinen Koffer.".

"Okay.", nuschelte ich, als er an mir vorbeiging und geradewegs zum Laderaum des Busses marschierte. Ich drehte mich um und sah ihm nach, doch dabei fiel mir Michael ins Auge, der gerade aus dem Bus gestiegen war.

Seine Mimik wirkte finster und bedrohlich. Er durchbohrte Stefan mit seinem kalten Blick und ließ ihn keine Sekunde aus den Augen. Selbst als dieser ihm ein halbherziges Lächeln schenkte, während er den Koffer aus dem Laderaum hievte, ließ sich Michaels ernster Blick nicht erweichen.

Stefan drehte sich um und kam geradewegs auf mich zu. Er rollte mit den Augen. Das war seine Art zu sagen: "Was ist bloß mit diesem Spinner los?". Ich lächelte Stefan jedoch nur an, was hätte ich auch anderes tun sollen?

Bei mir angekommen, legte sich Stefans Hand auf meinen Rücken und schob mich weiter.

Um mich von den Männern zu verabschieden, drehte ich mich um und winkte. Bushido war jedoch der einzige, der kurz seine Hand hob, sich jedoch dann wieder an einen Kollegen wandte.

Chefs liebt man nicht [Shindy FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt