catorce[14]

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Vaiana
Schluchzend erhebe ich mich vom kalten Boden, gehe mit zittrigen Knien auf eine der Türen hier drinnen zu und finde ein Badezimmer vor.
Zittrig betrete ich die kalten Fließen, trete wie gestern Nacht vor den Spiegel und mustere mich erneut.
Mein Haar ist verknotet, meine Augen blutunterlaufen und mein Körper am Zittern. Als ich mich mustere, fällt mir auf, dass ich ein großes Männershirt trage, das wohl Emilio gehört.
Doch es ist mir egal.
Alles ist mir egal.

"Vaiana"ertönt eine raue, mir unbekannte Stimme, neben mir.
Sofort zucke ich zusammen, drehe mich hektisch um, aber finde nicht Emilio vor. Es ist der emotionslose Mann, der mich mitgenommen hat. Nur sieht er jetzt nicht emotionslos und gefährlich aus. Er wirkt, als hätte er Mitleid und will mir helfen.

Ich schaue ihm in die Augen, zeige keinerlei Gefühle, denn meine roten Augen sprechen sicherlich Bände.

"Vaiana, geht es dir gut?", fragt der fremde Mann und tritt näher, doch ich zucke zusammen und entferne mich mehrere Schritte. Dumme Frage.

"Okay. Tut mir leid.
Ich heiße Nicolás und bin der beste Freund, Bodyguard und Mitarbeiter von Emilio"stellt er sich vor, doch ich schalte ab. Ohne Reaktion sehe ich ihn an, und als er merkt, dass keine Antwort kommt, seufzt er leise.

"Ich-Emilio war wütend. Normalerweise tut er sowas nicht … vor allem nicht, nachdem du einen Herzinfarkt hattest"erzählt er und blickt mich abwartend an.

Bei dem Wort Herzinfarkt zucke ich zusammen. Ich hatte einen Herzinfarkt.
Deswegen soll ein Arzt kommen.
Ich hätte sterben können.

"Vaiana, der Arzt kommt gleich, um dich nochmal abzuchecken. Kommst du zurück ins Schlafzimmer?"fragt Nicolás leise, kommt näher und hält mir seine Hand ruhig hin.

Einige Sekunden starre ich diese an, überlege, ob ich ihm vertrauen kann.
Was, wenn er mich nochmal zu Emilio bringt?

Schließlich knicke ich ein, lege meine zitternde Hand in seine und lasse mich von ihm ins Schlafzimmer führen.
Sobald wir am Bett ankommen lässt er mich los, deutet das ich mich setzen soll und setzt sich genau auf den Sessel, auf dem Emilio vorher saß.

"Ich kann nicht erklären, warum Emilio so reagiert hat, denn eigentlich macht er ... sowas, nicht ohne Einverständnis der Frau"versucht Nicolás eine Entschuldigung für sein Verhalten zu finden, doch ich reagiere nicht.

____
Nicolás 

Ich mustere die hübsche Blondine vor mir und frage mich, warum mein bester Freund sowas abziehen konnte.
Warum hat er sie gefoltert, wenn er weiß, wie gefährlich das für sie war?
Sie hätte einen zweiten Herzinfarkt erleiden können, und damit wäre ihr Leben vorbei. Wegen eines Mannes, der keine Kritik aufnehmen konnte.

Was er wohl dort drüben denkt.
Ich denke, er bereut es, und scheint jetzt erst zu realisieren, was er getan hat.
Aber was war der Auslöser für seine Wut?

Mein Blick schweift zu Vaiana, die den gerade gekommenen Arzt kaum zu bemerken scheint. Sie reagiert nur mit einem Nicken auf seine Fragen, merkt nicht, dass eine Nadel aus ihrem Arm gezogen wird. Auch als ihr Blutdruck gemessen wird, starrt sie matt an die Wand vor sich, registriert nicht, was um sie herum passiert.

"Das Essen und Trinken nicht vergessen. Ansonsten ist alles okay mit ihr"redet der Arzt ruhig, schaut mich an und geht mit einem Nicken zu mir aus dem Zimmer.

Jetzt bin ich wieder allein mit ihr, suche ihre Augen. Als sie mir abrupt in die Augen schaut, erschrecke ich mich leicht, denn ihre Augen sind matt.
Als hätte man ein Tuch über sie gelegt, und austrocknen lassen.

Ich will sie fragen, ob alles okay ist, doch das ist dumm. Es ist gar nichts okay.

"Ich lasse dich erstmal allein, okay?", frage ich sie vorsichtig und stehe auf. Sofort zuckt sie zusammen, dann aber nickt sie träge und legt sich ins Bett. Stumm mustere ich ihren zarten Körper, dann verlasse ich Emilio's Schlafzimmer und betrete sein Büro erneut.

Er sitzt mit dem Kopf in den Händen an seinem Schreibtisch, hat die Kippe ausgedrückt und den Wodka halb leer gesoffen.

"Du kannst froh sein, dass deine Eltern für eine Woche auf ihrer Insel sind, und dein Bruder zu Alex gegangen ist.
Wenn Balenciaga das mitbekommen hätte, wärst du jetzt obdachlos und Vaiana ihr neues Kind"schmunzle ich leicht und setze mich gegenüber von Emilio, um ihn zu mustern.
Langsam hebt er den Kopf, hat blutrote Augen und ist dicht. So dicht, dass er im Sitzen schwankt und mich offen ansieht.

"Emilio, warum hast du das getan?", frage ich ihn und bin fest entschlossen seinen betrunkenen Zustand auszunutzen.
So wie er Vaiana ausgenutzt hat.

"Sie hat mich wütend gemacht, Nicolás", erwidert er und sieht mich ernst an.

"Und warum bist du so ausgerastet?"versuche ich es anders.

"Sie hat mich mit ihren Worten aus der Fassung gebracht. So konfrontiert, dass ich keine Antwort mehr wusste.
Warum habe ich ihr Leben als behindert bezeichnet, wenn ich sie doch bei mir haben will?"erzählt er mir und versucht sich erneut etwas von dem Wodka einzugießen, doch ich nehme ihm die Flasche aus der Hand.

"Deine Reaktion war scheiße und dein Verhalten ist scheiße. Mach das wieder gut, oder ich lasse sie laufen"erwidere ich hart, dann stehe ich auf und verlasse sein Büro, um in die dritte Etage in mein Büro zu gehen.

Die Flasche Wodka nehme ich mit, setze selbst an und trinke scheinbar genug, um gegen 0 Uhr todmüde in mein Bett zu fallen.
Ist schon praktisch, dass Emilio und seine Eltern die besten Mitarbeiter im Haus haben wollten.


Day and Night | Rodríguez Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt