Kapitel 1

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Ich sitze hier an einem See in Irland. Lough Owel heißt er. Das ist einer der vielen Seen in Mullingar. Eigentlich wollte ich für ein paar Wochen nach Dublin und später eine Irland-Rundreise machen, aber dann wollte ich lieber einen ruhigen Urlaub haben. Da ich mir keine Kreuzfahrt in der Karibik leisten kann, bin ich halt von London nach Dublin geflogen und von dort mit einem Taxi nach Mullingar. Hier wohne ich in einer kleinen netten Pension. Die Leute in Irland sind generell irgendwie anders als die in London. Ich habe den Eindruck, dass die Menschen hier viel gelassener und netter sind. Das soll jetzt aber nicht so klingen als würde es in London keine netten Menschen geben. Da wäre zum Beispiel ich. Mein Name ist Felicity. Ich bin 18 Jahre alt, habe pechschwarzes Haar und moosgrüne Augen. Seit etwa 4 Jahren wohne ich in London. Meine Vergangenheit.....das ist ein Thema, das ich versuche zu vermeiden. Außer mir weiß keiner etwas davon. Auch wenn mir die Leute immer wieder gesagt haben, dass es besser wird, wenn man mit jemanden darüber redet, habe ich bis jetzt noch nie jemanden gefunden dem ich so sehr vertraue, um ihm alles zu erzählen. Mein Kleidungsstil ist etwas gewöhnungsbedürftig. Ich trage so gut wie jeden Tag dunkle und neonfärbige Sachen, egal ob es draußen +40° oder -10° hat. Heute trage ich zum Beispiel ein schwarzes T-Shirt, auf dem in neongrün 'I don't care!' steht, eine neongrüne Röhrenjeans und schwarze Schuhe. Außerdem hängen ich mir meine schwarzen Beats von Dr. Dre immer um den Hals. Auf meinen Handgelenken trage ich immer jeweils ein Bandana und ohne die gehe ich nicht aus dem Haus. Naja, eigentlich schlafe ich sogar mit ihnen, weil sie mit der Zeit ein Teil von mir geworden sind und weil ich mich ohne sie irgendwie nackt fühle. Warum ich sie trage ist auch eines der Themen, die ich versuche zu vermeiden. Mein Leben ist im Moment eigentlich ganz ok, aber die Vergangenheit holt mich immer wieder ein und dadurch könnte ich eigentlich schon als depressiv durchgehen. Der einzige Grund warum ich mir noch nicht das Leben genommen habe ist die Musik. Da wären meine beiden Lieblingsbands: One Direction und 5 Seconds of Summer, aber es gibt auch noch andere Bands und Sänger bzw. Sängerinnen. Nickleback, Avril Lavigne, Ed Sheeran,...die und noch einige andere helfen mir jeden einzelnen Tag zu überstehen. Ihre, mittlerweile, vertrauten Stimmen beruhigen mich, wenn ich wieder einmal kurz davor bin die Nerven zu verlieren und durch ihre Songtexte fühle ich mich irgendwie angesprochen und manchmal auch verstanden. Ich singe selbst sehr gerne und schreibe hin und wieder ein paar Songs. Durch die Musik kann ich meine Gefühle ausdrücken, wenn mir die Worte dafür fehlen. Macht jetzt zwar nicht wirklich Sinn, aber ich hoffe ihr wisst was ich meine! Naja, lassen wir diese ganzen deprimierenden Sachen mal beiseite. Meinen Urlaub hier habe ich ganz spontan beschlossen. Gut, ich wollte zwar immer schon einmal nach Irland, aber das hätte ruhig unter erfreulicheren Umständen sein können. Und wir sind erneut bei einem deprimierenden Thema. Ich habe beschlossen diesen Urlaub zu machen, weil ich einer bestimmten Person aus dem Weg gehen will. Naja, eigentlich könnte man sagen, dass ich vor ihm geflüchtet bin. Das kann ich euch eigentlich erzählen, weil das irgendwie noch der angenehmste Teil meiner Vergangenheit ist. Vor ungefähr 2 Jahren hatte ich einen festen Freund. Es war mein erster und wird, bis auf weiteres, wahrscheinlich auch mein letzter sein. Jedenfalls war ich total in ihn verliebt und bin fast in Ohnmacht gefallen, als er mir gesagt hat, dass er mich auch liebt. Doch dann hat der Horror begonnen. Ich will gar nicht allzusehr ins Detail gehen, deshalb erzähle ich euch nur das Notwendigste. (Vielleicht erzähle ich euch den Rest irgendwann einmal.) Wo war ich? Achja, mein damaliger Freund hieß Sebastian. Sebastian hatte noch diese Weltanschauung, dass Frauen minderwertig sind. Um es kurz zu fassen, er hat mich geschlagen. Leider hatte ich damals nicht den Mut zur Polizei zu gehen. Das war jedenfalls eines der nicht so prickelnden Themen aus meiner Vergangenheit. Zum x-ten Mal heute bewundere ich die Landschaft. Hier in Irland ist es viel grüner als in London und das gefällt mir. Keine stinkenden Abgase, nervige und laute Menschen und vor allem keine hässlichen Häuser soweit das Auge reicht. Versteht mich nicht falsch, es gibt in London durchaus einige schöne Häuser, aber die Mehrheit ist hässlich. Als ich so die Gegend bewundere bemerke ich die Person, die mich schon die ganze Zeit über beobachtet, erst viel zu spät. Nein! Das kann nicht sein! Woher sollte er denn wissen, dass ich hier bin?!? Ich versuche so unauffällig wie möglich meine Gitarre einzupacken. Als diese Person dann kurz nicht aufpasst, gehe ich schnell an meinen versteckten Lieblingsplatz. Hier ist ein kleiner Holzsteg umgeben von uralten, riesigen Trauerweiden. Es ist einfach wunderschön hier und man ist nochmal ein Stück abgeschirmter von der Welt. Ich packe meine Gitarre wieder aus und beginne eines meiner Lieblingslieder zu singen.

You're one of the two reasons why I'm still alive ~ N.H.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt