16: Etwas Unheiliges

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Nicht mal ganz zwei Tage hatte Joey nun Zeit sich etwas geeignetes fürs Wochenende zu überlegen, doch das schien, alle Faktoren mit einberechnet, ein Ding der Unmöglichkeit zu sein.

Immer wieder wurde er damit konfrontiert, wie wenig er letztlich über Seto wusste, obwohl es sich manchmal durchaus so anfühlte, als würden sie sich ewig kennen.

Was machte Seto gerne?
Was waren seine Hobbies?
Wie verbrachte er seine Freizeit?

Fragen, auf die er nunmal die Antwort nicht offiziell kannte. Irgendetwas sagte ihm, dass nicht einmal dessen Bruder ihm darüber Auskunft geben können würde.

Joey konnte bereits erahnen, dass die Antwort auf jede dieser Fragen schlicht 'arbeiten' war. In seiner Freizeit entwickelte er neue Projekte und ging vielleicht zwei, drei Mal die Woche mit Horus spazieren.
Er wagte zu bezweifeln, dass er außerdem irgendwelche weiteren Interessen hatte.

Es gab eine große Tec- Messe in der Nähe, aber zu offensichtlich wollte Joey sich nun doch nicht einschleimen. Schließlich interessierte er sich selbst so ziemlich gar nicht dafür und er war sich sicher, dass Seto gewieft genug war, das zu durchschauen.

Außerdem wollte er Seto eigentlich lieber zeigen, was das Leben so spannendes außerhalb von virtuellen Realitäten bot. Darum beschloss er still, genau das zu tun.

Als Seto gegen 20:00 Uhr im Hotel eintraf und Joey fragte, was er denn nun für's Wochenende geplant hatte, antwortete er schlicht: „Chillen."

Da Seto offensichtlich mit diesem Begriff nur wenig anfangen konnte, bemühte sich Joey seinen Gedankengang näher zu erläutern:

„Nun... du sagtest, dass du es schade findest, dass wir die Woche so wenig Zeit miteinander verbringen konnten und da dacht ich eben, dass wir genau das tun sollten. Ohne Geld. Einfach ein bisschen mit Horus am Strand spazieren, gemütlich ein Eis essen, quatschen und so..."

Als Seto schwieg und nachdenklich in die Luft sah, ergänzte Joey schnell:
„Oder wir könnten auf diese Tech- Messe in der Nähe. Hat noch bis Sonntag geöffnet."

„Das ist mir bekannt, Wheeler.
Was denkst du wo ich gerade herkomme?"

„Huh? Ich dachte deine ganzen Meetings, Vorträge und Quatsch war alles im Convention- Center?"
„, welches selbstredend an das Messe- Gelände angegliedert ist."

„Ups. Ja, macht Sinn. Sorry.
Ne, dann hab ich leider keine Idee."
„Ich dachte du wolltest 'chillen'"
Die Verachtung war Setos Stimme deutlich zu entnehmen.

„Ne Ne, schon gut. Du musst nicht, wenn du keinen Bock drauf hast."
„Wer sagt das?"
„Na, du hast nicht besonders happy über dem Vorschlag gewirkt..."

„Ich bin nur kein Freund davon, planlos durch den Tag zu gehen."
„Dann lernst du's eben. Tut dir sicher gut. Bisschen den Stock aus dem- ähm...
Ich meinte: Sich mal ein wenig entspannen.
Ist sicher ein guter Ausgleich zur Arbeit."

„Ohne klares Ziel vor Augen, kann ich nicht entspannen."
„Na, das Ziel ist es, ne schöne Zeit zu haben."
„, die ich ohne Struktur und erkennbaren Mehrwert nicht habe."

Joey schüttelte den Kopf und ließ die Zunge schnalzen. „Hast es doch noch nie versucht."
„Aus gutem Grunde."

„Ach ja? Was hast du denn für heute geplant?"
„Schlafen. Die Kraftreserven für morgen wieder auftanken."
„Siehst du? Stattdessen redest du jetzt mit mir. Ist doch schön, nicht?"

„Kann mir Schöneres vorstellen."
„Und was?"
„Deinen Mund mit etwas Sinnvollerem zu beschäftigen..."

Joey zischte, als habe er sich verbrannt.
„Genau sowas solltest du besser nicht mehr sagen..."
„Weshalb?"

„Na, falls du nicht willst, dass ich denke, dass du damit was... Unheiliges meinst."

„Mir ist es völlig gleichgültig, was du darüber denkst. Ich spreche, wie ich spreche und habe nicht vor mich dahingehend einzuschränken.
Wenn dir das nicht passt, zwingt dich Niemand diese Unterhaltung zu führen."

„Sei nicht immer so kalt..."
Schmollend stand Joey auf und strich Seto versöhnlich über die Schulter „...Meinetwegen kannst du reden, wie du willst. Die Tipps, die ich dir gebe, geb ich dir nur, falls du auch mit Anderen klar kommen willst."

„Wieso sollte ich das wollen?"
„Was? Soziale Kontakte? Na, weil es doch schön ist Freunde zu haben."

„Ich werde den Teufel tun und Menschen als 'Freunde' bezeichnen, für die ich mich verstellen muss!"

„Okay... fair. Aber so wie du bist, machst du's Leuten halt echt schwer mit dir klarzukommen."

Daraufhin setzte sich Seto auf die Bettkante, ohne Joey aus den Augen zu lassen.
„Wheeler... hast du mich jemals etwas ohne System tun sehen?"

„Keine Ahnung.
Weiß ja nicht, was dein System ist."

„Dann lass mich deinen Horizont erweitern: Wer sich nicht bemüht 'mit mir klarzukommen' ist meine Zeit schlicht nicht wert, die in meinem Falle nun einmal bares Geld ist. Ich investiere keinen Cent in wertlose Kreaturen, die Dinge von mir erwarten, die ich nicht zu geben bereit bin. Seien es auch nur geheuchelte Worte."

„Wieso willst du dann das Wochenende mit mir verbringen? Also ich versteh, dass ich jetzt da bin. Klar, du braucht wen für Horus, aber sonst?"

„Du hörst nicht zu."
„Hm?"

„Egal wie fragwürdig ich mich dir gegenüber äußern mag, du schenkst mir immer ein halbwegs authentisches Lächeln. Das ist es, weswegen du hier bist."

„Weil... du dich von mir verstanden fühlst?"
„Nein, das tue ich nicht.
Nicht im Geringsten.
Ganz im Gegenteil."

„Dann muss ich mir wohl mehr Mühe geben."
„Musst du."

'Denn würdest du mich verstehen', dachte Seto bei sich, 'würdest du dich jetzt einfach ausziehen und auf meinen Schoß setzen'...

Stattdessen drückte ihm Joey die kleine schwarze Karte in die Hand, die Seto ihm gestern so achtlos an den Kopf geworfen hatte. „Bevor ich's vergesse. Ich hab noch deine Kreditkarte. Hab sie nicht benutzt! Keine Sorge..."

Seto schob sie ablehnend zurück.
„Behalt sie."

Wild schüttelte Joey daraufhin den Kopf.
„So ein Quatsch!"

„Wieso nicht? Ich habe etwa 18 solcher Karten, Wheeler."
„19!", deklarierte Joey, als er sie ihm ungefragt in die Manteltasche steckte.

Ungläubig schüttelte Seto den Kopf.
„Mir ist noch nie Jemand begegnet, der Geld so  verabscheut, wie du. Dabei sollte gerade ein Sozialfall wie du davon profitieren."

„Quatsch,...", winkte Joey ab. „...ich verabscheue doch kein Geld. Ich liebe Geld, aber eben nur welches, was ich mir auch selber verdient hab. Ich nehm nichts geschenkt. Nur wenn der, dem's gehört auch was davon hat."

Das erntete ihm ein wohlwollendes Nicken.
„Da sind wir uns einig. Allerdings habe ich etwas davon: Ich fühle mich wohler, meine Hunde versorgt zu wissen."

Joey errötete leicht.
„Ähm... das ist echt süß, aber du zahlst echt gut genug. Kann ich nicht beklagen."
„In der Tat. Doch, wenn du ansonsten etwas brauchst... Was auch immer es sein mag..."

Intensiv sah er ihn an. 
So intensiv wie es nur Seto Kaiba konnte. 

Nun war es doch wieder Joey dem unfreiwillige, unheilige Gedanken kamen...

Der CEO, sein HUND und ICH - #Puppyshipping (Joey x Seto Kaiba) FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt