Mein Nerd, sein Kater & ich

35. Ballnacht

Elize

Etwa 3 Monate später in Livingston.

Ich sitze jetzt schon seit zwei Stunden über mein Physikbuch und Versuche mir gerade den Aufbau eines Atoms mit seinen Protonen, Neutronen und Elektronen einzuprägen.

›Die Abschlussprüfungen sind mittlerweile vorbei und ich konnte große Erfolge erreichen. In Englisch mussten wir einen langen Aufsatz über das Thema Gefühle schreiben und ich habe mich entschieden über meine noch jungen Erfahrungen als Mutter zu schreiben. Ich hatte über die Unsicherheiten als junge Mutter berichtet und über die Angst etwas falsch zu machen und am Ende auch über das starke Band der Liebe, das ich zu meinen Kindern bereits nach kurzer Zeit aufbauen konnte. Meine Lehrerin war begeistert und ich heimste damit sogar die beste Note des Jahrgangs ein. In Geographie habe ich es, dank Maxwells Eselsbrücken, auf eine Zwei geschafft und auch in Mathematik lief es ebenfalls total rund und ich konnte mich knapp auf eine Drei retten. In Biologie und Sport stand ich sowieso immer schon auf einer guten Zwei. Bei allen anderen Fächern konnte ich zumindest eine Vier erreichen.‹

›Nur Physik habe ich komplett vergeigt!‹

›Es war die erste Prüfung, die ich nach der Geburt schreiben musste und leider auch die schwerste Prüfung. Da ich aber eigentlich für alle Prüfungen nach der Geburt noch krankgeschrieben war, räumte mir Mr. Sheffield in Physik eine zweite Chance ein. Ich darf in den Ferien die Ersatzprüfung für dieses Fach nachschreiben.‹

›Ich bin dankbar für diese Chance aber Physik will ohne Maxwell an meiner Seite einfach nicht in meinen Kopf hinein gehen. Und jetzt ist diese Note auch noch entscheidend darüber, ob ich einen Abschluss erhalte oder ohne Abschluss von der Schule gehen muss.‹

›Zwar ist ein Abschluss in meinem Fall nicht dringend notwendig, denn durch meinen Dad werde ich mit Sicherheit in irgendeiner Firma eine Ausbildungsstelle bekommen aber ich möchte auch ein echtes Vorbild für meine eigenen Kinder sein!‹

Ich werfe einen kurzen Blick in Richtung meiner zwei Babys aber sie schlafen noch selig und sind trotz ihres frühen Starts ins Leben kerngesund. Sie haben je noch einen kleinen Teddybären neben sich liegen, auf denen der jeweilige Name gestickt wurde und der Bär des Mädchens hat schon deutliche Sabber spuren von sich getragen.

›Gestern war der letzte offizielle Schultag. Ich bin nach der Geburt der Zwillinge erstmal wieder bei meinen Eltern eingezogen und habe nur noch ein paar Sachen aus meiner Wohnung geholt. Ich hätte die Schule und die Zwillinge niemals ohne die Hilfe meiner Familie bewältigen können. Meine Mum ahnte das schon und hat bereits Monaten vor der Geburt eine zusätzliche Tierärztin als Vertretung eingestellt und somit konnte meine Mum hauptsächlich für mich und meine Kinder da sein. Auch mein Bruder hat überraschenderweise alle seine Auslandsreise verschoben oder abgesagt. Er ist ganz vernarrt in die Kleinen und krallt sie sich bei jeder Gelegenheit. Zusammen mit meinem Dad veranstalten die beiden Schnell-Wickel-Wettbewerbe. Sie werfen zunächst eine Münze um zu entscheiden, wer welches Kind bekommen und starten dann gemeinsam die Herausforderung, wer als Erstes den Po sauber gemacht hat und eine neue Windel angezogen hat. Meistens verliert mein Dad, weil er am häufigsten meinen Sohn zieht und der pinkelt ihn oft erstmal lange an.‹

›Es ist so lustig, sowohl für die Babys als auch für uns. Die ganze Familie ist wieder unter einem Dach vereint und die Zwillinge helfen uns allen enorm über den Verlust meiner Großeltern hinwegzukommen.‹

›Aber so langsam muss ich mir Mal ein paar Gedanken über meine Zukunft machen. Was will ich tun? Was ist mein Talent? Ich habe Null Ahnung!‹

Ich schaue erneut in mein Physikbuch und Versuche angestrengt den Text zur radioaktiven Zerfallsreihe zu lesen. ›Nur eines ist definitiv sicher, Atomphysikerin werde ich höchstwahrscheinlich nicht werden!‹