12. Insekt

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Elize

Um halb neun biege ich in die Straße neben der Sportanlage ein. Ich sehe Maxwell bereits an der Baumgruppe stehen und das in voller Montur. Er ist komplett in schwarz gekleidet und trägt eine kleine Lampe um den Kopf. Wie immer hat er einen weiten Pullover und eine Jogginghose an, doch diesmal sogar mit passenden, schwarzen Handschuhen dazu. Er hat sich eine kleine Bauchtasche umgeschnallt, wo wohl sein Einbruchequipment drin steckt.

›Er erinnert mich ein bisschen an ein Insekt!‹

„Hi“, meine ich nur als ich bei ihm angekommen bin.

„Ähm … hi, wie siehst du denn aus?“, meint Maxwell sichtlich irritiert. „Wir wollen in die Schule einbrechen und nicht auf eine Party gehen!“

„Ja ja“, ich winke ab. „Ist doch kein Drama, wenn ich einen kurzen, weissen Rock mit einem passendem roten Oberteil zu meiner hellgelbe Jacke trage! Uns soll doch sowieso niemand erwischen!“

Er rollt unverschämterweise mit seinen Augen. „Aber wenn du in Signalfarben angezogen bist, wird es schwieriger unentdeckt zu bleiben“, entgegnet er mir vorwurfsvoll.

„Paaah, und dein Suchscheinwerfer, auf deiner Birne, ist wohl gar nicht auffällig?“, gebe ich pampig zurück.

„In dem Gebäude wird es dunkel sein, ausserdem ist das mein Kopf und keine Birne. Und du bist eine viertel Stunde zu spät gekommen! Wir haben also nicht mehr viel Zeit“, entgegnet er mir ungeduldig und läuft dann bereits in Richtung Gebäude.

„Wir nehmen das Fenster der Klasse 10b, das liegt am nächsten zur Treppe die hoch zum Sekretariat führt.“

Ich zucke mit dem Schultern. ›Meinetwegen, ich habe nämlich keine Ahnung, wo in dem Gebäude, welche Klasse liegt und das Sekretariat kenne ich nur, weil ich öfter Mal zum Direktor zitiert wurde, wegen meiner Schwänzerei.‹

Wir gehen ein Stück durch die Büsche, um das große Gebäude herum. Ich folge Maxwell, bis er plötzlich vor einem der vielen Fenster stehen bleibt.

„Das nehmen wir!“, bestimmt er.

„Okay“, sage ich nur und nehme einen großen Stein vom Boden, um damit die Scheibe einzuwerfen. Als ich Schwung hole, hält er mich plötzlich am Arm fest.

„Spinnst du, wir wollen doch nichts beschädigen, außerdem würde das viel zuviel Lärm machen!“

„Aha, und wie sollen wir dann ins Gebäude kommen, du Schlaumeier?“

Er grinst mich wissend an und zieht ein großes, quadratisches Plastikstück aus seiner Bauchtasche. Das an einer Kante dünner verläuft.

„Hiermit!“ Dann geht er zum Fenster und schiebt das große Plastikstück, am unteren Rand zwischen Rahmen und Fenster. Einmal drückt er nach unten und nach außen bis das Fenster leicht knackt. Dann setzt er das Plastikstück am rechten Rand des Fensters an, ebenfalls zwischen Fenster und Rahmen. Er drückt zur Seite und es ertönt erneut ein leichtes knacken. Zu guter Letzt kniet er sich auf das Fensterbrett und geht mit dem Plastikstück an den oberen Rand von Rahmen und Fenster und wiederholt erneut diesen Vorgang, um auch den oberen Schließmechanismus auszuhebeln.

Das Fenster springt einfach auf, so als wäre es normal geöffnet worden!

„Diese Fenstermodelle haben keine besondere Sicherheitsstufe. Es wäre schlichtweg zu teuer geworden alle 486 Fenster der Schule mit Einbruchsicheren Fenstern auszustatten“, erklärt er mir stolz und ich habe das Gefühl, dass er die Fenster unserer Schule tatsächlich gezählt hat!

„Machst du das öfter?“, frage ich und blicke ihn neugierig an als er wieder vom Fensterbrett steigt.

Er wird etwas rot. „Meine Granny Magda wollte mir keinen Schlüssel für die Haustür geben. Sie dachte ich würde ihn immer verlieren, dabei war sie es, die uns öfters ausversehen ausgesperrt hat. Nach dem zweiten Mal, wo ich durch meine Trassentür einbrechen musste, hatte ich den dreh raus“, meint er schulterzuckend. „Das Plastik Stück habe ich dann immer unter einem Blumentopf im Garten aufbewahrt.“

Mein Nerd, sein Kater & ichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt