Eine Prophetin, die vor zehntausend Jahren im Dienste Hyrules stand. Raisa hätte alles für möglich gehalten, doch nicht, dass ihre Linie dorthin zurückführte. In ein Zeitalter, das maßgeblich für die Gestaltung ihres bisherigen und jetzigen Lebens verantwortlich war. Und obendrein sah diese Prophetin ihr auch noch zum Verwechseln ähnlich. Von einem Zufall konnte hier nicht die Rede sein! Das machte diese Entdeckung zum einen interessant, zum anderen stellte sich die Hylianerin nur noch mehr Fragen. Kaum war sie einem Mysterium auf der Spur, offenbarten sich ihr zwei neue Geheimnisse.
Raisa besaß nicht annähernd genügend Vorstellungskraft, um eine Erklärung für diese Umstände zu finden. Wie ironisch, wo sie doch diejenige war, die neben der Gegenwart noch eine andere Zeit und Wahrheit erblicken konnte.
„Wenn Ihr erlaubt, werde ich Euch aufklären", sprach Lehra und griff nach einem Dokument, das auf dem Tisch ausgebreitet lag. Die Shiekah schob ihre Brille zurecht und musterte die beiden Recken etwas abschätzend. „Ich kann davon ausgehen, dass Ihr mit der Legende von vor zehntausend Jahren vertraut seid?", fragte sie noch einmal prüfend. Raisa verschränkte ihre Arme und nickte leicht, während Revali das wichtigste kurz zusammenfasste: „Mit dem Vorhaben, die Verheerung Ganon ein für alle Mal zu vernichten, erbauten die Hylianer mit den Shiekah zusammen die Titanen und Wächter. Aus den Völkern Hyrules wurden Krieger erwählt, die Seite an Seite mit der Prinzessin und dem Helden kämpften." Wie man anhand des Verlaufes der Geschichte und ihrer derzeitigen Situation jedoch erkannte, war dieses Vorhaben eher weniger von Erfolg gekrönt gewesen.
„Richtig. Die Bewohner Hyrules wollten den ewigen Kreislauf der Reinkarnation brechen, als sie von der erneuten Rückkehr der Verheerung erfuhren. Von dem, was wir in Erfahrung bringen konnten, war diese Frau, Reliah, zu jener Zeit Prophetin am königlichen Hof. Das Ausmaß ihrer Begabung können wir heute nicht einmal erahnen, doch feststeht, dass sie nach Belieben in die Zukunft blicken konnte... Die Zukunft, die Vergangenheit... Und jede alternative Realität. Wer mit solchen Kräften gesegnet ist, stellt natürlich jeden einfachen Weissager in den Schatten." Auf Lehras Worte hin blickte Raisa erneut auf die präzise Malerei in dem Buch. Nicht nur im Aussehen, sondern auch in den Fähigkeiten schien es Ähnlichkeiten zu geben. Wobei sich Raisa wohl oder übel eingestehen musste, dass Reliahs Fähigkeiten weit über den ihren standen, wenn die Überlieferungen der Wahrheit entsprachen.
Goldene Augen, die selbst in gemalter Form intensiv wirkten; langes braunes Haar, das in edlen Locken ihren Körper hinabfiel; goldener Haarschmuck, der sich zwischen den Locken in filigranen Linien zeigte und fast schon spielerisch mit diesen verwob; weiße Roben, die mit Stickereien versehen waren. Würden sie einander, bis auf kleinere Unterschiede, nicht so ähnlichsehen, so hätte Raisa sie für eine fremde Adlige gehalten. Etwas unzufrieden stimmte sie dieser Gedanke schon, wo sie doch dem Adel nicht sehr positiv gegenüberstand. Herauszufinden, dass sie über Jahrtausende hinweg einer solchen Linie entsprang, würde an ihrer jetzigen Situation nichts ändern – ein kleiner, bitterer Beigeschmack würde jedoch bleiben. Wobei sie sich eingestehen musste, dass an dieser Reliah etwas anders war, im Vergleich zu dem Adel, dessen Gesellschaft sie bisher teilen musste. Sie strahlte etwas geheimnisvolles und fast schon gefährliches aus, eine Aura, die nur schwer in Worte zu fassen war. Zudem wirkte sie stolz und selbstbewusst. Aus einem ihr unerfindlichen Grund hätte Raisa diese Prophetin gerne einmal zu Lebzeiten gesehen. Und wenn nur dafür, um zu sehen, ob sich ihre Vermutungen bezüglich Reliah bewahrheitet hätten.
„Solch eine Macht kommt sicherlich nicht von irgendwo. Mich würde interessieren, wie sie an diese gelangt ist. Der Ursprung dazu wird aber sicherlich im Laufe der Zeit verloren gegangen sein", sprach Revali, dessen Blick ebenfalls auf das Buch gerichtet war. Wobei er zwischen diesem und Raisa etwas hin und her sah. Es war ein Gedanke, den er für sich behalten würde, doch Raisa gab ein wirklich gutes Modell für Malereien ab. Sowohl in Epysa als auch hier hatte er sich davon überzeugen können – gut, die Frau auf dem Bild hier war zwar nicht Raisa, doch wer das nicht wusste, würde sich sofort täuschen lassen.

DU LIEST GERADE
Until the last heartbeat
RomanceJahrhunderte vergingen, seit die Recken im Kampf gegen die Verheerung fielen. In diesen Jahrhunderten herrschte nichts als Frieden, was den einstigen Kampf immer mehr in Vergessenheit geraten ließ. Bis zu dem Tag, an dem eine Weissagung die erneute...