Kapitel 20 - Wohin Träume uns führen

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Von allen Minen, in denen in Hyrule geschürft wurde, war die nördlichste in Eldin eine Fundgrube für jede erdenkliche Kostbarkeit. Seit Jahrhunderten förderten die Goronen alles Mögliche aus ihr heraus und profitierten von diesem Schatz in den Tiefen unterhalb des heißen Steins. Es gab keine Örtlichkeit in Hyrule, in der nicht wenigstens ein Juwel aus jenen Minen zu finden war. Marek hatte Revali bereits davon berichtet, wie wichtig diese Mine für die Goronen war. Doch nun, wo sich der Orni selbst auf dem dunklen Stein entlang des Magmas bewegte, nun, wo ihn die schier unerträgliche Hitze eben dieser beinahe zu Boden gehen ließ... Erst an diesem Punkt fing er an, Mitleid zu empfinden. Für all die Goronen, die als Bergarbeiter seit Jahrhunderten diese Tunnel der Hölle weiter und weiter ausgearbeitet hatten.

Selbst seine Brandschutztränke schützten nicht davor, dass ihm diese Hitze wirklich an den Verstand ging. Und, natürlich, verärgerte dies Revali. Eines gab es, bei dem er sich mit Raisa immer einig war, darauf konnte er blind vertrauen; nämlich, dass die eigene Schwäche schlichtweg demütigend war. Er befand sich hier auf fremdem Terrain, auf dem Bedingungen herrschten, die sofort seinen Tod bedeuten würden, hätte die Alchemie nicht diese natürlichen Gesetze für eine gewisse Zeit außer Kraft gesetzt. Natürlich war er im Nachteil, natürlich war dies keine Schande und dennoch nagte es an ihm.

Sie überquerten in diesem Augenblick eine Stahlbrücke ohne Geländer, deren Boden zu einem Gitter gesponnen war, sodass man hinunter in den heißen Magmasee zu ihren Füßen sehen konnte. Marek musste immer wieder stehen bleiben, da Revali hinterherhinkte. Seine Krallen verfingen sich in den Gittern, was ihn sichtlich ärgerte, denn er fing an lautstark darüber zu fluchen, wie sehr ihm diese Reise auf den Geist ging. Worte wie „dreckige Medizin" oder aber „verdammte Prinzessin", waren zu hören, wobei letzteres besagte Prinzessin besser nie erfuhr. Marek hatte Mitleid mit ihm. Zu fliegen wäre auch keine weise Entscheidung, es würde die heiße Luft nur noch in Zirkulation bringen. „Wenn du dich ärgerst, vergeudest du deine Energie. Das isses nicht wert", versuchte der Gorone ihn zu besänftigen, aber das war wohl vergebens.

Revalis Sicht war von den Auswirkungen der brennenden Hitze getrübt, sein Kopf fühlte sich an, als hätte ein Steinspalter darauf getanzt und nun auch noch dieses Gitter – er hatte schlichtweg das Ende seiner Toleranz mal wieder erreicht und musste dies kundtun. Dass er dabei Energie verschwendete, war ihm herzlich egal. In Momenten wie diesen schlug das Karma aber schnell zurück. So befreite er seine Krallen mit Gewalt und wäre durch den plötzlichen Ruck beinahe von der Brücke gestürzt, konnte sich aber grade so fangen. „Alles klar bei dir?" Marek und drehte sich zu Revali, der nun verdrossen an ihm vorbeiging und ein bissiges „Ja!" hervorbrachte.

„Denk einfach an dein Mädchen." Selbst so ein starker Gorone wie Marek war sich sicher, dass es keine stärkere Kraft und bessere Motivation als die Liebe gab. „Sie ist nicht mein Mädchen!", stöhnte Revali genervt und rieb sich mit seinem Flügel übers Gesicht. „Na dann isses an der Zeit das zu ändern, hm?" Der Orni seufzte daraufhin. Diese Unterhaltung würde zu nichts führen. Bevor er vom Thema ablenken konnte, hatte Marek ihn bereits zur Seite gezogen, in einen Gang, der quer zu dem ihren verlief. Eine weitere Gruppe an Goronen patrouillierte die Tunnel entlang. Unbewaffnet wie er war, zog Revali es vor, nicht entdeckt zu werden. So hielt er sogar mit dem hämmernden Gefühl im Kopf die Luft an, sodass er sein Herz in seinen Ohren pochen hören konnte, während die Goronen weiter ihres Weges gingen.

„Das war knapp. Wir schein' uns dem Salamander zu nähern. Aber sag mal, was hast'n eigentlich vor? Ich wüsst' nicht, wie man den wieder aufweckt?", fragte Marek und drehte sich zu Revali. „Nun, ich...", erwiderte Revali zögerlich, verschränkte dann aber die Flügel vor der Brust und schaute auf. „Ich bin ein Recke. Ich weiß solche Dinge zu handhaben", entgegnete er überzeugt und schritt weiter voran. Marek sah dem jungen Mann vom Volke der Orni zweifelnd nach und strich sich dabei über den Bart. Vielleicht aber verstand er auch einfach nichts von diesem Dingen.

„Die Größe dieser Mine hat Ausmaße, die ich mir nie vorgestellt hätte. Ist es überhaupt möglich, sich ohne weiteres zurechtzufinden?", fragte Revali, der Marek wieder die Führung übernehmen ließ. „Aye. Wir Goronen kennen unser'n Stein und Fels. Wurde uns in die Wiege gelegt. Aber bei dir isses was anderes", erwiderte Marek, wobei der letzte Satz auf mehr als nur die Orientierung in diesen Schächten anspielte. „Das klang nicht sehr freundlich", warf Revali ihm sogleich vor. Seine Ohren waren auf derartige Dinge getrimmt und jeder, der den Orni kannte, wusste wie schnell er etwas persönlich nehmen konnte. „Ah, nichts gegen dich, Kleiner, aber..." Die Worte des Goronen versiegten, als sie wieder vor großen, stählernen Türen standen, wie es sie auch am Eingang zu der Mine gab. „Hier sind wir. Dahinter ist das Herzstück der Mine. Dein Feuersalamander wird dort sein. Und Rongara vermutlich auch", erklärte Marek.

„Gut. Dann ist meine Stunde endlich gekommen, ich war schon viel zu lange tatenlos. Doch zuvor gibt es zwei Dinge, die ich zu Wort bringen möchte. Was gedenkst du zu tun, wenn Rongara vertrieben ist? Ihr Goronen mögt zwar wieder über die Freiheit verfügen, das zu tun, was euch beliebt, doch irgendjemand wird die Führung übernehmen müssen." Des Ornis grünen Augen musterten den Schmied vor sich, der sich unsicher über den Bart strich und dessen blauen Augen einen Ausdruck des Unwohlseins vermittelten. „Dafür wird sich schon wer finden", brummte Marek und wandte seinen Blick von Revalis stechenden ab.
„Nein, nicht irgendwer. Du wirst diese Aufgabe übernehmen, denn es gab keinen anderen, der sonst etwas an dieser Situation zu ändern imstande war. Aus Angst, Furcht oder welchen Gründen auch immer. Jeder hat weggesehen. Wegsehen ist einfacher, das weiß ich selbst. Doch abgesehen davon: Wer wäre besser für diese Position geeignet, als ein Held der Goronen?", fragte der Orni, bewusst überspitzt. „Ich bin aber kein Held!", polterte es zurück, was die Frage aufwarf, wie jene, auf der anderen Seite, es überhören konnten.

„Was mich zu dem zweiten Punkt führt, den es anzusprechen gilt." Und allein der Gedanke trieb auf Revalis Gesicht ein süffisantes Grinsen.

In Gerudo-Stadt brach bald ein neuer Morgen an. Die Sonne begann ganz langsam damit, sich über den sandigen Horizont zu schieben. Doch solange ihre Strahlen unentdeckt blieben, färbte es den rabenschwarzen Nachthimmel lediglich in dunklere Blautöne und die Sterne begannen zu verblassen. In den Gewölben unterhalb der Stadt herrschte jederzeit die gleiche Dunkelheit, ganz gleich, wie die Sonne oder der Mond sich bewegten. Das einzige, das Licht spenden mochte, waren Kerzen und Fackeln, die die Wände zierten.

Das Erste, was sie zu Gesicht bekam, war ein verschwommenes Abbild ihrer Beine. Es brauchte ein wenig, bis Raisas goldenen Augen sich schärften. Damit, allerdings, erwachten auch ihre anderen Sinne wieder und auch ihre Erinnerungen. Schnell zog sie ihren Kopf nach oben, so schnell wie ihr Herz zu schlagen begann, doch bereute sie diese Entscheidung sogleich, als sich ein Schmerz, angefangen bei ihrem Nacken, ihren ganzen Rücken herunterfraß. Sie war zusammengezuckt und hatte ihre Augen zusammengekniffen, bis der Schmerz wieder nachließ. Dafür durfte sie die anderen Unannehmlichkeiten recht schnell feststellen; ihre Arme waren über ihrem Kopf in Ketten gelegt, zudem befand sie sich in einer Zelle... Wo? Das konnte sie nur mutmaßen. Zudem hatte man sie entwaffnet und ihr viele weitere Gegenstände abgenommen, wie ihren Reckenschal.

„Seid Ihr endlich aufgewacht? Das war ein ziemlich starkes Schlafmittel", die Stimme klang jung und in Raisas Ohren seltsam vertraut. Dennoch ließ sie sich ihre leichte Überraschung nicht anmerken, als sie in ihrem dunklen, staubigen und steinigen Verlies die Gerudo vor sich erblickte, die den Schmuckstand am Basar betrieb. Sie hatte sich vor die Zellentür auf Raisas derzeitige Höhe hinunter gehockt und grinste voller Amüsement. Oder eher Schadenfreude?
„Es scheint irgendwie an mir zu haften, dass wann immer ich diese Stadt betrete, ich in Gefangenschaft lande", erwiderte Raisa und brachte die Schmuckhändlerin damit zum Lachen. „Oh, Ihr habt wirklich einen guten Sinn für Humor und verliert diesen auch nicht so leicht!", teilte die Rothaarige erfreut mit. Den Witz hinter ihren Worten fand Raisa nicht, für sie war dies eine lästige Angelegenheit. Mehr nicht.

„Ich werde Sonoha zu Euch bringen. Sie wird sich mit Euch unterhalten wollen", sprach die Händlerin und stand auf. „Das beruht auf Gegenseitigkeit", murmelte die Hylianerin und lehnte ihren Hinterkopf gegen den kühlen Stein hinter sich. Ihre spitzen Ohren vernahmen erst Schritte, die sich entfernten, dann, nach kurzer Dauer, Schritte, die sich näherten. „Ich hätte nicht gedacht, dass du davon so viel trinken wirst. Die meisten verlieren bereits nach drei Schlucken das Bewusstsein", sprach Sonoha, während sie die Zelle betreten und sich einen Hocker herangezogen hatte, um auf diesem Platz zu nehmen. Neben sich stellte sie einen großen Beutel ab, den sie mitgebracht hatte.

„Ich bin eine schlechte Verliererin", entgegnete Raisa daraufhin, was Sonoha leicht zum Lachen brachte. Allmählich fragte sie sich, ob an ihrer Stimme irgendetwas seltsam war, anders konnte sie sich nicht erklären, wieso ihre Entführer so viel Spaß an ihren Worten fanden. Das Lachen der Gerudo verschwand aber so schnell, wie es gekommen war. Sie griff in den Beutel und zog Windbrecher, Raisas Schwert, heraus, woraufhin sich der Blick der Besitzerin nur noch mehr verdunkelte. „Das ist ein schönes Schwert. Und ein bekanntes obendrein. Hast du es geklaut?", fragte Sonoha dann fast schon provozierend.

„Ich brauche mein Eigentum nicht zu stehlen. Du würdest gut daran tun, es aus deinen Händen zu legen." Die Drohung der Hylianerin ignorierend, zog die Gerudo noch etwas hervor. Es war ihr Reckenschal, im Blau der Königsfamilie von Hyrule. „Dann nehme ich an, der gehört auch dir, Raisa, Recke der Hylianer?" Raisas Augen ruhten auf dem blauen Schal und sie konnte nicht anders, als langsam die Nerven zu verlieren. Sie wurde doch gefangen genommen, da sie ein Recke war, warum wurde sie nun danach gefragt? „Offensichtlich", antwortete sie gepresst auf die Frage.
„Gut, wenn du ein Recke bist, dann muss ich dich um etwas bitten. Es handelt sich dabei um eine heikle Angelegenheit." Sonohas Worte waren voller Ernsthaftigkeit und genauso eindringlich blickte sie mit ihren grünen Augen zu Raisa hinab.

Allerdings war es nun an dieser zu lachen, lange, ausgiebig und als hätte sie den Witz ihres Lebens gehört. „Ich werde gejagt, betäubt, entführt und zu guter Letzt eingesperrt. Und nun soll ich dir helfen?", die Belustigung in ihrer Stimme schwand mit jedem Wort und wurde mit wachsender Rage ersetzt. „Wenn das kein Scherz ist, tätest du gut daran, über dein Vorgehen nachzudenken, denn nach allem werde ich gewiss nicht helfen, Sonoha."

Sichtlich wenig erfreut über Raisas fehlenden Kooperationssinn stand die Gerudo von ihrem Hocker nun auf und sah nicht mehr zu der Hylianerin, sondern auf diese hinab. „Das Bitten war eine freundliche Geste. Aber für dich wird es aus diesem Verlies nur einen Weg hinaus geben, Recke. Entweder du hilfst uns oder zu verkommst zu Wüstenstaub." Die Kriegerin biss sich leicht auf die Lippe, hoffend, dass diese Worte ausreichten, um Raisa noch zur Kooperation zu bewegen. Bewegen tat sich allerdings nur der Körper der Hylianerin, denn trotz ihrer Fesseln an den Händen war sie mit einem Ruck aufgestanden.

„Ich reagiere allergisch auf Befehle und Drohungen, besonders wenn man sich mir gegenüber respektlos verhält. Obendrein hast du dein Wort mir gegenüber gebrochen. Ob du ein Ehrgefühl hast oder nicht, ist mir egal, doch wisse, dass dort wo ich herkomme, ein Wortbruch die größte Schande ist, mit der man sich selbst beflecken kann. Und jetzt lass mich dir eine Warnung mitgeben: Gib mir keinen Grund, Hass und das Bedürfnis nach Rache zu entwickeln." Es war ihr gleich, ob die besten Gerudo-Kriegerinnen dieser Zeit sie gefangen hielten. Würde man sie weiterhin hier festhalten, dann würde sie einen Weg hinausfinden. Und wenn sie Teile ihrer Hände abbeißen musste, um aus den Ketten zu entwischen, dann war sie bereit dazu!

„Dann verfalle zu Staub", waren die Worte der Gerudo, ehe sie sich umdrehte. Den Beutel mit Raisas Gegenständen verstaute sie außerhalb der Zelle und auch diese schloss Sonoha ab, ehe sie wieder in den Tiefen der Untergrundfestung verschwand.

Wenn Raisa nur wüsste, dass sie in diesem Augenblick nicht der einzige Recke war, der tief unter der Erde eingesperrt wurde. Revali erging es da ziemlich ähnlich. In einem Käfig aus Stahl, der an einer künstlichen Decke befestigt war, baumelte er nun oberhalb des heißen Magmas. Lachend betrachtete Rongara ihn vom festen Grund aus. „So so, jetzt hat unser Vogel also endlich sein' richtigen Platz wiedergefunden. Wie hängt's sich dort? Das dürfte dich dran erinnern, was man ursprünglich mit deiner Art gemacht hat! Hehe." Mit einem äußerst unbeeindruckten Blick sah Revali zu dem Goronenanführer herüber. „Man hat uns Orni nie – ach, egal...", seufzte er, wissend, dass es unsinnig war, etwas zu erwidern.

„Aber ich muss schon sagen, dass du es ganz alleine geschafft hast, in diese Mine einzudringen und so weit zu kommen... Zu blöd, dass du kurz vor deinem Ziel gefasst wurdest und nun alles vergebens is'!" Noch immer amüsierte sich der Gorone an Revalis Situation, während dieser größte Mühe hatte, dieses Getratsche weiterhin zu ertragen. „Wahrlich, eine Tragödie", erwiderte der Orni und haute seinen Kopf gegen die Eisenstäbe des Käfigs. Sein Blick wanderte über seine Umgebung, auf der Suche nach etwas, das interessanter war als Rongara, aber nicht der Titan Vah Rudania. Denn dieser ruhte ganz offensichtlich halb versunken in dem Magma unter ihm.

Er befand sich ganz offensichtlich im Todesberg, genauer gesagt im Krater. Blickte man durch die angelegte Decke aus Gittern, konnte man den Nachthimmel erblicken. Da der Todesberg seit Jahrhunderten ruhte, wurden der Krater mit derselben Gitterkonstruktion, wie es auch einige Brücken in der Mine waren, begehbar gemacht.

„Also, es wird langsam Zeit, dass du uns sagst, hinter was du her warst, ansonsten gehste in Lava planschen, kleiner Vogel", drohte Rongara dem Recken, der kurz davor war, seinen Kopf erneut gegen die Eisenstäbe zu hauen. „Ich bin aus dem gleichen Anliegen gekommen, mit dem ich auch vor einigen Stunden vor Euch getreten war. Wärt ihr gewillt gewesen, mir auch nur länger als einen Wimpernschlag Gehör zu schenken, wüsstet ihr, dass ich mit keinen bösen Absichten diesen Titanen aufsuchen wollte. Ignoranz ist eine Last der Welt", sprach Revali. Und er wusste wohl am besten, wovon er da sprach.

„Grr! Das bereuste mir", erwiderte Rongara und bewegte sich auf den Mechanismus zu, der Revalis Käfig in das Magma fallen lassen konnte. Seine gespielte Lethargie nun aufgebend, war er schneller aufgesprungen, als die Echsalfos bei ihrer Jagd. Der Boss der Goronen holte mit seinem Felsenspalter zum Schlag aus, um die Metallkette, die Revalis Käfig hielt, von der Spule mit Kurbel zu trennen. Ein dumpfes Geräusch schallte an den Wänden des Todesberges wieder, doch es war nicht der Käfig, der fiel, sondern Rongara selbst, der von Marek und seinem Felsenspalter einen ordentlichen Schlag versetzt bekommen hatte. „Der steht nich' mehr so schnell auf", sprach der Schmied, laut genug, dass auch Revali ihn verstehen konnte.

Erleichtert ließ sich dieser gegen den Käfig fallen und atmete tief vor Erleichterung aus. Für einen Moment dachte er ja... Doch mit geschlossenen Augen ließ er Revue passieren, was er zuvor mit Marek vor der Eisentür besprochen hatte.

„Wenn du nicht glaubst, ein Held zu sein, dann hör mir zu und du kannst einer werden. Wir wissen nicht, was uns auf der anderen Seite erwartet und bevor sie uns beide schnappen, lass mir den Vortritt. Ich spiele diese Rolle nur äußerst ungern, doch ich habe bis auf meine Flügel keinerlei Fähigkeiten und auf diese Weise kann ich nichts ausrichten. Ich lasse mich daher fangen. Nutze du die Gelegenheit und überwältige, was auch immer uns dahinter erwartet, wenn sie abgelenkt sind", erklärte Revali seinen Plan. Marek nickte nur langsam, wusste nicht ganz, ob er dem so zustimmen sollte. Was, wenn sie den Orni gleich, ohne Umschweife, in das Magma warfen?

„Da wäre noch etwas. Für den Fall, dass ich nicht dazu in der Lage bin und die Situation brenzlig wird, erkläre ich dir, wie du den Titanen reaktivierst. Du musst die Steuerungseinheit mit deiner Hand berühren. Du findest sie auf der oberen Fläche des Titanen, nicht zu übersehen. Vertrau mir, was das angeht."


„Ich werde dich nun ein bisschen runterlassen, junger Orni. Sammle dann Schwung und ich befrei dich", erklärte Marek, während er nach der Kurbel an der Spule griff und diese zu drehen begann.

„Pass auf!", rief Revali daraufhin, schreite es beinahe schon. „Ich bin doch vorsi...", noch bevor der Gorone zu Ende sprechen konnte, setzte Revali ein „Hinter dir!" nach.
Nun war es Marek, der mit dem Felsenspalter einen ordentlichen Schlag abbekam, der ihn ein Stück weit von der Spule wegschleuderte und vor allem seinen eigenen Felsenspalter von der gitternden Fläche hinunter in das Magma fallen ließ.

„Jetzt hat's sich ausgespielt! Ich lass mir meine Position nich' von einem Vogel und einem nutzlosen Schmied wegnehmen!", rief Rongara und trat zuerst die Kurbel ab, woraufhin sich Revalis Käfig in den freien Fall begab. Revali, unüberwindbar dort drinnen eingesperrt, bekam Herzrasen und Panik. Die Augen zusammengekniffen, dachte er nur daran, dass er jede Sekunde in dieser heißen Hölle sterben würde. Nein, sein wirklich letzter Gedanke huschte zu Raisa, bereuend, dass er ihr nicht näher gekommen war und fragend, ob sie so etwas wie Trauer verspüren würde.

„Nein!", stieß nun Marek aus, der sich wieder aufgerappelt hatte. Der Schlag hatte ordentlich gesessen, doch wenn er sich davon kleinkriegen lassen würde, wäre der junge Orni, der sein ganzes Vertrauen in ihn, alten, zweifelnden Goronen gesetzt hatte, verloren. Er war auf den Anführer der Goronen zugestürmt und hatte diesen zu Boden geworfen, ehe er nach der Kette griff, die unkontrolliert von der Spule rollte. Die herrschenden Kräfte hätten ihn fast mitgerissen, doch er schaffte es zumindest, unter Aufwendung all seiner Kräfte, den Fall zu stoppen. Mit der abgebrochenen Kurbel versuchte er, die Spule zu blockieren, sodass sie nicht weiter abrollte. Dafür stieß er das abgebrochene Ende durch ein Kettenglied und verkeilte die Kurbel in dem Gitterboden. Ewig halten würde es nicht, doch es würde ihm Zeit verschaffen.

Rongara hatte sich wieder gefangen und Marek ein Schlag mit der Faust verpasst. Sie beide waren große, starke Goronen, ihre Kräfte ebenbürtig. Es schmerzte, keine Frage. Doch der Schmied gab nicht so schnell auf und wischte sich das Blut aus dem Gesicht. „Für meinen Bruder", sprach er noch, ehe er, lediglich mit den Fäusten zum Gegenangriff ansetzte. Sein Schlag wurde abgefangen und brutal mit dem Steinschwert erwidert. Ohne Waffe war er schlichtweg unterlegen. Obwohl er immer wieder ebenfalls Treffer landen konnte, waren jene von Rongara und seinem Felsenspalter so derbe, dass er bald schon keine Kraft mehr fand, sich aufzurichten.

Revali hatte dieser Auseinandersetzung von unten zugesehen. Es war grausam. Und traurig. Obwohl er nicht behaupten konnte, eine starke Bindung zu Marek zu haben, so respektierte er dessen Wunsch, ein Krieger zu werden und damit so etwas wie ein Held der Goronen. Diesen Traum so zerschmettert zu sehen, erinnerte ihn daran, dass er vor wenigen Augenblicken seinen Traum von einer gemeinsamen Zukunft mit...einer gewissen Person...ebenfalls in Scherben vor sich gesehen hatte. „Reiß dich zusammen, Marek. Du willst doch ein Goronenkrieger sein, wie es der große Daruk einst war!", rief Revali. Nebenbei hing sein Überleben von dem Sieg des Schmieds ebenfalls ab. Er wollte diese Tatsache nur noch einmal...in Erinnerung rufen.

„Ein Krieger wie der große Daruk, dass ich nicht lache! Warum nich' gleich vom Schmied zum Helden? Hehe!", spottete Rongara und machte sich für den letzten Schlag bereit. Motiviert von den Worten des jungen Orni, wollte sich Marek aufrichten, doch er hatte keine Kräfte mehr. Zu viele Treffer hatte er einstecken müssen, zu viel Energie hatte ihn das Kämpfen geraubt. Dies wäre seine Chance gewesen, ein Krieger und Held zu werden, doch es war wohl vergebens. Er war ein Schmied, nicht mehr, nicht weniger.

„Schon am Ende? Dann muss ich dir wohl ein paar meiner Kräfte schenken, ha ha ha!"

Es war eine Stimme gewesen, in den tiefsten seines Hinterkopfes. Vielleicht hatte er sie in diesem Augenblick auch nur erfunden. Nichtsdestotrotz erlangte er ein Gefühl von Stärke, dass er noch nie zuvor verspürt hatte. Bevor Rongaras Schlag ihn treffen konnte, hatte er die Fäuste ausgestreckt. Nur verschwommen konnte er etwas wie ein oranges Licht ausmachen, dass ihn umgab. Dieses Licht verhinderte nicht nur Rongaras Schlag, es ließ ihn abprallen wie einen Gummiball, worauf er taumelnd nach hinten fiel. So weit, dass es ihn bis über die Grenze des gitternden Bodens führte. Ohne Aussicht auf Rettung fiel der Boss der Goronen um sein Leben schreiend hinunter in das Magma. Revali sah weg, selbst Marek tat es ihm gleich. Dies war es also, das Ende der Geschichte von Rongaras Tyrannei, für das Revali, allen voran aber Marek, gekämpft hatte.

Die Geschichte um Raisa und die mysteriösen Gerudo-Kriegerinnen hingegen war noch lange nicht zu Ende erzählt. Noch immer in Gefangenschaft, tief unterhalb von Gerudo-Stadt, rebellierte der Recke gegen eben jenen Zustand. Mit aller Kraft, die sie in ihrem etwas durstigen und hungrigen Körper aufbringen konnte, zerrte sie an den Eisen, die ihre Handgelenke umfassten. Rote Abdrücke zeigten sich bereite an ihren Gelenken, an ihrem rechten Arm floss sogar ein Rinnsal von Blut hinab. Nicht, dass dies Raisa stoppen würde. Diese Gefangenschaft länger einfach hinzunehmen, kam für sie nicht infrage. Jedes Mal, wenn sie erneut an den Eisen zerrte, durchfuhr ihr Körper ein Zucken und sie musste die Zähne fest zusammenbeißen, um das Stechen und Brennen in ihren Handgelenken erdulden zu können. Ihre Brust hob sich und sank schnell, an ihren Schläfen liefen Schweißtropfen hinab – alles Indikatoren für die Kraftaufbringung, die sie seit einiger Zeit tätigte.

Wider ihrer Erwartung, wurde ihr Verlies allerdings wieder betreten, erneut von Sonoha, die zunächst schweigend in die Zelle trat. Dann fiel ihr Blick auf die roten, geschwollenen, teilweise sogar blutenden Wunden an Raisas Handgelenken. „Du solltest damit aufhören, das bringt nichts", kommentierte Sonoha den Versuch und nahm wieder auf dem Hocker Platz. „Setz dich und hör mir bitte zu. Du hast recht, mein Handeln war falsch. Ich bitte hiermit um Verzeihung. An der Dringlichkeit jedoch, wie sehr ich, nein, ganz Gerudo-Stadt dich braucht, ändert das jedoch nichts. Wenn ich dir also von diesem Volk erzähle, habe ich die Hoffnung, dass du bleibst und mir aus freien Stücken hilfst, wenn ich dir die Eisen ablege."

Raisa ließ die Worte kurz durch ihren Kopf gehen und achtete skeptisch auf irgendwelche Fallen. Ein zweites Mal würde sie sich nicht hinters Licht führen lassen. Doch vorerst konnte sie keine Hinterhältigkeit ausmachen, also nahm sie zögerlich wieder Platz auf ihrem Heuhaufen. „Also, ich höre", sprach sie und wartete ab.

„Seit einiger Zeit erkranken Gerudos an einer Krankheit, die wir für ausgestorben hielten. Unsere Königin, kein Kind mehr, doch noch immer sehr jung, versuchte sofort die Ursache dafür zu finden oder zumindest, was die Kranken heilen würde. Es stellte sich heraus, dass die Herzen von Moldora das Einzige sind, was diese Krankheit heilt. Das stellt uns jedoch vor ein großes Problem...", erzählte Sonoha und sah etwas beschämend auf ihre Beine, die sie überschlagen hatte. „Kein Problem für mich, ich kämpfte bereits gegen diese Monster", entgegnete Raisa daraufhin gelassen. Wenn sich alle Sorgen damit lösen würden, dann würde sie auf Moldora-Jagd gehen.

„Nein, Recke, auch du kannst nichts dagegen tun. Die Moldora existieren nicht mehr, sie wurden vor einigen Generationen ausgerottet. Die Kriegerinnen der Vergangenheit wollten es nicht länger in Kauf nehmen, dass die Moldora so viele Leben nahmen, so bündelten sie ihre Kräfte und zogen los, um jeden einzelnen Moldora und seine Nachkommenschaft auszurotten. Natürlich sammelten sie die Herzen ein. Die Schamanen unseres Volkes nutzten die Herzen, um die damalige Bevölkerung für diese Krankheit zu immunisieren. Doch offensichtlich hält die Wirkung nicht für alle Zeit an. Generationen später leiden wir nun wieder unter dieser Krankheit. Die Königin weiß nicht, was sie noch für ihr Volk tun soll und ist verzweifelt. Im Gegenzug stellen immer mehr Gerudo sie infrage. Wir stehen am Rande einer Katastrophe und sind immer noch bemüht, dies so gut es geht geheim zu halten. Ich bin meiner Königin treu ergeben und versuche alles, um ihr zu helfen. Aus diesem Grund habe ich diese Elite-Truppe zusammengestellt, um eine Lösung zu finden."

Es gab für Raisa keinen Grund an Sonohas Worten zu zweifeln, dennoch spielte die Gerudo immer noch nicht mit offenen Karten. Wenn sie glaubte, dass Raisa dies nicht bemerken würde... Es war unübersehbar, immerhin fehlte noch die Erklärung für die wohl wichtigste Sache. „Was habe ich damit zu tun? Woher weißt du, dass ich den Gerudo helfen kann? Du musst dir sehr sicher sein, wenn du so weit gehst, mich zu entführen und hier einzusperren, obwohl ich für mein Gemüt bekannt bin?", fragte Raisa nun. Sie würde die Arme vor der Brust verschränken, wenn sie es könnte.

„Bevor ich eine Kriegerin wurde, gehörte ich zu den Schamanen. Ich habe ein wenig der alten Künste genutzt, die ich damals gelehrt bekommen habe, um mich selbst in eine Trance zu versetzen. Dabei hatte ich eine Vision. Bilder, die die Zukunft zeigten, spielten vor meinem inneren Auge ab. In einem Labyrinth tief in der Wüste soll sich die Lösung finden, die Katastrophe dieses Volkes abzuwenden. Und als Person, die mit mir das weite Sandmeer überquert, sah ich niemand geringeren als dich, Raisa, Recke der Hylianer." Damit hatte Sonoha alles offenbart, was es zu offenbaren gab. Zudem stand sie auf und befreite den Recken von den Fesseln. „Es steht dir natürlich frei zu gehen, aber... Ich bitte dich, das Volk von Gerudo braucht dich! Ich wäre nie so weit gegangen, wäre dein Beisein nicht essenziell für den Erfolg dieser Mission", bat die Kriegerin erneut darum, dass Raisa ihr half.

Raisa rieb sich schweigend die Handgelenke, sorgte dabei bei jeder Berührung für ein Stechen. Sie musste sich das Ganze noch einmal durch den Kopf gehen lassen, doch schließlich stieß sie ein genervtes Seufzen aus. „Ich willige unter einer Bedingung ein. Ich will einen Gefallen für einen Gefallen. Sobald Gerudo gerettet ist, möchte ich, dass du auch etwas für mich tust", forderte Raisa. Sonoha nickte daraufhin schnell. „Ja! Ich akzeptiere deine Bedingung", willigte die Rothaarige sofort ein.

Um ein hämisches Grinsen kam der Recke der Hylianer daraufhin nicht. „Um was für einen Gefallen es sich handelt, erfährst du, wenn es so weit ist."

Until the last heartbeatWo Geschichten leben. Entdecke jetzt