Kapitel 33 - Ein Besuch in der Heimat

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Weit im Südosten des Landes, in der hylianischen Provinz Necluda, lag die nunmehr kleine Stadt Hateno. Obwohl die Bezeichnung Dorf diesem Ort nicht länger gerecht wurde, so war er doch alles andere, als der Nabel dieser Welt. Ruhe und Gemütlichkeit zeichneten Hateno auch nach all den Jahrhunderten aus. In Abgeschiedenheit von den großen Ereignissen dieser Welt, lebten die Bewohner in Frieden miteinander. Neuigkeiten aus der großen Hauptstadt trafen zumeist gemeinsam mit Händlern, Kurieren und Reisenden ein – und das benötigte eben so lang, wie die Reisen auf sich nahmen. So kam es nicht selten vor, dass manche Dinge gänzlich spurlos an Hateno und seinen Bürgern vorbeiging.

Derweilen ging in der Stadt ein ungewöhnliches Gerücht umher, in welchem von dem Waisenmädchen Rina die Rede war, die seit einiger Zeit als verschwunden galt. Nachdem die königlichen Ritter nach ihr ausgesandt worden waren, soll man sie in Schloss Hyrule angeblich zum Recken der Hylianer ernannt haben. Zu eben jenem Recken der Hylianer, der einst Seite an Seite mit den größten Kriegern Hyrules gegen die Verheerung gekämpft hatte. Und wie diese Kriegerin soll sie sich nun nennen: Raisa

Jeder Bewohner Hatenos schien dieses Gerücht auf eine andere Weise zu erzählen. Die Leiterin des Waisenhauses beispielsweise, die Rina nur als eine Unruhestifterin und Taugenichts kannte, tat dieses Gerücht als märchenhaftes Gerede ab. Die junge Frau, die unter ihren wachsamen Augen aufgewachsen war, mochte scharfsinnig und raffiniert sein, doch darüber stiegen ihre Fertigkeiten nicht hinaus. Sie hatte nie Interesse am Unterricht gezeigt, dem Lernen war sie stets ferngeblieben und ihre Manieren waren praktisch nicht existent. Würde eine solche Person zum Recken ernannt werden, wäre Hyrule dem Untergang geweiht.

Auch Fabién, einer der vielen Bauern, die in Hateno lebten, glaubte nicht, dass dieses Gerücht der Wahrheit entsprach. Er kannte Rina schon seit vielen Jahren, denn als Jugendliche hatte sich diese gemeinsam mit ihrer rothaarigen Freundin, Amina, oftmals ein kleines Taschengeld dazuverdient, indem sie auf seinen Feldern ausgeholfen hatte. Von dem, was er damals gesehen hatte, war Rina kaum in der Lage gewesen, eine Hacke zu schwingen. Wie sollte sie da ein Schwert führen und gegen Monster kämpfen? Allein die Vorstellung war ulkig. Auch seine Frau und Kinder hatten herzhaft gelacht, als er ihnen von diesem Gerücht berichtet hatte, das der Händler Deimos seit seiner Rückkehr aus Hyrule-Stadt erzählte. Er gönnte Rina wirklich nur das Beste, denn wenngleich sie auf dem Feld nicht die geeignetste Arbeiterin war, so hatte sie sich stets verlässlich gezeigt – dass sie zum Recken ernannt wurde, konnte er dennoch nicht glauben.

Unter den Kindern der Stadt nahm das Gerücht auch alle erdenklichen Formen an. Manch einer behauptete, Rina hätte dieses Gerücht selbst in Welt gestreut, da sie seit ihrem Rauswurf erfolglos durch die Welt streifte und sich dafür schämte... Andere meinten, so raffiniert wie sie war, hätte sie jemanden betrogen und war so an den Platz des Recken gekommen. Jemand, der so listig wie besagte Hylianerin war, konnte doch nur auf unlauterem Wege an diese Position kommen! So oder so, es gab kaum jemanden in der Stadt, der daran glaubte, dass Rina aus Hateno tatsächlich Raisa war, die zum Recken der Hylianerin ernannt wurde, weil es nun einmal ihre Bestimmung war.

Die vielleicht einzige Ausnahme in diesem Denken bildete Amina. Sie hatte gesehen, wie Rina mit den königlichen Rittern geritten war! Und am darauffolgenden Tag hatte ihre Freundin von den Erlebnissen in Schloss Hyrule berichtet. Mehr wusste die Rothaarige zwar auch nicht, doch das brauchte sie auch nicht, um von der Richtigkeit des Gerüchtes überzeugt zu sein. Aus diesem Grund versuchte sie den harschen Worten ihrer Mitmenschen entgegenzuwirken und diese zu überzeugen, doch ihr wurde schlichtweg nicht geglaubt.

„Du sagst das, weil du mit ihr befreundet bist."

„Die Wahrheit sieht oft anders aus, Amina."

„Rina hat viel zu viele Fehler, um Recke zu sein."

Wie ein Mantra hörte die Rothaarige diese Phrasen der Bewohner Hatenos. Auch ihre Adoptiveltern machten aus ihrer Skepsis keinen Hehl. Sie hatten Rina noch nie leiden können und waren stets der Meinung gewesen, das Waisenmädchen wäre für ihre Adoptivtochter kein guter Umgang gewesen. Ob das der Wahrheit entsprach oder nicht, darum scherte sich Amina nicht. Sie glaubte einfach nur fest daran, dass Rina zu einem Recken geworden war. Wenngleich sie noch keinen Brief von ihrer Freundin erhalten oder ein Lebenszeichen von dieser gehört hatte, so wusste sie, dass dies die Wahrheit war. Es musste die Wahrheit sein!

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 20, 2023 ⏰

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