Kapitel 2

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A/N:
Danke für euer erstes Feedback, die Votes, die Kommentare, die Nachrichten. Es ist so schön von euch zu hören!

Habt ganz viel Spaß mit dem neuen Kapitel :)

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„Ich habe einfach überall Muskelkater", meckere ich und nippe an meinem Cocktail. Elaine mustert mich kritisch und erwidert grinsend: „Du wolltest doch ein neues Hobby ausprobieren, jetzt heul nicht so viel rum." Ich puste die Luft aus meinen Lungen, lehne mich auf der Ledercouch zurück und stimme ihr zu: „Du hast ja Recht, aber hätte ich geahnt wie anstrengend es ist..." „Hättest du es trotzdem getan! Du hast Spaß, ich sehe es dir an", fällt sie mir ins Wort und trifft damit den Nagel auf dem Kopf. „Hätte ich es trotzdem getan, ja", gebe ich zu und spiele mit dem Ring an meinem Finger, „Vivien ist eine wirklich tolle Lehrerin, du hast nicht übertrieben als du mir von ihr erzählt hast. Ich habe jetzt drei Reitstunden hinter mir und sie wird nie müde einem zu helfen. Egal wie doof ich mich vielleicht anstelle." „Sagte ich doch, sie geht einfach klasse mit den Schülern um, egal wie alt. Und sie ist eine echt gute Seele, sie ist hilfsbereit, zuvorkommend – ein Engel auf Erden, wie meine Mutter immer zu pflegen sagt", Elaine wirft ihr Haar zurück und klemmt es hinter ihre Ohren, „Sie wird den Reiterhof bestimmt mal übernehmen." „Das ist sie wirklich", antworte ich und denke an die letzte Stunde mit ihr zurück. Sie bringt eine Geduld mit, von der ich nur träumen kann und die Fürsorge um mich als ich im Bügel hängen geblieben und fast zu Boden gefallen bin, wärmt mich allein bei dem Gedanken daran. Sie stand die ganze Zeit bei mir als ich meine ersten Aufstiege wagte und als ich das Gleichgewicht verlor, waren ihre Hände schneller an meiner Taille, als ich hätte fallen können. Ich habe auch jetzt noch das Gefühl ihre Hände an meinen Hüftknochen zu spüren und ich rutsche irritiert auf meinem Stuhl nach unten. Ich presse kurz, aber bestimmt die Lippen aufeinander und wechsle das Thema: „Wir sollten mal wieder was Neues probieren. Wie wäre es mit Bowling? Wann fliegt ihr nochmal nach Bali?" Elaines Gesicht erhellt sich, sie beugt sich etwas vor und wispert: „Eine gute Idee, das kriegen wir vorher bestimmt noch hin. Wir fliegen Ende des Monats. Aber ich muss dir noch was sagen..." Sie hält Inne und ich sehe ihr an, wie aufgeregt sie ist. Ihre Lippen sind nur noch ein Strich, aber ihre Augen funkeln, wie die eines Kindes, wenn es vor einer riesigen Eistheke steht und sich nicht entscheiden kann, welche Eissorte es nehmen soll. Sie rutscht noch ein Stückchen vor und fährt fort: „Ich glaube, Ben will mir einen Antrag machen. Ich bin mir nicht sicher, aber es gibt da so ein paar Hinweise." Ihr Gesicht verfärbt sich rot und ihre Aufregung schwappt zu mir über, ich ergreife ihre Hände und frage: „Wirklich?! Oh Gott, wie schön! Hast du etwa einen Ring gefunden?" Elaine erzählt mir von den Geschehnissen der letzten Tage, die ich aufgrund meiner Arbeit und der Reitstunden verpasst habe. Die Hinweise mochten auf einen Antrag hindeuten, ich bestärke sie auch darin, aber behalte meine insgeheimen Zweifel für mich. Sollte ich ihr diese als gute Freundin vorenthalten? Vermutlich nicht, aber der Zeitpunkt jetzt gerade ist nicht der beste, um darüber zu reden, denn Ben und Sebastian kommen genau in diesem Moment durch die Tür der Bar. „Tu einfach so, als hätte ich nie was gesagt", fleht Elaine, die noch immer ganz rot im Gesicht ist. „Wenn du dein Gesicht unter Kontrolle kriegst, kein Problem", stichele ich sie und sie knufft mich daraufhin leicht in den Oberarm.

„Wir haben zwei Runden gewonnen und eine verloren", erzählt Sebastian, der gemeinsam mit Ben und weiteren Freunden beim Lasertag war, „Ihr hättet dabei sein sollen!" Ich lehne mich an meinen Freund und pflichte ihm bei: „Stimmt, bei eurer reinen Männerrunde machen wir bestimmt eine gute Figur! Aber wenn wir mal wieder alle gemeinsam gehen würden, wäre das eine coole Sache!" Auch Elaine nickt, nur Ben scheint etwas daran auszusetzen zu haben: „Aber nur wenn ihr auch Punkte macht. Beim letzten Mal war es eine Katastrophe." Nicht nur Elaine und ich schauen entgeistert drein, auch mein Freund scheint diese Antwort weniger passend zu finden: „Uncool, Bro. Ihr seid immer willkommen, ich freue mich wenn ihr dabei seid! Es geht um den gemeinsamen Spaß, nicht die Punkte, Ben." Ben nimmt einen großen Schluck Bier und presst eine Entschuldigung heraus: „Sorry, Mädels. Die Niederlage frisst wohl an meinem Ego, lasst uns doch direkt einen Termin ausmachen?" Zwar wäre ich auch gerne zum Bowlen gegangen, aber die Diskussion hatte ich direkt verloren. Ich bin froh über gemeinsame Zeit mit unseren Freunden und beschwere mich nicht, ich nehme alles, was ich kriegen kann. Mir geistert noch immer Elaines Vermutung durch den Kopf und ich mustere Ben. Er sieht noch immer etwas gereizt aus und ich wäge die Optionen ab. Es gibt einige Punkte, in denen ich Elaine zustimme, aber auch andere, da zweifle ich an einem möglichen Antrag. Ich wünsche es mir natürlich für Elaine, denn sie wartet schon eine Weile auf einen Antrag. Sie arbeitet die Erwartungshaltung der Gesellschaft an einer Beziehung perfekt ab. Sie ist mit Ben zusammengekommen, da waren sie frische 18. Ihre erste Wohnung bezogen sie mit 22, jetzt planen sie bereits ein Haus. Sobald geheiratet wird, was beide wollen, möchten sie zwei Kinder. Diese Art von Planung ist nichts für mich, aber Sebastian ist da ähnlich drauf und immer, wenn wir über diese Art von Beziehungen und Abläufe reden, geraten wir in Streit. Wir haben noch nicht mal unsere erste eigene Wohnung schön eingerichtet, wie soll ich da schon an die nächsten Schritte denken? Es ist nicht, dass ich mir das nicht mit ihm vorstellen kann, aber in mir brodelt nicht diese Begeisterung, wie in Elaine. Ich verspüre nicht den Drang zu heiraten, Kinder zu kriegen, oder einen perfekten Ablauf abzuarbeiten, auch wenn die Gesellschaft das von mir erwartet. Allerdings spüre ich, dass es das ist, was Sebastian will und dann sollte ich das auch wollen, oder? Ich bin mittlerweile in einem Alter, in denen Freunde und Bekannte denselben Weg wie Elaine und Ben einschlagen, ich werde Fragen ausgesetzt, die ich nicht beantworten möchte. Wann ist es bei euch soweit? Wie, er hat dir noch immer keinen Antrag gemacht? Wollt ihr Kinder? Wollt ihr Heiraten? Wie wäre es mit einem Haus? Ich lenke meine Gedanken wieder auf das Gespräch meiner Freunde und bemerke erst jetzt Sebastians Hand, die liebevoll auf meinem Knie liegt. Sein Daumen streicht immer wieder über die Innenseite meines Schenkels und er schenkt mir ein aufrichtiges Lächeln als ich zu ihm schaue. Das schlechte Gewissen in mir brodelt und ich nehme einen Schluck von meinem Getränk und mache mich über die Nachos her, die in unserer Tischmitte stehen. Was ist nur los mit mir?

Vom Flieder so bunt (gxg)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt