Kapitel 5

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Wir sitzen am Küchentisch und Sebastian tippt erneut die Summe der Rechnung in den Taschenrechner: „Die wollen mich echt verarschen. Da kann ich das Auto auch verschrotten lassen. Wir machen Minusgeschäft!" Ich schiebe ihm den Kaffee näher und werfe einen Blick über seine Schulter: „Und wenn wir das Angebot der Versicherung annehmen? Da kriegen wir wenigstens noch irgendwas an Geld wieder." „Aber mein Auto", weint Sebastian, der dieses Auto besitzt seit er 18 ist, „Ich kann es doch nicht einfach aufgeben." „Es ist Schrott", wiederhole ich mich bestimmt zum zwanzigsten Mal, „Es ist ärgerlich, aber eine Reparatur lohnt sich nicht mehr. Das Auto ist zu alt, wir können froh sein, dass wir noch etwas Geld bekommen." „Das Auto ist nicht Schrott", knurrt er, „Es ist nur beschädigt." „Sebastian", sage ich seufzend und schlinge meinen Arm um seinen Hals, „Ich weiß wie sehr du an dem Auto hängst und es tut mir auch unendlich leid, aber es ist nicht nur beschädigt. Es ist nicht mehr zu gebrauchen, die Reparatur ist so teuer wie ein Gebrauchtwagen." „Möchtest du etwa einen Smart fahren?", zieht er mich auf und entspannt sich langsam, „Es nervt mich einfach so. Dann muss ich an mein Erspartes ran, wenn wir ein neues Auto brauchen." „Ich habe auch etwas zur Seite gelegt", erkläre ich, „Du musst das nicht alles allein bezahlen, immerhin bin ich jahrelang auch mit deinem Wagen gefahren." „Du hast dich doch beteiligt, also rede nicht solch einen Nonsens", Sebastian küsst meine Handinnenfläche und lehnt sich gegen meine Brust, „Uns fällt schon was ein, nicht wahr? Ich spreche nochmal mit der Dame von der Versicherung und danach mit Leto, er kennt sich mit Autos aus. Vielleicht kann er uns ein gutes Angebot raussuchen, er kennt einige Leute, die in Autohäusern arbeiten." „Das klingt nach einem Plan", erwidere ich und werfe einen Blick auf die Uhr, „Wir sollten uns langsam fertig machen, wenn wir nicht zu spät kommen wollen." Als ich mich von ihm entferne, zieht er mich ruckartig an sich und auf seinen Schoß: „Wo müssen wir nochmal hin? Was könnte es Wichtigeres geben als das hier?" Er küsst meinen Hals, mein Kinn, knabbert an meinem Ohr. „Uhm", bringe ich hervor, „Nun... wir haben bestimmt noch einen Moment Zeit."

Fast zwei Stunden später sitzen wir im Bus auf dem Weg zum Lasertag – Elaine und Ben stoßen dort zu uns. „Ich frage mich wirklich, wieso du immer so gutmütig bist", unterbricht Sebastian meinen Gedankengang, „Die sind viel älter als wir. Das wird bestimmt cringe." Ebenso werden auch Oliver und Vivien dabei sein, Sebastians Meinung dazu kenne ich schon zu genüge. Ich hielt mein Wort und lud meine Reitlehrerin und ihren Verlobten zum Lasertag spielen ein. Obwohl Elaine ein Fan von Vivien war, fand sie es auch befremdlich mit ihnen den Abend zu verbringen, jedoch verhielt sie sich nicht so unreif wie mein werter Freund. „Jetzt hör dich bitte auf. Die beiden sind nicht nur nett, sondern auch witzig. Und so viel älter sind sie nicht, das habe ich dir jetzt schon mehrfach gesagt", erwidere ich genervt und die ausgelassene Stimmung von unserem kleinen, spontanen Techtelmechtel eine Stunde zuvor verpuffte. „Das mag ja sein, aber wir kennen sie nicht und sollen jetzt den Abend mit denen verbringen? Was wenn sie den ganzen Abend über Pferde sprechen?", fragt er unverblümt und ich verdrehe die Augen. „Wieso sollten sie den ganzen Abend über Pferde reden? Zudem kann man sich beim Lasertag spielen eh kaum unterhalten", widerspreche ich und krame meinen Lippenstift raus, um ihn in der Spiegelung auf der dreckigen Scheibe des Busses nachzuziehen. „Na, ihr ganzes Leben besteht doch aus diesem Reiterhof?", hakt mein Freund nach und innerlich seufze ich laut auf. Es ist hoffnungslos mit ihm. Hat er sich erstmal eine Meinung gebildet, verbeißt er sich darin wie ein tollwütiger Hund: „Sebastian. Du redest doch auch nicht den ganzen Tag über Marketing, oder was du in deiner Freizeit machst. Ich rede doch auch nicht ständig übers Reiten!" „Das mag sein, aber die klingen verrückt nach Pferden. Dass du uns ständig in solche Situationen bringen musst", meckert er und ich rücke unbewusst ein Stück von ihm ab. „Solche Situationen? Ich mag die beiden, wo ist das Problem? Ich habe auch nie was gesagt, wenn du deine ganzen entfernten Freunde plötzlich mitgebracht hast, ohne eine Wort zu sagen. Du weißt es bereits seit zwei Wochen, immerhin habe ich gefragt", schieße ich zurück, da ich es langsam leid bin, aus jeder Mücke einen Elefanten zu machen. „Okay, okay", ergibt Sebastian sich und wirft die Hände entschuldigend in die Luft, „Ich gebe diesem Abend eine Chance, okay? Es tut mir leid, ich glaube mich reizt einfach die Sache mit dem Auto." „Schon okay", sage ich, meine es aber nicht so. Es schmerzt so widersprüchlich zu handeln, aber ich will für diesen Abend keinen Streit mehr vom Zaun brechen. Ich will den Abend einfach genießen und Spaß haben.

Vom Flieder so bunt (gxg)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt