Kapitel 26

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„Ziehst du den schwarzen Rock an oder deine neue Jeans?", frage ich Vivien, während ich Wimperntusche auftrage. Ich höre es im Nebenraum rumoren, etwas klappert und dann steht Vivien in hautenger Jeans im Türrahmen. „Und?", sie weiß genau, was sie tut als sie sich anlehnt und ihre Haare über die Schultern streicht, „Kann ich so los?" Ich rutsche mit dem Bürstchen ab, aber es ist nichts, was sich nicht wieder schnell beheben lässt und gehe langsam auf sie zu. „Ob du so gehen kannst?", mit meinen Augen ziehe ich sie fast aus und ich genieße, wie sie sich unter meinem Blick windet, „Bestimmt, aber ob wir so jemals bei der Disco ankommen, kann ich nicht garantieren." Kichernd schiebt Vivien ihre Arme über meine Schultern und platziert sanfte Küsse an meinem Hals und Kiefer: „Ich werte das als ein Ja." „Du siehst wunderschön aus", stimme ich zu und mustere sie intensiv, „Wie soll ich dort nur die Hände von dir lassen?" Fragend schießt ihre Braue in die Höhe, sie scheint kurz zu überlegen, wie ich das meine, dann fragt sie: „Wieso solltest du die Hände bei dir lassen müssen?" „Naja...", setze ich an und auf meinen Wangen bildet sich eine zarte Röte, „In der Disco könnte uns jemand kennen und..." Ich stocke, weil ich nicht weiß, wie ich fortfahren soll. Seit dem Gespräch mit Oliver sind wir noch nicht richtig offiziell geworden und ich kann nicht einschätzen, wie Vivien dazu steht. Sie ist Lehrerin, es könnten Gerüchte entstehen, mit denen sie auf der Arbeit nicht konfrontiert werden will. „Und? Jeder kann von uns wissen, ich...", nun stockt Vivien und egal was sie sagen wollte, ich möchte jedes Wort hören, da es voller Bedeutung zu sein scheint. „Ja?", ich nestele an der Gürtelschlaufe ihrer Jeans und ziehe sie noch ein Stück näher, spielerisch beiße ich ihr ins Ohrläppchen und setze nach, „Was wolltest du sagen?" „Ich will mit dir zusammen sein", antwortet sie frei heraus und meine Beine geben fast nach. „Ich auch mit dir", schieße ich zurück und wir grinsen uns über das ganze Gesicht hinweg an. Mein Lächeln ist so breit, dass es schmerzt, aber ich liebe jede Sekunde an diesem Moment. „Okay", grient Vivien und küsst mich sanft. „Okay", wiederhole ich und lache leise, „Mehr als nur okay. Ich fühle mich geehrt." „Du Spinner", wispert Vivien zurückhaltend, da sie nicht immer gut mit Komplimenten umgehen kann, „Aber ich kann es nur zurückgeben, ich könnte mir nichts Schöneres vorstellen als mein Leben mit dir zu teilen. Du machst mich sehr glücklich, so glücklich wie niemand zuvor." Die Schmetterlinge in meinem Bauch fliegen im Sturzflug umher, machen Saltos, Pirouetten und lassen mich Dinge fühlen, die meine Beine weich wie Pudding werden lassen. „Oh Vivien", raune ich ihr zu und nun küsse ich sie mit all meiner Leidenschaft, „Du hast keine Ahnung, was du mit mir anstellst – wie glücklich du mich machst, wie vollkommen. Es ist verrückt, wie viele Gefühle auf mich eingeprasselt sind, seit ich dich kenne." Ihr rechter Mundwinkel zuckt nach oben und ich presse meine Lippen auf das entstandene Grübchen, ich hindere mich daran zu viel zu sagen, aus Angst ich könnte sie verschrecken. Aber drei kleine Worte liegen schwer auf meiner Zunge und warten auf ihren Auftritt.

Beflügelt durch unsere Zugeständnisse, dem Austausch unserer Lippenbekenntnisse, steuern wir die Bar 902010 an, in der Elaine und Natalie bereits auf uns warten. Soweit ich weiß, bringt Natalie noch zwei weitere Freundinnen mit und auch Elaine hat unsere Gruppe um eine weitere Person erweitert. Aufregung durchzuckt mich, zu wissen, nun von meiner Freundin sprechen zu dürfen, macht mich nervös. Elaine und Natalie werden es mir an der Nasenspitze ansehen, was mich schon jetzt zum Schmunzeln bringt. Wir geben unsere Jacken ab und suchen die Bar systematisch nach den anderen ab, diese haben uns bereits geschrieben, an welchem Tisch sie sitzen. Noch sind wir nicht die Letzten, die Freundinnen von Natalie haben die Bahn nicht mehr bekommen und verspäten sich um zehn Minuten, was ich dankbar zur Kenntnis genommen haben. Somit muss ich mich vor den anderen nicht rechtfertigen, warum wir zu spät gekommen sind. Zugeben zu müssen, erst wieder auf die Uhr geblickt zu haben als die Lippen wund vom Küssen waren, erscheint mir nicht unbedingt die beste Antwort zu sein. Ich erblicke meine Freundinnen und steuere zielstrebig auf sie zu. Elaine bedenkt mich mit einem Blick der mir mehr als deutlich signalisiert, dass sie genau weiß, warum wir zu spät sind. Mit hochrotem Kopf begrüßen wir die drei, stellen uns Madeleine vor, die Elaine von der Arbeit kennt und nehmen ihnen gegenüber Platz. „Jetzt fehlen nur noch Karin und Paula, dann sind wir komplett", informiert uns Natalie und ich durchforste meine Erinnerungen, ob ich schon einmal was von den beiden gehört habe. Wenn ich mich Recht erinnere, kennt Natalie Karin bereits seit gut zehn Jahren, aber bei Paula bin ich mir nicht so sicher. Diese Frage schiebe ich auf, dafür ist auch noch Zeit, wenn wir wieder auf der Arbeit sitzen. „Sie müssten gleich da sein, wir können schon was zu trinken bestellen?", fragt sie uns und ich blättere bereits durch die Karte. „Ich weiß, was ich trinke", entgegnet Vivien, ohne einen Blick in die Karte geworfen zu haben. „Und was?", neugierig lehnt Elaine sich vor, da sie Viviens exquisiten Geschmack in Getränken interessant findet. „Ich bin langweilig und nehme einen Weißwein", achselzuckend blickt sie in die Runde, fast könnte man meinen, es wäre ihr unangenehm. „Dann nehme ich auch einen", kontert Elaine und ich erkenne ganz genau, wie Vivien sich etwas entspannt. Dankbar lächle ich Elaine zu, die mir wissend zu grinst und füge hinzu: „Classy würde ich es nennen. Ich nehme einen Moscow Mule, vielleicht steige ich später noch auf einen Wein um, mal sehen." „Eine gute Wahl", Natalie nickt euphorisch, „Ich wollte einen Panda Punch nehmen, ist das Getränk der Woche und einige Bekannte haben davon geschwärmt." Ich scanne die Karte, lese die Zutaten und verziehe den Mund: „Leider gar nicht meins, aber ich bin gespannt, was du sagst. Was nimmst du, Madeleine?" „Hmmm, ich denke, ich nehme eine saftige Apfelschorle", auch sie scheint sich kurz unsicher zu sein, wie unsere Reaktion ausfällt, doch diese Sorge ist unbegründet, denn Natalie weiß genau, wie sie die Stimmung auflockern kann. Gerade als unsere Getränke eintreffen, trudeln auch endlich Paula und Karin ein, die sich meckernd und schnaufend niederlassen. „So ein Chaos in der Bahn", murrt Karin, die lange schwarze Haare hat und stechend blaue Augen. „Kein Verlass", ergänzt Paula, die das komplette Gegenteil zu Karin ist und Platinblonde, kurze Haare trägt. Mir entgeht nicht, wie Natalie Paula mustert und ich ahne bereits, dass Paula nicht nur eine Freundin ist. Ich werfe Natalie einen Blick zu, der ihr signalisiert, dass wir noch reden werden, was sie mit einem leisen Lachen quittiert.

Vom Flieder so bunt (gxg)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt