Kapitel 17

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Zayn dreht sich zu mir, aber ich schüttle meinen Kopf. Wenn er jetzt was sagt, kann ich nicht mehr. Er darf auf keinen Fall was sagen, dann ist es bei mir vorbei. Joseph räuspert sich leise und schlägt sein Notizbuch zu. Ein anderes Zeichen dafür, dass das Meeting beendet ist. „Ich glaube, wir können jetzt nach Hause gehen." Langsam nicke ich. Ich habe nicht das Gefühl, jetzt sprechen zu können. Oder mich zu bewegen zu können. Nach Hause hört sich gut an. Ich will diesen Raum nicht mehr betreten. In meinem inneren tobt ein Tornado aus Wut, Scham und Entsetzen über das, was gerade passiert ist. „Ich glaube, ich muss mal auf Klo" kündige ich an, stehe auf und eile aus dem Raum. Sky sitzt mit dem Kopf in seinen Händen vergraben auf einem der Stühle draußen, aber ich beachte ihn nicht weiter, sondern stolpere mit schnellen, langen Schritten zum Klo. Mein Atem zittert, ich stütze mich auf den Rand eines der Waschbecken und sehe mich durch den Spiegel an. Meine Augen schimmern mit Tränen, aber keine Verlässt sie. Mit meinem Handrücken stelle ich den Wasserhahn an, halte meine Hände unter den Strahl und fange Wasser in meinen Handinnenflächen, ehe ich das kühle Nass auf mein Gesicht spritze. Es wird aber nicht besser.

Noch immer fühlt mein Brustkorb sich zu Eng zum Atmen an und meine Augen sind sofort wieder von Tränen gefüllt. Das Entsetzen weicht der Scham und ich werde immer wütender, dass ich mich so sehr schäme. Ich habe meinen Bassisten verloren, weil ich eine Beziehung führe. Fuck. Ich will nicht mehr. Das Blut rauscht in meinen Ohren, ich presse meine Hand auf meine Augen und schüttle den Kopf. Immer wieder, aber alles, was passiert ist, dass sich die Worte in meinem Hirn einbrennen. Ich will nicht mit einer Schwuchtel Assoziiert werden. Acht Worte, die sich wiederholen, immer und immer wieder. Ich wusste, dass es solche Arschlöcher gibt und ich mir irgendwelche Beleidigungen anhören kann, weil ich nicht auf Frauen stehe, aber dass es ausgerechnet jemand aus meinem Umfeld ist, hätte ich nicht erwartet. Mit zitterndem Atem stelle ich das Wasser wieder ab, fahre mir durch die Haare und presse meine Lippen aufeinander. Nachdem ich die Tür öffne, stelle ich fest, dass Zayn und Jules nun auch in den Flur migriert sind. Als sie auf mich aufmerksam werden, verstummt das Stimmengewirr und alle drei Augenpaare Starren mich an. Natürlich wollen sie wissen, wie es mir geht. Ich zucke mit den Schultern und senke gedemütigt meinen Blick damit sie nicht merken, dass wieder Tränen in meine Augen treten. Das ist, was ich fühle. Demütigung. Verwirrung. Wut. Aber vor allem nur noch Frustration. Ich bin frustriert, weil meine Band vor meinen Augen auseinandergebrochen ist und ich nichts machen konnte, um Jules und Sky davor zu schützen. Weil ich das Problem bin. Weil ich der Grund bin, dass die Band kaputtgegangen ist. Als Zayn mir gesagt hat, dass es möglich ist, hätte ich nein sagen sollen, ich hatte schon genug. Hatte ein erfolgreiches Leben, mehr Geld als ich ausgeben kann und trotzdem wollte ich mehr. Wäre ich nicht so gierig gewollt, wäre die Band noch vollständig und keiner müsste darüber nachdenken, wie die Tour gespielt werden soll.

Aber wie hätte ich das hier ahnen können? Woher hätte ich wissen sollen, dass Rick so ein Arschloch ist. Oder hat er vielleicht recht damit, dass er keine Ahnung hat, was ich in meiner Freizeit treibe? „Alles gut, ich hab mich schon drum gekümmert" höre ich Zayn sagen, sehe aber nicht auf. Das Ziehen in meiner Brust wird wieder stärker und ich presse meine Lippen fest aufeinander, um kein Schluchzen aus meiner Kehle entkommen zu lassen. Die Spitzen von Jules' Schuh tauchen in meinem Blickfeld auf, ehe er seine Hand auf meine Schulter legt und ich aufschaue. „Ich bin jetzt weg. Alles, was ich noch sagen wollte, ist, dass es nicht deine Schuld ist. Und dass mir leidtut, was da drinnen passiert ist, ohne dass ich was gesagt habe." Ich schlucke einmal, dann nicke ich langsam, auch wenn ich weiß, dass er lügt und es meine Schuld ist. „Alles gut, du hast nichts falsch gemacht" Meine Stimme klingt mir selbst Fremd als ich mich selbst sprechen höre. Kurz Mustert Jules mich noch, dann nickt er, drückt meine Schulter einmal und geht dann den Korridor hinab zum Fahrstuhl. Eine Minute später tut Sky es ihm gleich, sodass nur noch Zayn und ich stumm nebeneinander sitzen. Er sagt nichts, wofür ich ihm einerseits unendlich dankbar bin, andererseits bringt die Stille mich um. Ich höre immer noch das Echo von Ricks Worten und will schreien, aber meiner Kehle entkommt kein Laut. Ich will nach Hause, aber kann mich nicht bewegen, also sitze ich weiter in meinem Stuhl und starre auf meine Finger, die immer wieder am Stoff meiner Shorts ziehen, als würde es die Situation besser machen.

In der Ferne pingt der Fernsehturm, Zayn steht auf und verschwindet in die Richtung, aus der der Ton kam. Ich bleibe sitzen, ziehe mein Handy aus meiner Hosentasche und betrachte mich selber in der Spiegelung des Bildschirms. Meine Haare liegen unordentlich und meine Augen sind geschwollen. Alles in einem, ich sehe beschissen aus. Mir auf die Unterlippe beißend schiebe ich mein Handy zurück in die Hosentasche, fahre mir durch die Haare und stehe auf. Meinen Rucksack nehme ich vom Boden, schultere ihn und setze mich in Bewegung. Ich weiß nicht, wie lang ich stumm auf meinem Sitz saß, aber in der Zeit scheint mein bester Freund auch gegangen zu sein. Ein Blick auf mein Handgelenk verrät, dass es fast eineinhalb Stunden her ist, seit das Meeting begonnen hat und es hat beim besten Willen nicht lang gedauert. Die viertel Stunde die ich mir geben musste, hat mir aber auch genügt. Zayn scheint in der Zwischenzeit gegangen zu sein, aber ich kanns verstehen. Es ist kurz vor Sechs und ich will nur noch ins Bett.

Der Fahrstuhl kommt, ich betrete ihn und betätige den Knopf zum Kellergeschoss. Während der Fahrt krame ich schonmal meine Autoschlüssel hervor und drehe sie in meiner Handinnenfläche. Vielleicht sollte ich mir doch lieber ein Taxi rufen. Ich laufe zu meinem Auto und bleibe abrupt stehen, als ich neben Zayn, Harry dagegen gelehnt auf sein Handy blicken stehen sehe. Meine Kehle verengt sich und erneut schießen mir Tränen in die Augen, die ich angestrengt wegblinzle. Neben meinem Freund hebt Zayn seine Hand, aber ich kann nicht reagieren. Mein Blick ist auf Harry fokussiert. Er macht einige Schritte auf mich zu und mustert mich genaustens. Meine Unterlippe beginnt zu beben, während mein Brustkorb sich anfühlt, als würde er sich selber zerfetzen. Er kommt noch einen Schritt näher, nimmt meinen Kopf in seine Hände und streicht mit seinen Daumen sanft über meine Wangen. Und ich breche. Wie auf Knopfdruck beginnen die Tränen über meine Wangen zu laufen, ich überbrücke den Abstand zwischen uns und vergrabe mein Gesicht in seiner Brust. Augenblicklich schlingen seine Arme sich um mich. In dem Moment sind sie das Einzige, was mich noch zusammenhält.

Er hält mich ohne Fragen zu stellen, streicht mit seinen Händen über meinen Rücken und presst seine Lippen sanft auf meine Stirn und wiegt uns beide sanft hin und her. „Du bist okay, Lou. Alles ist gut." Flüstert er mir ins Ohr, streicht durch meine Haare und presst liebevolle Küsse auf meine Schläfe. Ich schüttle meinen Kopf und drücke mich enger an ihn. Er lässt mich, legt seine Arme enger um mich und wartet, bis ich mich etwas von ihm löse. „Nach Hause?" fragt er, lässt seine Hände über meinen Rücken zu meinen Schultern wandern und sieht mich abwartend an. Langsam nicke ich, fahre mir durch die Haare und hake meine Daumen in die Henkel von meinem Rucksack. „Glaubst du, du kannst fahren?" Ehrlich schüttle ich den Kopf. „Nein." Ohne irgendeine Reaktion nickt Harry, hält mir seine Hand hin und nickt in Richtung Ausgang, aber ich sehe ihn bloß an. „Du kannst fahren?" – „Lou" Aber ich schüttle den Kopf und halte ihm meinen Autoschlüssel hin. Sein Adamsapfel tritt hervor als er schluckt, aber er nickt. „Okay" bestätigt er, entsperrt das Auto und öffnet mir die Beifahrertür.

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Hi Freunde der Sonne,

Louis tut mir richtig leid, aber immerhin hat er Harry. Ich finds ja süß von Zayn, dass er Harry scheinbar bescheid gesagt hat. Jetzt hoffe ich aber erstmal, dass es Lou schnell besser geht.

Was meint ihr können die zwei machen, damit es Lou nicht ganz so schlecht geht?

love , jx

take it ⎜l.s. auWo Geschichten leben. Entdecke jetzt