Kapitel 11

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Mein Kopf kommt nicht zur Ruhe. Immer wieder denke ich über Harry und mein Gespräch nach, obwohl es gut verlaufen ist. Er ist mir nicht böse und hat sogar zugestimmt, dass wir über unsere Beziehung nachdenken. Oder eher darüber, wie sehr sie in der Öffentlichkeit stehen wird. Das ist mehr, als ich nach der Überraschung im Meeting erwartet habe. Das Meeting. Ich springe auf, suche mein iPad, welches ich in meinem Schlafzimmer finde, öffne meine Mails und scrolle durch die Zusammenfassung des Meetings. Langweilig. Erst im Anhang finde ich die wirklich wichtigen Dinge. Designs für Klamotten, Albumpacks und alles, was man sich zu einem Albumrelease als Merchandise ausdenken kann. Die Entscheidung bezüglich der vorgeschlagenen Prints für den Merch fällt erschreckend schnell. Zu entscheiden, welche Album Bundles es geben soll, fällt mir jedoch schwerer. Desto mehr ich in das Bundle schmeiße, desto teurer wird es. Aber das Bundle ist wirklich cool. Ich packe es auf die Liste, füge drei andere, feste, Bundles hinzu und schreibe darunter, ob es möglich ist, dass die Fans sich eigene Bundles zusammenstellen können. So bekommt sicher jeder das, was er haben möchte und niemand muss gezwungenermaßen ein Vermögen dafür ausgeben. Zufrieden mit meinen Entscheidungen schicke ich sie an die zuständige Abteilung und Joseph, dann widme ich mich dem unteren Teil der Mail, der sich um Harry dreht. Unsere Beziehung. Oder eher das, was damit passiert. Es wurde mir nahegelegt innerhalb der nächsten zwei Tage eine Entscheidung zu treffen, da ich für ein weiteres Tour und Merch Meeting am Mittwoch antanzen muss. Ich bezweifle, dass 48 Stunden genügen, um es zu entscheiden, aber etwas anderes bleibt mir nicht übrig.

Ich weiß nicht, ob ich mit ihm in der Öffentlichkeit stehen will. Zumindest nicht so weit, dass er mit mir zu Talkshows und Interviews kommt. Wenn ich es allein entscheiden würde, würde ich ihn gerne auch bei Award Shows, Galas und bei anderen Veranstaltungen, die ein Plus Eins anbieten dabei haben. Nur wenn er will, aber ich glaube, ich fände es schön. Nicht, um ihn herumzuzeigen, wobei ich das gerne tun würde, damit alle eifersüchtig werden können, was für einen wunderschönen Freund ich habe, aber ich denke, dass er mich beruhigen würde. In all dem Tummel, den ganzen oberflächlichen Gesprächen hätte ich meinen Anker, der mir Sicherheit spendet, egal wohin ich gezogen werde. Ein Lächeln umspielt meine Lippen als ich daran denke, ihn meinen Kolleginnen und Kollegen vorzustellen. Das ist Harry, mein Freund. Fuck ich kann nicht warten, dass irgendwann zu sagen und es genauso zu meinen. Zu wissen, dass es keinen unterschriebenen Vertrag mit Ablaufdatum gibt, sondern nur ihn und mich.

Aufgewühlt quäle ich mich durch den restlichen Nachmittag, versuche einen Song zu schreiben, scheitere aber kläglich. Auch, als ich abends im Bett liege, rolle ich mich nur hin und her, schlage die Decke zurück, ziehe sie wieder über mich und fluffe mein Kissen auf. Aber nichts hilft. Ich kann nicht schlafen. Nach weiteren zwanzig Minuten, in denen ich nicht einschlafe, gebe ich mich geschlagen. Keine Minute später presse ich mir, trotz kurzem Zögern, mein Handy ans Ohr und warte, dass Harry annimmt. „Lou?" – „Haz", murmle ich und schmelze sofort etwas entspannter in die Matratze. „Ich vermisse dich", kommt er mir zuvor, lacht atemlos und lässt mich beinahe einen Herzinfarkt erleiden. „Gib mir eine viertel Stunde", flüstere ich in den Hörer, lege auf und Hechte zu meinem Kleiderschrank. In Hoodie und Shorts gekleidet schmeiße ich mein MacBook, ein Ladekabel, Boxershorts und Socken in meinen Rucksack und mache mich dann auf den Weg ins Erdgeschoss. Schnell in meine Sneaker geschlüpft schließe ich meine Haustür von innen, stelle die Alarmanlage scharf und ziehe die Tür zur Garage zu. Ich brauche exakt fünfzehn Minuten, bis ich in der noch belebten Straße einen Parkplatz gefunden habe. Um nicht erkannt zu werden, ziehe ich mir meine Kapuze über den Kopf, setze meine Sonnenbrille auf und eile mit dem Rucksack in der Hand zu Harry und Nialls Eingangstür. Wahrscheinlich würde man eher denken ich wäre ein Drogendealer anstatt ein Sänger. Ich werde von einem reingelassen, laufe zwei Stufen auf einmal nehmen die Treppen hinauf und grinse, als mein nur in Boxershort gekleideter Freund mich in die Wohnung lässt, um hinter mir abzuschließen. 

Leise laufen wir durch den Flur, lassen beide die knatschende Diele aus und ich schließe die Tür und stelle den Rucksack ab. Gerade rechtzeitig dafür, dass Harry mich für einen Sehnsüchtigen Kuss an sich zieht. Zufrieden seufze ich gegen seine Lippen, lege meine Arme um seinen Nacken und greife in seine Haare. Gierig dringt er mit seiner Zunge in meinen Mund ein, zieht mich noch näher an sich und lässt sich von mir in Richtung seines Bettes drücken. Zusammen fallen wir auf die Matratze, krabbeln in die Mitte des Bettes und kuscheln uns unter die Bettdecke. Meine Hose strample ich von meinen Beinen, dann lehne ich mich an die Wand und ziehe Harry an meine Brust. „Ich hoffe es ist okay, dass ich dich einfach so überfallen habe?" murmle ich in seine Haare, platziere einen Kuss auf seinem Haarschopf und verstärke meinen Griff um seinen Oberkörper. Er schüttelt seinen Kopf. „Alles gut, ich bin froh, dass du hier bist" murmelt er und ich meine ein Lächeln auf seinen Lippen heraushören zu können. Sein Gesicht kann ich schließlich nicht sehen. Leise murmelt er „Bist du noch wach?" Ich nicke verwirrt dreinblickend in seine Haare und lasse ihn sich aufsetzen. Aufwendig stellt er sich hin, legt die Decke um seine Schultern und lässt sich damit wieder auf meinen Schoß fallen.

„Dann bist du auch noch wach genug, dass wir reden können." Mein Herz setzt einmal aus und Panik steigt in mir auf, aber noch ehe ich meine Gedanken äußern kann, hat Harry mir durch die Haare gestrichen und seine Lippen kurz auf meine gepresst. „Ich meine über unsere Beziehung und das, was das Management wissen will." Ich lehne meinen Kopf auf seine Schulter und seufze. „Okay" – „Was wollen sie denn wissen?" fragt er nach und hebt meinen Kopf auf seiner Halsbeuge. „Sie wollen wissen, ob irgendwann bekannt sein soll, dass wir zusammen sind... und es darf natürlich nicht rauskommen, dass es das erste Mal ist, dass wir zusammen sind." Fasse ich zusammen, ohne meinen Blick von seinem zu lösen. Er nickt verstehend, krault durch die kurzen Haare an meinem Hinterkopf und gibt mir die Zeit, etwas zu sagen. „Kannst du erst sagen, was du für das Beste hältst? Ich möchte das erst hören, okay?" Verstehend nickt er, legt seinen Kopf schief und zieht nachdenklich seine Unterlippe zwischen seine Zähne. Die in seinem Kopf ratternden Rädchen kann man förmlich sehen, aber ich sage nichts, sondern streiche mit meinen Fingern sanft über seine Oberschenkel und gebe ihm die Zeit, die er braucht. Die Falte zwischen seinen Augenbrauen wird größer, dann schüttelt er seinen Kopf und Mustert mich. „Ich möchte nicht wieder solche Sachen machen wie letztes Mal" fasst er seine Gedanken in Worte und lässt zu, dass ich mich in seiner Sprechpause vorlehne und einen besänftigenden Kuss auf seine Lippen drücke. „Ich möchte aber auch, dass man weiß, dass du vergeben bist. An mich. Ich will, dass die Leute wissen, dass du zu mir gehörst." Fährt er fort, streicht mit seinem Daumen über meine Wange und sieht mir so tief in die Augen, dass er mir Leichtigkeit jede Mauer überspringt, die ich im Laufe der Jahre aufgebaut habe.

Ich nehme mir einen Moment, um das Gefühl zu genießen, das meine Adern durchströmt. Er will, dass man weiß, dass ich zu ihm gehöre. „Kannst du vielleicht ein wenig erklären, was du damit meinst?" – „Ich will keine Interviews geben." Kommt es ihm wie aus der Pistole geschossen. Ich nicke. Das ist mehr als verständlich. „Okay" – „Ich habe nichts geleistet. Ich bin nur dein Freund, dann fühlt es sich falsch an, etwas zu –" – „Baby" Unterbreche ich ihn mit fester Stimme und schüttle meinen Kopf, ehe ich fortfahre, „du laberst Bullshit. Du hast was geleistet. Du studierst und schreibst deine Abschlussarbeit. Ich habe nur gerade so meinen Schulabschluss gepackt, okay? Sag nicht, dass du nichts geleistet hast, Baby." Er nickt, wenn auch wenig überzeugt. „Es stört mich nicht, wenn man uns auf Fotos sieht oder so", murmelt er, küsst meine Wange und lehnt sich wieder etwas zurück. „Können wir nicht zusammen etwas auf Social Media posten? In... einem Monat oder so?" Zustimmend nicke ich, küsse ihn sanft und streiche weiter über seinen Oberschenkel. Wahrscheinlich ist es für uns beide beruhigend, aber auch wenn es nur für mich ist, bin ich froh darum, dass Harry mich lässt. „Ich kann nachfragen ob es okay ist" bestätige ich ihm. Er lächelt dankbar, aber bleibt aufrecht sitzen und sieht mich aufmerksam an. „Du hattest auch was zu sagen?" – „Ich möchte dich mit auf Award Shows oder Galas nehmen. Als meine Plus Eins" Er lächelt als Antwort, steht von meinem Schoß auf und kuschelt sich zurück in die Kissen.

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hi Freunde der Sonne,

Larry goes public - zumindest ist es geplant. Im Gegensatz zu der miteinander verbrachten Nacht. Hoffentlich bringt das keine Pläne durcheinander.

love, j x

take it ⎜l.s. auWo Geschichten leben. Entdecke jetzt