Kapitel 20

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Mich für zwei Tage mit Harry von der Außenwelt abzukapseln war ein Fehler. Montagmorgen werde ich von Zayn wachgeklingelt und zu einer Adresse bestellt, bei der ich innerhalb von einer Stunde antanzen soll. Dass die Location aber dreißig Minuten von mir weg ist, habe ich erst herausgefunden, als ich die Adresse in Maps eingegeben habe. Obwohl ich ihn besser kenne, frage ich mich für einen Augenblick, ob Zayn nicht verrückt geworden ist. Weil mir nichts anderes übrigbleibt, mache ich mich fertig, schmeiße mich in eine Jeansshorts und eines meiner vielen Burberry Hemden und steige ins Auto. Die Fahrt über Versuche ich mich für das auf mich zukommende Casting vorzubereiten, aber da ich weiß, wie solche Tage ablaufen, habe ich wenig Lust. Mit glück haben wir Catering, was ich sehr für Zayn hoffe, aber wenn nicht haben wir wahrscheinlich so viel Pech, dass wir außerhalb des Liefergebietes von manchen Lieferanten sind. Ist schon passiert und ich möchte mich wirklich nicht an diesen Tag erinnert. Meine Laune war im Keller und zu Ergebnissen hat der Tag auch nicht geführt.

Bei dem Gebäude angekommen sehe ich mich einmal um, realisiere, dass Jules und Zayns Autos schon auf dem Parkplatz stehen und gehe auf den Eingang des Backsteingebäudes zu. Schnell sind die anderen beiden zu finden und ich bekomme mitleidige Blicke zugeworfen, die ich ignoriere. Auch wenn ich's nachvollziehen kann, will ich nicht noch daran erinnert werden. Die Tatsache, dass wir auf der Suche nach einem neuen Bassisten sind, genügt mir schon. Auch nachdem Harry meinte, dass es nicht meine Schuld wäre, fühle ich mich Schuldig für die Situation. Hätte ich mich nicht geroutet, würden wir nicht in diesem Schlamassel stecken, aber ich weiß auch nicht, ob ich es ausgehalten hätte, mit einem homophoben Arschloch zusammenzuarbeiten, hätte ich es je herausgefunden. Wahrscheinlich nicht. Hätte ich es herausgefunden, wäre er wahrscheinlich aus der Band geflogen, ehe er etwas in seiner Verteidigung hätte sagen können. Selbst wenn ich nicht schwul wäre, hätte ich es nicht mit mir vereinbaren können, vor meiner queeren Community mit einem homophoben Bassisten austreten zu können. Jules gibt nach einem Augenblick auf, Zayn bleibt kritisch und beobachtet mich mit Adleraugen. Ohne mich davon irritieren zu lassen warte ich auf Sky und sehe meinen besten Freund auffordernd an, sobald dieser das Gebäude betritt.

Schnell haben wir besprochen, nach was für einer Art von Person wir gucken und ich beobachte die anderen, wie sie sich uns auf die Herumstehenden Sofas setzen. Selbst gehe ich zur Tür, stoße sie schwungvoll auf und blinzle überrascht, als ich einige Menschen vor dem Gebäude stehen sehe. Stumm sehen sie mich alle an, dann hebt die Person ganz vorne einen Zettel in die Höhe, als würde das alles sagen, was im Raum steht. Der Aufruf zum Casting eines Bassisten. Kurz presse ich meine Augenlieder aufeinander, dann nicke ich und öffne die Tür ein ganzes Stück weiter. Nach und nach treten die Personen ein, die restlichen Anwesenden begrüßen die Ankömmlinge und ich lasse mich zurück auf mein Sofa fallen. Das letzte Mal, dass ich sowas gemacht habe, ist gute vier Jahre her. Seither gab es immer nur Rick, Jules, Sky und mich. Egal ob auf Konzerten, in Talkshows oder bei Radioauftritten, wenn ich was gesungen habe, waren die Jungs dabei. Sie gehören einfach zum Team, zur Band. Ein Stich zuckt durch meinen Brustkorb, ich klammere meine Finger in den Stoff meines Shirts und sehe auf meine Füße. Irgendwo zu meiner Linken höre ich, wie Zayn den Ablauf erklärt, aber ich höre ihm nicht zu. Es wird vorgespielt und etwas gequatscht. Wenn sowohl das musikalische als auch das zwischenmenschliche passt, haben wir den Jackpot. Aber das ist unwahrscheinlich und es handelt sich zunächst um einen auf die Tour befristeten Vertrag, weshalb jetzt mehr Fokus auf dem Musikalischen liegt.

Die sich vorstellenden Musiker sind allesamt talentiert und ich denke nicht, dass jemand absolut ungeeignet ist, aber sowohl die Band als auch ich sind uns sicher, dass niemand ein perfektes Match für uns ist. Niemand ist unfreundlich, aber so wirklich passen tut es nirgends. Zumindest, bis die Tür aufgestoßen wird und eine schwere Atmende junge Frau mit Bass in ihrer linken Hand das Gebäude betritt. Ihre braunen, dünnen Haare sind klitschnass und auch ihre Schultern und Beine sind von Regenspritzern nur so übersäht. Ihre Rechte Hand legt sie auf ihr Herz, nimmt einen dramatisch tiefen Atemzug und sieht dann in die Runde. „Ich weiß nicht, wer diese Location ausgesucht hat, und mir ist auch egal, ob ihr mich jetzt scheiße findet, aber ihr müsst mich nehmen, weil ich von der Bahnstation durch diesen scheiß Regen hierhin gelaufen bin!" Dann stellt sie ihren Bass ab und stützt ihre Hände auf ihre Knie. Sky's lachen entlockt auch mir ein grinsen. Zayn hingegen zieht nur seine Augenbraue in die Höhe, aber ich kenne ihn gut genug, um zu wissen, dass auch sein Interesse geweckt wurde. „Wir müssen schon wissen, wer meint eingestellt werden zu müssen" Scheinbar muss sie nicht mal mehr vorspielen, um bereits eingestellt zu werden. „Ich bin Sophia", stellt sie sich vor, grinst und streicht sich die nassen Haare aus der Stirn „was muss ich spielen?" Bisher konnte jeder es sich aussuchen und alle haben einen meiner Songs gespielt.

Es ist eine Mischung aus Stolz und Unwohlsein, dass sie mich damit beeindrucken oder für sich gewinnen wollen, aber ich habe keine Lust auf Arschkriecher. Meine Songs spielen können ist essenziell für die Tour, natürlich ist es das, sie können und müssen es während der Proben lernen und mir meine eigenen Songs nicht in den Arsch schieben. Zumal die da sowieso nicht hinkommen. Sophia ist die Einzige, die keins meiner Lieder spielt. Sie spielt Beautiful war von Kings of Leon. Eines der Lieder, die ich bereits gecovert habe. Und von denen ich vorhabe, es wieder zu tun. Jetzt weiß ich wenigstens, was für ein wunderschöner Krieg Liebe eigentlich sein kann. Auch wenn Harry und meine Beziehung kein Krieg ist, sondern eher das genaue Gegenteil davon. Allein die letzten Tage haben genau das bewiesen. Lächeln sehe ich dabei zu, wie Sophia sich sichtlich in der Musik verliert, mit ihrem ganzen Körper zum Takt wippt. Auch die Augen der anderen 3 sind nur auf die Bassistin gerichtet. Alle Augenpaare liegen auf Sophia Und so ziemlich jeder im Raum ist sich sicher, dass sie tatsächlich diejenige ist, die Teil unserer Band werden wird. Eine Sekunde lang Sie in Sky und ich uns an. Dann nickt er und ich erwidere die Geste. Erst als die letzten Töne verklingen, dreht Zayn sich zu mir und sieht mich fragend an. Die restlichen Bewerber inklusive Sophia hier sind bedeute ich ihm mit einem Nicken mir vor die Tür zu folgen. Sky und Jules kommen natürlich ungefragt mit. Immerhin sind sie Teil der Band. Teil der Band, die wegen mir auseinandergebrochen ist. Da ist es das mindeste, sie in den Entscheidungsprozess mit einbeziehen, so sehr sie es wollen. Und auch wenn ich es nicht glaube, selbst wenn ihre Entscheidungen gegen Sophia fallen würde, wäre ich ok damit.

Alles, was ich will, ist, dass die Band bleibt.

„Also..." Zayn zieht seine herausfordernd in die Länge, hebt seine rechte Augenbraue und sieht grinsend in die Runde. Erwartet auf eine Antwort. Dass Sky und Jules nur dümmlich vor sich hin grinsen entweicht meiner Kehle ein Brummen und ich räuspere mich. „Du weißt, was ich sagen werde." Bestätigend nickt mein bester Freund wartet aber trotzdem ab, bis ich etwas sage. „Sie passt am besten." Zustimmende Laute kommen seitens der restlichen Band und auch mein bester Freund nickt, also fahre ich fort. „Das Einzelzimmer würde zwar immer an sie gehen, aber ich glaube, dass keiner von uns ein Problem hat, sich das Zimmer mal zu teilen." Ob bewusst aber oder unbewusst warte ich sehr genau auf die Reaktion der anderen. Dabei weiß dich doch eigentlich, dass sie nichts dagegen haben. Ich weiß, dass beide Rick am Freitag am liebsten eine reingehauen hätten. Aber ich weiß auch, dass ich es von Rick nicht erwartet hätte. Also sehe ich Mit einem flauen Gefühl im Magen in die Runde. Keiner der dreien zeigt jedoch keine Reaktion. Dann verdreht Sky seine Augen „Als ob es im Tourbus Zimmer gäbe" Ich nicke. Nacheinander, wie Wackeldackel, nicken auch die anderen drei. „Also ist die Entscheidung gefallen?" Mein bester Freund verdreht seine Augen. „Ich glaube, die Entscheidung ist gefallen, als Sophia den Raum betreten hat. Die Frau hat Feuer unterm Arsch. Das ist genau das, was die Band jetzt braucht, und das wissen wir alle." – „Solange sie mich nicht dazu zwingt, weite Strecken zu laufen, klar", Entgegnet der Schlagzeuger. Öffnet die Tür und bedeutet uns das Gebäude wieder zu betreten.

Wir können natürlich nicht vor allen einfach sagen, wer den Vertrag angeboten bekommt weshalb wir uns bei allen fürs Erscheinen bedanken, die Performances loben und sie mit dem Versprechen von einer Antwort nach Hause schicken. Ich habe das Gefühl, dass jeder der Durch die Tür in die Freiheit tritt, bereits weiß, welche Mail er in den nächsten Tagen erhalten wird.

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Hi Freunde der Sonne,

es ist etwas holprig, aber es sieht so aus, als gäbe es einen neuen Bassisten. Zumindest für die Tour. Bevor die ist, gibt es aber noch eine Promo Tour in Amerika und irgendwie müssen Harry und Louis sich auch noch an die Öffentlichkeit wenden.

love, j x

take it ⎜l.s. auWo Geschichten leben. Entdecke jetzt