Kapitel 45

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Die Bettwäsche ist schmutzig und die Haut an meinem Bauch fühlt sich stellenweise verdammt klebrig an, aber dennoch war ich nie in meinem Leben so glücklich, als ich aufgewacht bin. Trotz des Wissens, dass es in wenigen Stunden zurück nach London geht, ich nicht mehr mit Meeresrauschen und Harry neben mir aufwache und mein reguläres Leben pausieren werde, strömt nur Dopamin durch meinen Körper. Mit noch geschlossenen Augen drehe ich mich auf die Seite und lasse meine Hand über Harrys Bauch streichen, während mein Kopf den Platz auf seiner Schulter einnimmt. Ein leises Brummen verlässt seine Kehle, aufwachen tut er aber nicht. Einige Minuten bleibe ich an ihn gekuschelt liegen, als mir aber langweilig wird schleiche ich mich aus dem Bett und verziehe mich nur in Boxershorts, mit einer Packung Zigaretten in der Hand auf den kleinen Balkon.

Während ich Die erste Zigarette des Tages rauche, scrolle ich auf meinem Handy und bestelle Frühstück. Warmer Wind weht durch meine Haare, wie eine Warnung, ehe sich eine Hand auf meine Hüfte legt. Lächelnd drehe ich meinen Kopf zu Harry und empfange den Kuss, den er mir gibt, zufrieden. „Gut geschlafen?" Zustimmend brummt er, schmiegt sich noch enger an mich und legt seinen freien Arm um meinen Oberkörper. „Gleich gibt's Frühstück" – „Mhm, klingt gut" lächelt er und platziert einen Kuss auf meiner Schulter. Ich schaffe es nur, meine Zigarette aufzurauchen, denn sobald ich den Stummel im Aschenbecher ausgestupst habe, klopft es an der Eingangstür. Ich will durchs Wohnzimmer gehen, um zu öffnen, werde aber von Harry zurückgehalten und mit einem eindeutigen Blick ermahnt. Verwirrt ziehe ich meine Augenbraue herauf, muss aber grinsen als mein Freund mit einem eindeutigen Gesichtsausdruck an mir auf- und absieht. Ich bin noch immer in Boxershorts. Und Harry zu eifersüchtig, um mich an die Tür zu lassen. Interessant. In der Zeit, in der mein Freund beschäftigt ist, nehme ich zwei Teller aus dem Regal hole und mit Besteck auf den Tisch stelle. Leises Fußstapfen kündigt Harry an, ehe er mein Sichtfeld betritt. „Das sieht gut aus" bemerkt er, stellt das Essen ab und legt seine Arme um meine Nacken. Wärme steigt in meine Wangen und ich senke meinen Blick. Auch nach all den Wochen in seiner Präsenz gibt es Momente in denen ich nicht mit seiner Liebe umzugehen weiß.

Mir ist bewusst, dass es daran liegt, dass es meine erste Erfahrung ist, aber es fühlt sich dennoch komisch an, diese Erfahrungen erst in meinen Zwanzigern zu machen. Erfahrungen, die die meisten Menschen in ihrer Teenager Zeit machen, die ich damit verbracht habe, Cover auf YouTube hochzuladen und zu hoffen, dass sie jemand entdeckt. Was auch passiert ist, wofür ich so unheimlich dankbar bin, dass ich es kaum in Worte fassen kann. Aber in manchen Augenblicken frage ich mich auch, welchen Preis genau ich dafür zahlen musste. Dass ich für jede Millionen auf meinem Konto einen Teil von mir verloren oder unterdrückt habe. Nicht nur meine Sexualität, auch wenn diese einen großen Anteil einnimmt, es ist auch meine Privatsphäre und die Art, wie ich Menschen begegne. Immer zu hinterfragen, ob jemand mich mag, oder Louis Tomlinson mag der vielleicht nett genug ist eine Single anzuhören oder gar weiterzugeben. Vielleicht hätte mich niemand entdeckt und ich wäre zur Uni gegangen, hätte mit Männern geschlafen und gelernt, was mir gefällt. Aber ich hätte Harry mit einer Riesigen Wahrscheinlichkeit nicht getroffen. Und das schlägt jedes einzelne Negativ meines Lebens. Der Gedanke an ihn bringt mich zurück in die Realität, in der mein Blick auf Harrys Trifft.

Wie immer fühlt es sich an, als würde er Tief in mich hineinsehen und jedes meiner Geheimnisse durchblicken. Meine erste Reaktion ist es wegzusehen, unseren Blickkontakt abzubrechen. Aber ich mache diese Rechnung ohne Harry, welcher seine Hand an meine Wange legt und mein Kinn anhebt. „Lou?" Wir waren schon oft genug in dieser Situation, dass ich nicht mehr erklären muss, was gerade passiert ist. Er weiß, dass ich in der hintersten Ecke meines Kopfes verschwunden bin. Und er weiß, wie sehr ich es hasse, darüber zu reden. Zu viele was, wenn und vielleicht, die niemals eine Antwort finden werden. Auch wenn es mir mittlerweile die meiste Zeit egal ist. Diese kleinen Momente werden immer weniger. Ich bin glücklich mit dem, was ich habe. Vor allem mit ihm. „Lass uns frühstücken", entscheide ich, drehe mich um und beginne damit, das Essen auf zwei Teller aufzuteilen. Neben genuesischem Focaccia befinden sich drei Cornetto und je ein Cappuccino zwischen uns. Nichts, was ich üblich auswählen würde, nichts geht über ein englisches Frühstück inklusive Tee, aber es ist immer noch besser, als der Fraß den man in so manch anderem Land vorgesetzt bekommt. Harry jedoch schaut das Frühstück an, als würde er sich am liebsten Reinlegen. Vorzugsweise eine gesamte Wanne voll mit dem Zeug. Vor zehn Uhr versteht sich. Mit dem Cappuccino und so.

Wir brauchen nicht reden, die Blicke, die wir uns während des Essens zuwerfen sind aussagekräftig genug. Hätten wir die Zeit, wären wir zurück ins Bett getaumelt und bis zur letzten Sekunde hiergeblieben. Aber wir haben sie nicht, also beschränken wir uns darauf, einander anzulächeln und gegenseitig Essen hinzuhalten. Wir haben das identische auf unseren eigenen Tellern, aber aus der Hand der Person, die man liebt, schmeckt es dann doch besser. Vielleicht wurde eine extra Portion Liebe hinzugefügt? Uh, seit wann bin ich denn so kitschig?! Wenn ich in Zayns Gegenwart so sprechen würde, hätte er mir nach zwei Worten vor die Füße gekotzt. Ungestört von meinen Gedanken zücke ich mein Handy, öffne die Kamera App und richte die Linse auf meinen Freund. Seine Haare sind ungemacht, er trägt mein Shirt und hält die Tasse Cappuccino in der Hand, als ich auf den Auslöser drücke. Mein Herz macht einen Sprung als ich das Bild betrachte. Auf Instagram wähle ich weitere Bilder aus, eins vom Meer, ein verschwommenes Foto das Harry von mir gemacht hat, die Wolken aus dem Flugzeug, ein Sonnenuntergang und die Aussicht vom Boot aus. Und Harry mittendrin. In die Beschreibung kommt eine einfache Italienflagge, dann lade ich den Beitrag hoch und lege mein Handy zur Seite.

Mein Freund blickt mich interessiert an, aber ich schüttle nur meinen Kopf. „Alles gut" versichere ich ihm zusätzlich, nehme den letzten bissen in meinen Mund und kaue Genüsslich auf dem Brot herum. „Fuck" – „Wir haben keine Zeit, sonst gerne." erwidert er eine Augenbraue in die Höhe ziehend. Unfreiwillig entweicht mir ein keuchen und ich lasse meinen Kopf in den Nacken fallen. Fuck. Einen heißen Freund zu haben beißt mir in den verdammten eigenen Arsch.

Zu packen fällt keinem von uns beiden leicht. Aber wenn wir ohne Stress zum Flughafen kommen wollen, müssen wir früher los. Immer wieder erwische ich Harry dabei, wie er zum Fenster hinaussieht, statt zu packen. „Haz", murmle ich, steige über meinen Koffer und schlinge meine Arme um seine Hüfte, ehe meine Augen seinem Blick folgen. Sie fallen auf den Horizont, das offene Meer mit kleinen Fischerbooten und vereinzelten Menschen, die in der Bucht Schwimmen. „Wir können leider nicht für immer bleiben" Seine Muskeln spannen sich an, dann atmet er tief ein und lehnts ich gegen meine Brust. „Ich weiß", gibt er zu, legt seine Hände auf meine und dreht den Kopf zu mir „Wir werden wenn wir zurück sind nicht so viel Zeit miteinander verbringen können..." – „Kiwi" flüstere ich während eine unangenehme Schwere sich in meiner Brust breitmacht. Das Thema zu umgehen ist unmöglich, die Tour steht fest und wir wissen beide, dass er recht hat. „Ich werden dich vermissen, jeden Tag, den wir nicht miteinander verbringen können, aber dafür wir es ein um so schöneres wiedersehen, wenn wir es tun." Ein Kopf lehnt sich an meine Schulter und Lippen streifen mein Kinn. „Danke" Ich ziehe ihn enger an mich, atme den Duft seines Fruchtshampoos ein und schließe meine Augen. „Ich liebe dich, Harry", versichere ich ihm und drücke ihn noch enger an mich, ehe ich die Umarmung löse und zurück zum Koffer gehe.

Die Autofahrt verbringen wir damit, dass meine Hand in seiner Liegt und Musik gemischt mit Fahrtwind uns um die Ohren peitscht. Es ist deutlich, dass wir beide die letzten Stunden unserer gemeinsamen Zeit genießen, ehe der Alltag, oder was auch immer mein Leben ist, uns verschlingen wird. Den Wagen zurückgegeben löst Harry seine Hand nur von meiner, als wir durch die Sicherheitskontrolle gehen, aber es ist nicht so, als würde ich es nicht genießen. Auch wenn es bereits einen Monat her ist, fühlt es sich unglaublich an, ihn in der Öffentlichkeit zu lieben.

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Freunde der Sonne,

es geht zurück nach London, aber nicht ohne Romantik und Liebeserklärungen... hach, einfach süß die zwei...

love, j x

take it ⎜l.s. auWo Geschichten leben. Entdecke jetzt