Kapitel 25

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Pov. Julian:

Ich wartete noch kurz draußen und sah Kai etwas hinterher, bevor ich dann wieder rein ging. Wahrscheinlich werden jetzt noch einige Fragen auf mich zukommen, doch dem werde ich mich wohl oder übel stellen müssen.
Als ich in die Küche kam, saßen meine Eltern und meine Brüder noch immer am Tisch und unterhielten sich.
Diese verstummten aber sofort, als sie mich erblickten. An ihren Gesichtern konnte ich erkennen, dass sie Fragen über Fragen hatten.
Unsicher setzte ich mich auf meinen Platz und wartete, bis die unangenehme Stille endlich durchbrochen wurde.
"Und ihr seid wirklich zusammen?", platzte es dann nach einigen Sekunden, welche sich wie Stunden anfühlten, aus meinem Vater heraus.
Leicht nickte ich. "Ja, sind wir."
"Warum hast du uns denn nichts erzählt, Junge?", wollte er weiter leicht empört und enttäuscht wissen," Vertraust du uns etwa nicht?" Leise seufzte ich auf. Wie sollte ich ihnen das jetzt erklären? Ich konnte ja schlecht sagen, dass mein Vater eigentlich recht hatte und wir es ihnen nicht erzählt hatten, weil wir Angst gehabt hatten, dass sie sich aus Versehen verplappern würden. "Es tut mir leid"; begann ich leise," Kai belastet es total, dass seine Eltern Homosexualität nicht akzeptieren. Er hat Angst, dass seine Eltern ihn rausschmeißen, wenn sie davon erfahren; vor allem sein Vater und Jan, sein Bruder, sind schlimm." "Ja, aber wir hätten euch doch akzeptiert"; wandte meine Mutter, ebenfalls etwas verständnislos ein," Es ist doch schön, dass ihr euch liebt. Du weißt doch, dass wir kein Problem damit haben. Ganz und gar nicht." "Ich weiß. Aber Kai war so verzweifelt und hatte solche Angst.... und da habe ich ihm versprochen, dass wir es niemandem erzählen, damit seine Eltern es nicht über irgendwelche Umwege herausfinden." "Und woher wusstet ihr das dann?"; erkundigte sich mein Vater weiter an meine Brüder gewandt. "Wir haben es auch nur durch Zufall herausgefunden"; antwortete Jascha schnell für mich. "Es tut mir wirklich leid"; meldete ich mich dann schnell wieder zu Wort," Es geht nicht darum, dass ich euch nicht vertraue, das tue ich. Aber ich wollte Kai schützen." "Ach komm mal her, Juli." Meine Mutter nahm mich herzlich in den Arm. "Ich kann euch doch verstehen. Und ich verspreche euch, dass wir niemandem von euch beiden erzählen, wenn ihr das nicht wollt, okay?" Dankbar nickte ich. "Danke." 

Pov. Kai:

Vollkommen aufgelöst stellte ich mein Fahrrad in die Garage und ging dann rein. Da ich aus der Küche Stimmen hörte, wusste ich, dass meine Familie noch beim Essen saß, weshalb ich mich dazu entschloss, zu ihnen zu gehen. "Na, auch mal da?"; begann Jan gleich zu sticheln. Ihm war im Moment wirklich jede Gelegenheit recht, gegen mich zu schießen. Doch ich ignorierte ihn gekonnt. "Tut mir leid; ich war noch bei Jule", sagte ich an meine Mutter gewandt, welche mich verständnisvoll anlächelte. "Ist in Ordnung"; meinte sie," Aber bitte sei beim nächsten Mal pünktlich zu Hause, damit wir gemeinsam essen können." Ich nickte. "Mache ich Mama." Jan musterte mich zwar noch immer etwas argwöhnisch und sauer, aber es war mir mittlerweile total egal. Sollte er doch. Solange er nichts von mir und Jule erfuhr, war alles gut. 
"Möchtest du denn noch was essen?", erkundigte sich meine Schwester, die bis jetzt nichts gesagt hatte und uns einfach nur still beobachtet hatte. Sie wusste ja auch, warum ich so lange bei ihm geblieben war. Leicht lächelte ich sie an. "Ne ich habe schon bei Jule gegessen. Aber danke", meinte ich, um ihre Frage zu beantworten, worauf sie verstehend nickte.
Ich half meiner Familie schnell mit abräumen, nachdem sie fertig mit Essen waren und verzog mich dann auch wieder nach oben, um nich meine Hausaufgaben zu erledigen. Heute war ich ja nicht wirklich dazu gekommen.
Doch wirklich qualitativ hochwertig wurde das nicht, denn ich musste immer und immer an Julian und die Geschehnisse des heutigen Tages denken.
Ich war so erleichtert, dass es Jule gut ging.
Und auch wenn seine Familie jns versichert hatte, dass sie niemandem von uns erzählen würden und uns akzeptierten, war mir irgendwie unwohl bei der Sache. Jetzt konnte ich es nicht mehr ändern, klar, aber irgendwie fühlte ich mich komisch, wenn ich daran dachte, dass wir unsere Beziehung eigentlich geheim halten wollten und jetzt schon fünf Leute davon wussten.
Warum muss das auch alles so unfassbar kompliziert sein?
Warum können meine Eltern nicht auch so sein wie Julians?
In ihren Augen bin ich ein ganz normaler Junge doch wenn meine Eltern von meiner Sexualität wüssten, wäre ich nicht nur ein Fehler für sie sondern auch nicht mehr ihr Sohn.
Julians Eltern machten da überhaupt keinen Unterschied; ihnen war das vollkommen egal.
Warum konnte es nicht bei mir so einfach sein?
Es wäre alles so viel schöner. Wir müssten uns nicht verstecken und ich müsste nicht ewig rumlügen und Angst haben, dass es doch jemand herausfindet. Laut seufzte ich auf und sank in meinem Schreibtischstuhl leicht in mich zusammen. Jetzt hatte ich sowieso keine Nerven mehr für Hausaufgaben; zum Glück war es nicht allzu viel gewesen und vorlesen wollte ich es auch nicht. Also musste das jetzt reichen. 

Vielleicht könnte eine warme Dusche mich beruhigen und auf andere Gedanken bringen, denn so würde ich heute Nacht kein Auge zubekommen können. Das Wasser entspannte meine angespannten Muskeln, doch meine Gedanken ließen sich nicht ausschalten. Sie waren wie fest gebrannt. Es war so deprimierend. Die ganze Nacht lang bekam ich keine Stunde erholsamen Schlaf und dementsprechend müde war ich auch am nächsten Tag, aber ich konnte heute nicht fehlen. Also raffte ich mich am nächsten Morgen total übermüdet  aus meinem Bett und machte mich für den Tag, auf den ich mich so gut wie gar nicht freute, fertig. Der Einzige Lichtblick heute war der Fakt, dass Jule und ich heute nach der Schule Eis essen gehen wollten. Der Rest des Tages würde todlangweilig werden. Als ich in die Küche kam, war Jan bereits da und löffelte sein Müsli. Weil ich keine Lust auf irgendwelche Sprüche von ihm hatte, beschloss ich, mir meine Cornflakes mit ihn mein Zimmer zu nehmen und dort zu frühstücken. Doch so weit kam ich gar nicht, denn mein älterer Bruder begann sofort gegen mich zu schießen. "Na?" "Was?", fragte ich genervt und verdrehte meine Augen. "Hast du heute schon was vor?"; fragte er gespielt interessiert, doch ich wusste, dass er es eigentlich gar nicht war und nur nach Gründen suchte, mir weiter auf die Nerven zu gehen. "Ja"; lächelte ich künstlich," Ich gehe heute mit Jule Eis essen. Was dagegen?" "Schon wieder?" "Was?" "Warum machst du eigentlich jeden Tag was mit diesem Typen? Du wohnst ja schon fast bei ihm?" Fzck, wusste er was von uns? Waren wir zu auffällig? "Im Gegensatz zu dir habe ich Freunde, die auch was mit mir machen wollen und nicht nur was von mir wissen wollen, wenn sie krank sind und auf Arbeit ne Vertretung brauchen"; holte ich zum Gegenschlag aus, ehe ich wieder nach oben verschwand. Hoffentlich ahnte er nichts von uns und dachte einfach nur, dass wir beste Freunde sind. Sonst könnte ich hier ausziehen. 

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