Pov. Kai:
Todmüde pellte ich mich am nächsten Morgen aus der Bettdecke und setzte mich langsam auf der Luftmatratze, die Joel mir gestern provisorisch eingerichtet hatte, auf. Meine Kopfschmerzen brachten mich schon jetzt um, doch ich versuchte ein Lächeln hervorzubringen, als mein bester Freund mit einer Aspirin und einer Flasche Wasser ins Zimmer kam. "Zimmerservice", lachte er, ehe er mir die Sachen reichte und sich dann neben mich setzte. "Danke", lächelte ich leicht, nahm die Tablette und die Flasche an mich. "Wie geht's dir?" Ich zuckte die Schultern. "Scheiße." "Hey"; meinte er leise, während er mich sanft in seine Arme zog. Ich konnte gar nicht anders, als mich kraftlos in diese sinken zu lassen. "Das wird schon wieder. Du wirst sehen. Ihr rauft euch schon wieder zusammen." Nicht ganz überzeugt nickte ich. "Bist du dir sicher, dass du heute in die Schule willst?", fragte er skeptisch nach. Nein, eigentlich war ich mir sicher, dass ich heute nicht in die Schule wollte, aber das ging einfach nicht. "Ich muss ja", nuschelte ich leise, löste mich wieder aus den Armen des Älteren," Ich kann ja schlecht bei dir zu Hause rumsitzen und in Selbstmitleid baden, während du dich in der Schule zu Tode langweilst." "Warum nicht? Ich kann doch auch zu Hause bleiben. Meine Eltern werden das schon verstehen." "Sicher?"; hakte ich nochmal nach. Ich wollte auf gar keinen Fall Schuld daran sein, dass Joel Stress mit seinen Eltern bekam. "Na klar"; winkte Joel ab," Ich habe ihnen doch gestern schon in Kurzform erzählt, dass du Stress mit deinen Eltern hast und da waren sie auch total verständnisvoll. Sie werden es verstehen. Mach dir keine Sorgen."
"Danke", flüsterte ich ehrlich, während sich auf meinen Lippen ein kleines, unsicheres Lächeln bildete.
"Ich geh dann mal kurz meinem Vater Bescheid sagen", informierte er mich, ehe er dich langsam erhob," Soll ich dir was zu essen mitbringen?"
Als Antwort schüttelte ich den Kopf.
Ich hatte einfach keinen Appetit.
"Och komm schon", bat Joel," Nur eine Kleinigkeit."
Schulterzucken.
Wenn er eh schon beschlossen hat, dass ich was essen sollte, wieso fragte er dann überhaupt?
Doch ich konnte ihm nicht böse sein. Zu sehr überwiegen meine Trauer und meine Schuldgefühle. Es tat mir so unendlich leid, dass ich Jule das angetan hatte und ihm noch nicht mal eine richtige Erklärung für mein Verhalten liefern konnte. Doch was sollte ich machen?
Ich musste ihn doch schützen.
Er wird schon irgendwie damit klar kommen; er wird damit klar kommen müssen. Auch wenn es mir einen gewaltigen Stich ins Herz versetzte, wenn ich daran dachte, dass er wegen mir weinte oder sauer auf mich war.
Aber irgendwann wird er es verstehen; hoffentlich.
Mit einem vorsichtigem Blick auf mein Handy, das ich seit gestern komplett außer Acht gelassen hatte, stellte ich fest, dass Jule sich kein Einziges Mal mehr gemeldet hatte. Aber was erwartete ich auch? Und eigentlich war ich auch ganz froh darüber.
Aber mein Handy zeigte dennoch einige unbeantwortete Anrufe und mehrere Nachrichten an und zwar von Lea.
Sie wechselten von entschuldigend zu besorgt und wurden dann wieder entschuldigend. Sie entschuldigte sich für etwas, für das sich eigentlich gar nicht konnte.
Auch wenn ich gleich wieder einen Heulkrampf bekommen würde, beschloss ich, sie zurückzurufen. Sie sollte sich nicht sorgen; schließlich wusste sie nicht, wo ich war und ob es mir gut geht.
Es war, als hätte sie nur auf meinen Anruf gewartet, denn sie nahm augenblicklich ab.
"Kai?", rief sie fast," Wo bist du? Wie geht es dir?"
"Es ist alles gut", versuchte ich sie zu beruhigen.
"Warum glaube ich dir das nicht?", hinterfragte sie direkt.
"Ich bin bei Joel", erklärte ich ohne weiter auf ihre Frage einzugehen," Ich kann hier erstmal bleiben."
"Und Julian?", wollte sie wissen," Hast du es ihm schon erzählt?"
Ich schluckte. In meinem Hals bildete sich ein dicker Kloß.
Keine Ahnung, ob es daran lag, dass sie mich gerade daran erinnerte, was ich mit Jule gemacht hatte oder ob es der Frage geschuldet war, was ich ihr jetzt sagen sollte.
"Kai?", sprach sie mich nach einer Weile nochmal an, weil ich ihr noch nicht geantwortet hatte. Nach einem imaginären Kopfschütteln, um meine Gedanken loszuwerden, holte ich Luft, um auf Leas Frage zu antworten.
"Ich... ich habe mit ihm telefoniert", brachte ich leise hervor, während ich mit allen Mitteln versuchte, meine Tränen zu unterdrücken, obwohl ich wusste, dass das fast unmöglich war.
"Und? Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen?", meinte meine ältere aufgebracht.
Kurz überlegte ich, ob ich ihr eine Lüge auftischen sollte, entschied mich dann aber doch dagegen. Es würde mir eh nichts bringen, sie anzulügen, also konnte ich auch gleich mit der Wahrheit rausrücken.
"Er...ich...ich habe mich von ihm getrennt."
"Was?", entfuhr es ihr prompt und sie klang total entsetzt.
Ich konnte sie in diesem Moment bildlich vor mir sehen. Den Kopf etwas nach vorne geneigt, den Mund leicht geöffnet, Augenbrauen hochgezogen und ungläubig blickende Augen. Ich könnte wetten, dass sie gerade genau so aussah.
"Ich wusste mir nicht anders zu helfen", erklärte ich leise," Du weißt doch, was Papa gesagt hat. Ich muss ihn schützen."
"Och Kai", war das Einzige, was sie sagte, obwohl ich wusste, dass sie gerne so viel mehr sagen würde.
"Es tut mir leid", hauchte ich leise, hatte es mittlerweile aufgegeben, meine Tränen zurückhalten zu wollen," Es tut mir alles so leid."
"Dir muss überhaupt nichts leid tun", widersprach sie augenblicklich," Die Einzigen, denen hier was leid tun muss, sind Papa und Jan. Du hast nichts falsch gemacht, okay? Red dir das nicht ein. Und das mit Julian bekommen wir auch noch hin, okay?"
Leicht nickte ich; wollte nicht weiter darüber reden.
"Danke Lea", murmelte ich stattdessen leise," Für alles." "Du musst dich nicht bedanken, Brüderchen. Das ist vollkommen selbstverständlich." Ehe sie weiter sprach, war ein leises Klopfen zu hören. "Tut mir leid ,Kai, aber ich muss auflegen. Wenn die anderen mitbekommen, dass ich mit dir telefoniere...." Sie musste gar nicht weitersprechen; ich wusste, was sie meinte.
"Ist schon okay."
"Ich melde mich wieder okay? So schnell ich kann", versprach sie," Meld dich, wenn du was brauchst." "Mache ich. Danke Lea", lächelte ich leicht, bevor wir uns voneinander verabschiedeten. Ich wollte wirklich nicht, dass sie wegen mir auch noch Ärger bekommt oder sogar rausgeschmissen erden würde. Das konnte ich einfach nicht riskieren.
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Secret Love
FanfictionWeil sein Vater einen neuen Job angenommen hat und die Familie Havertz umziehen muss, kommt Kai auf eine neue Schule. Dort lernt er Julian kennen, welcher eine Stufe über ihm ist, und verguckt sich nach einer Zeit in seinen Kumpel. Julian geht es n...