Premier League. Das Wort, bei dem Ehefrauen automatisch schon mit den Augen rollen, während kleine Kinder in Trikot und mit Fußball in der Hand, der halb so groß ist wie sie selbst ist, eifrig von ihren Zukunftsplänen berichten. Fußball wird geliebt oder gehasst. Bei mir war es schon immer die große Liebe. Fußball war mein Leben und all mein Sein. Mein Herz brannte für den Fußball.
Mit viel Talent und noch mehr Ehrgeiz hatte ich es schließlich mit einundzwanig Jahren in die Premier League geschafft. Jetzt war ich dreiundzwanzig und mein Leben kreiste komplett um die Premier League.
Und um Sophia, meine Verlobte. Ich hatte sie bereits in meiner Kindheit kennengelernt und vor viereinhalb Jahren dann gefragt ob sie meine Freundin sein möchte. Sie war Model und wusste, was es hieß, im Mittelpunkt zu stehen. So wie ich. Unsere Geschichte hatte viele Höhen und Tiefen aber Sophia hat während der ganzen Zeit zu mir gestanden. Wir haben eine einzigartige Bindung und wir sind unzertrennlich. Ich sollte mich also als den glücklichsten Menschen der Welt beschreiben können.
Und ich war auch glücklich, wirklich glücklich sogar und darüber hinaus überaus dankbar dafür, wie mein Leben bisher verlaufen war. Doch irgendetwas fehlte. Ich konnte nur noch nicht genau sagen, was. War es der Kontakt zu meiner Familie oder das gesellige Miteinander, das ich früher mit meinen alten Teamkollegen auf dem Platz hatte, das mir nun fehlte. Ich konnte es nicht genau festmachen. Doch ich fühlte mich immer irgendwie zerrissen. Nicht komplett. Und dennoch war ich glücklich. Irgendwie.
Gerade irrte ich mit Sonnenbrille und Cap getarnt durch die Straßen Londons auf der Suche nach einem Blumenladen. Immer wenn meine Verlobte länger auf Reisen war, erwartete sie bei ihrer Rückkehr zu Hause ein Blumenstrauß und ein Essen von unserem Lieblingsrestaurant. Seit drei Wochen hatte ich sie nicht mehr gesehen, denn sie war damit beschäftigt, für irgendwelche Shootings rund um den Globus zu reisen. Das machte mir nichts aus, ich hatte ja Verständnis für ihren Job, genauso wie sie Verständnis für meinen hatte.
Dennoch hatte ich mich in den letzten drei Wochen in unserem Haus einsam gefühlt. Wir waren erst zwei Tage vor ihrer Abreise dort eingezogen und noch immer standen in jedem Zimmer Kisten und Umzugskartons herum, die sie mit mir gemeinsam auspacken wollte.
Sie traute mir nicht zu, das Haus selbst einzurichten. Aber das tat ich ja schließlich selbst nicht. Doch ich hatte mittlerweile genug davon, ständig nachts über irgendwelche Kartons zu stolpern. Deshalb erwartete ich sehnlichst ihre Rückkehr.
Und weil sie mir versprochen hatte, in jedem einzelnen Raum unseres neuen Hauses zu vögeln.
Ein Blick auf meine Uhr sagte mir, dass ich nicht mehr viel Zeit haben würde, bevor die Geschäfte schließen würden, daher eilte ich zügig weiter, in der Hoffnung, zufällig noch an einem Blumenladen vorbeizukommen durch die Gassen.
Das Glück schien heute auf meiner Seite zu sein, denn zu meiner rechten tauchte ein über und über mit Blumen dekoriertes Schaufenster auf, über dem ein großes Schild mit 'Julian's Sunflowers' angebracht worden war. Verwundert spickte ich durch das Schaufenster in den Laden hinein. Blumenläden waren doch immer nach Frauen benannt, oder etwa nicht? Ich hatte noch nie einen Blumenladen mit einem Männernamen gesehen.
Neugierig drückte ich gegen die Glastür und betrat das Blumengeschäft. Die Glocke über der Tür bimmelte, woraufhin sich die einzige Besucherin des Ladens kurz zu mir umdrehte, sich dann aber schnell wieder dem Gesteck vor sich widmete. Ich ließ meinen Blick etwas über die verschiedenen Blumen schweifen, doch wenn ich ehrlich war, hatte ich keine Ahnung davon. Sie waren alle hübsch und sahen doch alle irgendwie gleich aus. „Guten Tag, wie kann ich Ihnen helfen?", wurde ich aus meinem Gedankenkarussell gerissen. „Äh hallo. Ich bräuchte einen Blumenstrauß für meine Verlobte", stotterte ich noch etwas überrumpelt. Der Mann mit den blonden Haaren lachte etwas. „Wie viel müssen Sie denn wiedergutmachen? Welche Blumen sollen im Strauß enthalten sein?", erkundigte er sich, während seine grünen Augen mich so intensiv musterten, dass ich für einen Moment das Atmen vergaß. „Ich... also ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung von Blumen. Oh und es ist keine Wiedergutmachung, sondern ein Willkommensgeschenk. Sie war längere Zeit unterwegs." Ich sah, wie sein Mundwinkel amüsiert nach oben zuckte, bevor er wieder ein höfliches Lächeln aufsetzte.
„Dann scheint Ihre Verlobte ja richtig Glück mit Ihnen zu haben", sagte er, während er mich noch immer ausgiebig musterte. Ich fragte mich, ob er wusste, wer ich war und mich deshalb so ansah. „Scheint so", bestätigte ich seine Worte, woraufhin er sich flink von mir abwandte und durch den Laden huschte. Gleich darauf stand er mit einer Auswahl verschiedenster Blumen vor mir.
„Hat deine Verlobte irgendwelche Lieblingsblumen?", fragte er mit einem sympathischen Lächeln, dass sogar seine Augen fröhlich funkeln ließ. Mein Blick verharrte ein paar Sekunden an seinem schönen Gesicht, bevor ich mich peinlich berührt räusperte und schnell wieder zu den Blumen blickte, die für mich noch immer alle gleich aussahen. „Wenn ich das nur wüsste. Ich habe ehrlich keine Ahnung." Der Florist, auf dessen Namensschildchen Julian stand, lachte etwas, bevor er alle Blumen in eine Hand nahm, nur die Sonnenblume in der anderen Hand zurück blieb. Diese Blume hatte sogar ich erkannt. „Was hältst du von einem Strauß Sonnenblumen? Das sind meine persönlichen Lieblingsblumen. Die stehen für Fröhlichkeit, Wärme und Zuversicht. Und sie strahlen so sehr wie dein Lächeln. Ich bin sicher, dass sie deiner Freundin gefallen werden." Ich biss schnell meine Zähne zusammen, als ich spürte, wie sich aus unerfindlichen Gründen eine Wärme auf meinen Wangen ausbreitete. War es, weil dieser Mann gesagt hatte, ich hätte ein strahlendes Lächeln? Nein, das konnte nicht sein. Bestimmt waren meine Wangen nur rot geworden, weil er mich an Sophia erinnert hatte.
Die Frau, die ich liebte.
„Ich finde Sonnenblumen ja ganz schön, aber hast du vielleicht ein paar Blumen in rosa da? Sie liebt alles was pink ist." Ich konnte einen Funken Enttäuschung in seinen Augen erkennen, bevor er sich wieder den Blumen in seinen Händen zuwandte und erneut ein höfliches Lächeln aufsetzte. „Natürlich, was hältst du von Pfingstrosen?" Er deutete auf eine Blume in seiner Hand, woraufhin ich ergeben nickte. Egal wie oft ich schon einen Blumenstrauß für Sophia gekauft hatte, der Weg zum Blumenladen war mir bisher immer verhasst.
„Ich glaube, die könnten ihr gefallen", sagte ich, bevor der Florist gleich alle anderen Blumen wieder wegräumte und nach einer kurzen Frage, ob es denn ein Budget gäbe, gleich unzählige Pfingstrosen aus einer Vase zog. Er nahm noch etwas Grünzeug hinzu und fragte mich nach meinem okay, bevor er in einem Nebenraum verschwand und kurze Zeit später mit einem wundervollen Strauß zurückkam.
Ich wusste nicht, wie er das gemacht hatte, doch ich hatte noch nie einen so kunstvoll gestalteten Blumenstrauß gesehen.
„Vielen Dank, Julian. Der ist perfekt."
Mein Gegenüber strahlte wie die Sonnenblumen, die er vorhin noch in der Hand gehabt hatte, bevor er abkassierte und mir anschließend die Blumen reichte. Mit der Visitenkarte des Blumenladens in der Tasche und meinen Blumen in der Hand lief ich zügig wieder nach Hause. Knapp eine Stunde später kam meine wundervolle Verlobte zu Hause an.
„Hallo Sophia", begrüßte ich sie, bevor ich meine Lippen auf ihre legte und den ersten Körperkontakt seit langem genoss. „Hey Kaii", erwiderte sie und stahl sich noch einen Kuss. „Wie war dein Flug?", erkundigte ich mich, während ich den Strauß Pfingstrosen hinter meinem Rücken hervorzog. Statt einer Antwort erhielt ich ein strahlendes Lächeln von ihr, bevor sie mich erneut in eine Umarmung zog. Ich legte ebenfalls meine Arme um ihren Rücken. Doch alles, was ich vor meinem inneren Auge sah, waren nicht die leuchtenden Augen meiner Freundin, sondern die des Floristen
➤ Kapitel 1 von ,,Sunflower" ist da. Ich hoffe es gefällt euch :) Lasst gerne nette Kommentare oder ein paar Sternchen da. 🌟
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Sunflower | Bravertz ff
FanfictionKai ist Profifußballer in der Premiere League, dessen Leben zur Zeit nicht besser laufen könnte. Wäre da nicht diese eine Begegnung, die nicht loslassen wollte. ➤ A/N: mal wieder keine klischeehafte Bravertz FanFiction, da ist davon meiner Meinung...