Sophia legte eine Hand auf ihren Bauch und streichelte vorsichtig darüber. Das machte sie immer, seit sie wusste, dass sie schwanger war. „Hast du Gefühle für Julian?", fragte sie mich leise. Ihre Augenbrauen hatte sie gekränkt zusammengezogen und auch die Falte auf ihrer Stirn zeigte, wie sehr sie sich vor der Antwort fürchtete. Ich atmete tief durch, denn ich wusste, die Wahrheit würde ihr wehtun. Dann nickte ich. Eine andere Antwort würde sie nur noch mehr verletzen und das wollte ich wirklich nicht. Ich hatte ihr schon genug wehgetan.
„Was bin ich dann noch für dich?", wollte sie nun mit geschlossenen Augen erfahren. Ihre Wangen waren feucht und sie hatte mittlerweile beide Hände auf ihren Bauch gelegt, als wollte sie unsere Plaume vor dieser Auseinandersetzung beschützen. Ich nahm einen tiefen Atemzug, dann kniete ich mich vor sie auf den Boden und sah ihr ernst in die Augen. „Du bist meine Verlobte, die Mutter meines Kindes und die Frau, mit der ich mein Leben verbringen möchte", antwortete ich ihr ehrlich.
„Ist das so?" Schnell nickte ich. Denn für mich war Sophia die einzige Aussicht auf eine glückliche Zukunft. Mit ihr konnte ich eine Familie haben. Eine Familie, die ich nicht vor der Welt verstecken musste. „Ich... ich möchte, dass du heute Nacht auf dem Sofa schläfst", trug Sophia mir auf und wandte ihren Blick ab. Ihre geröteten Augen hatten sich aber bereits in mein Gedächtnis eingebrannt. Um ihr den Freiraum zu geben, den sie benötigte, nahm ich schnell meine Decke und mein Kissen und verließ unser gemeinsames Schlafzimmer.
Ich tat kaum ein Auge zu in dieser Nacht. Ständig hörte ich Sophias Worte durch meinen Kopf rauschen und ständig fragte ich mich, ob sie jetzt den Schlussstrich ziehen würde. Ich könnte es ihr nicht verdenken, doch wahrscheinlich wäre dann auch meine Karriere gelaufen. Sophia war wohl der einzige Grund, warum die Presse nicht länger auf den Gerüchten mit Timo verharrt hatte. Außerdem wollte ich, dass unser Kind in einer glücklichen Familie aufwuchs. Obwohl wir von glücklich momentan meilenweit entfernt waren.
Am nächsten Morgen begann ich beizeiten, das Frühstück vorzubereiten. Es war nichts Außergewöhnliches, doch ich war stolz, dass das Rührei nicht direkt in der Pfanne verbrannt war. Gerade als ich mir Mühe gab, den Tisch ordentlich herzurichten, hörte ich wie Sophia den Raum betrat. „Guten Morgen", begrüßte ich sie. Doch ein Blick genügte, um mir zu zeigen, dass auch sie diese Nacht nicht viel geschlafen hatte. „Ich habe Frühstück für uns gemacht", sagte ich vorsichtig und deutete auf den Tisch, auf welchem schon alles bereitstand. Sophia nickte gedankenverloren, dann setzte sie sich auf ihren üblichen Platz. Schweigend knabberte ich an meinem leeren Toastbrot, während ich hin und wieder meine Verlobte musterte. Wenn sie es denn noch war. Doch den Ring hatte sie noch nicht abgelegt.
Gerade, als ich wieder meinen Blick hob, um sie zu betrachten, räusperte sie sich und legte ihre Gabel beiseite. „Ich kann so nicht weitermachen, Kai", sagte sie mit überraschend fester Stimme. Ich nickte und raffte meine Schultern. Ich war nicht bereit für eine Trennung. „Ich habe dir vertraut, Kai." Ich nickte erneut, doch das schlechte Gewissen rammte mir einen Dolch geradewegs in mein Herz. Ich hatte doch nie die Absicht, Sophia zu verletzen.
„Es tut mir leid", flüsterte ich, obwohl ich wusste, dass ich damit wahrscheinlich nur noch Öl ins Feuer goss. „Das sagtest du bereits. Trotzdem hat es dich nicht davon abgehalten, mich zu hintergehen." Ich schluckte, denn das was sie sagte, entsprach der Wahrheit. Schnell stand ich auf, umrundete den Tisch und setzte mich auf den Stuhl neben ihr. Dann griff ich nach ihren Händen. „Bitte gib uns nicht auf Sophia, wir sind doch gerade dabei eine Familie zu gründen."
„Ist unser Pläumchen der einzige Grund, warum du dich nicht von mir trennst?" Ich schüttelte den Kopf und sah sie ernst an. „Nein, nicht nur. Ich mag dich, Sophia, du bist meine Traumfrau." Sie schniefte und schloss ihre Augen. Tränen fanden wieder ihren Weg über ihre Wange. „Das bringt aber nichts, wenn du schwul bist", sagte sie anklagend. „Ich bin nicht schwul!", rief ich den Satz aus, den ich in meiner Jugend oft wie ein Mantra vor mich her gesagt hatte. „Aber hetero bist du auch nicht", erwiderte Sophia schluchzend. Ich antwortete nichts mehr, denn wir wussten beide, dass das wahr war.
„Warum hast du es mir nie erzählt? Du wolltest mich heiraten, Kai. Du wolltest mit mir dein Leben verbringen und du hast dich nicht getraut, mir deine Sexualität zu offenbaren? Denkst du wirklich, ich hätte es weitererzählt?" Das war wie ein Schlag ins Gesicht. „Natürlich habe ich dir vertraut. Aber ich dachte, ich würde es nie jemandem erzählen müssen." Ich sah dabei zu, wie Sophia leicht den Kopf schüttelte und sich anschließend mit einer Hand durch die Haare kämmte. „Dann bin ich die einzige, die davon weiß?" Zerknirscht kräuselte ich meine Stirn. „Du und Julian und Timo", stellte ich es richtig. „Julian", murmelte Sophia nickend. „Natürlich, er muss es ja wissen."
Ich seufzte und lehnte mich etwas zurück. „Kannst du mir verzeihen?" Sophia rutschte etwas zurück und sah mich eine Weile lang einfach nur an. „Ich weiß es nicht, Kai. Vielleicht wäre es besser, wenn wir erst einmal etwas auf Abstand gehen würden." Ich nickte und griff wieder nach ihrer Hand. „Aber ich will, dass du in der Zeit keinen Kontakt zu Julian hast. Wenn ich erfahre, dass du dich noch einmal mit ihm getroffen hast, dann war's das mit uns, Kai." - „Ich werde mich nicht mit ihm treffen, versprochen."
Sophia musterte mich eine Weile aufmerksam, dann erhob sie sich von ihrem Stuhl. „Ich werde mal schauen, ob ich eine Weile bei wem anders wohnen kann." Ich nickte, dann stand ich ebenfalls auf. „Kai? Ich hoffe, du meinst es ernst." Langsam machte ich einen Schritt auf sie zu, dann griff ich nach ihren Händen und führte die eine Hand zu meinem Mund, um einen Kuss darauf zu geben. „Ich meine es wirklich ernst mit dir. Mit uns." Sophia nickte, dann zog sie ihre Hände aus meinem Griff. „Gut." Damit verschwand sie zur Tür hinaus.
Ich räumte schnell die Küche auf, dann packte ich meine Sporttasche und machte mich bereit, zum Trainingsgelände zu fahren. Bevor ich allerdings zur Tür hinaus verschwand, suchte ich noch Sophia, um mich von ihr zu verabschieden. Ich nahm an, dass sie heute Abend nicht mehr hier sein würde, wenn ich heimkommen würde. „Sophia?", machte ich auf mich aufmerksam, als ich sie schließlich im Schlafzimmer beim Kofferpacken fand. „Ich gehe jetzt", informierte ich sie. Von Sophia kam nur ein Nicken. „Darf ich mich nochmal von unserem Pläumchen verabschieden?" Wieder nur ein Nicken, doch das reicht mir vollkommen aus. Schnell ließ ich mich vor ihr auf die Knie fallen und hob ihr Oberteil etwas hoch. Sanft streichelte ich über die leichte Wölbung, die man jetzt schon sah. „Hallo Babyboy, hier ist dein Daddy. Ich werde dich jetzt ein paar Tage nicht mehr sehen, aber du sollst wissen, dass ich dich trotzdem unendlich lieb habe." Damit drückte ich Sophia noch einen Kuss auf den Bauch und stand dann auf. „Bis dann, Sophia. Ich hoffe, du kannst mir verzeihen."
➤ Wird Sophia, Kai wohl verzeihen?
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Sunflower | Bravertz ff
FanfictionKai ist Profifußballer in der Premiere League, dessen Leben zur Zeit nicht besser laufen könnte. Wäre da nicht diese eine Begegnung, die nicht loslassen wollte. ➤ A/N: mal wieder keine klischeehafte Bravertz FanFiction, da ist davon meiner Meinung...