Kapitel 14

345 15 0
                                    

Ich räumte noch die Unordnung im Wohnzimmer auf, da klingelte es auch schon an der Tür. „Hey Kai", rief meine Verlobte fröhlich, als sie die Tür hinter sich mit einem Tritt zuwarf. „Hallo Sophia", sagte ich, während ich innerlich versuchte, alle Schuldgefühle ihr gegenüber im Zaum zu halten. Meine Verlobte stellte ihre Koffer ab und sprang mir dann förmlich in die Arme. Zögernd legte ich meine Hände auf ihren Rücken, während sie die ihren in meinem Nacken verschränkte. „Ich habe dich vermisst", säuselte sie nahe an meinem Ohr und presste sich noch näher an mich. „Ich dich auch", erwiderte ich und hoffte, dass sie nicht an meiner Stimmlage hören konnte, wie aufgewühlt ich gerade war.

„Wie geht es unserem Pläumchen?", erkundigte ich mich und streichelte mit meinen Händen von ihrem Rücken an nach vorne, wo ich sie auf ihrem Bauch ablegte. Wir hatten einen Plan am Kühlschrank hängen, auf dem abgebildet war, wie groß der Fötus in den einzelnen Schwangerschaftswochen war. Und in der dreizehnten Woche hatte er die Größe einer Pflaume. „Unserem Pläumchen geht es gut", lachte meine Freundin, die sich nun zurücklehnte, um mir in die Augen sehen zu können. „Das freut mich", antwortete ich. Doch eigentlich schafften es meine Schuldgefühle, die ganze Vorfreude zu verdrängen. Das Baby war noch nicht einmal auf der Welt und ich hatte mich schon jetzt als schlechten Vater erwiesen. Ich hatte seine Mutter betrogen. Wie sollte ich da dann noch ein Vorbild für unser Baby sein?

„Wie war die Reise?", fragte ich und verzog meine Lippen zu einem aufgesetzten Lächeln. Ich versuchte mich daran zu erinnern, wie glücklich Sophia mich immer gemacht hatte. Dass sie meine absolute Traumfrau war. Sie war wirklich mein persönlicher Jackpot. Und jetzt sogar die Mutter meines Kindes. Ich sollte mich als den glücklichsten Menschen der Welt bezeichnen können. Und doch wusste ich, dass Julian sich nicht so einfach aus meinen Gedanken verdrängen lassen würde. Aber vielleicht sollte ich genau das versuchen. Ich sollte Julian vergessen. Denn mit Sophia hatte ich alles, was wollte. Eine Familie und die Chance meinen Traum verwirklichen zu können. Wer wusste, ob Julian nach diesem Abschied überhaupt noch mit mir reden würde? Doch auch wenn er die ganze Zeit durch meine Gedanken wanderte und ich die Nacht mit ihm sehr genossen hatte, wusste ich leider zu gut, dass ich mit ihm nie glücklich werden könnte. Schließlich war er ein Mann.

„Der Flug war angenehm, es gab keine Turbulenzen", riss meine Verlobte mich aus meinen Gedanken. „Schön." Ihre Mundwinkel wanderten nach oben, bevor sie sich mir entgegen lehnte und ihre Lippen auf meine legte. Ich erwiderte den Kuss und versuchte so viel Zuneigung hineinzulegen, wie ich es getan hatte, bevor ich in Julian's Blumenladen marschiert war. Doch es war für mich die reinste Herausforderung, meine Lippen sanft an ihren zu bewegen. Es fühlte sich nicht mehr natürlich an. Nicht mehr so natürlich, wie es sich mit Julian angefühlt hatte. „Denkst du an den Termin heute Mittag?", flüsterte Sophia, als sie sich wieder von mir gelöst hatte. Ich versuchte, meine Lippen zu einem Grinsen zu verziehen, doch ich war mir sicher, dass sie in meinen Augen alles ablesen konnte. Ich war schon immer ein offenes Buch für sie. „Vierzehn Uhr dreißig. Ich werde da sein", bestätigte ich. „Gut, dann treffen wir uns da." Damit drehte sie sich um und wollte sich wohl ihren Koffern zuwenden, als ihr ein Quietschen über die Lippen kam. „Sind die für mich?", freute sie sich mit Blick auf die Blumen, die ich gestern dort abgestellt hatte. Schnell nickte ich, während meine Verlobte die Blumen aus der Vase hob. „Du hast mir Lilien besorgt", rief sie glücklich. Lilien, das würde ich mir wohl nie merken können. „Oh, Kai, ich liebe dich." Damit drehte sie sich wieder zu mir um und küsste mich erneut. Mir wurde augenblicklich heiß und kalt zugleich, während ich ihr 'Ich liebe dich' erwiderte. Sie versenkte ihre Nase in den Blüten, nur um mich kurz darauf skeptisch zu mustern. „Hast du die bei Julian geholt?" Ich schluckte und nickte, während ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen. Sophia zog eine Augenbraue nach oben, sagte aber nichts mehr dazu, sondern stellte einfach die Blumen zurück in die Vase und verschwand mit ihren Koffern im Haus.

Ich atmete einmal tief durch, dann schnappte ich mir meine Sporttasche und machte mich dann auf den Weg ins Training. In der Kabine saß ich wieder neben Mason, der heute total aufgedreht schien. Als wir dann gemeinsam auf den Platz liefen, schien er fast zu platzen. „Was ist denn heute mit dir los?", fragte ich und versuchte in meinen Erinnerungen zu forschen, ob er mir bereits erzählt hatte, wieso er so aus dem Häuschen sein könnte. Mason hielt an und bedachte mich mit einem bedeutungsvollen Blick. „Wir haben gestern erfahren, dass Catherine schwanger ist", flüsterte er, sodass unsere Teamkollegen es nicht hören konnten. „Das ist toll, Glückwunsch", antwortete ich ihm leise und fühlte, wie ein neidisches Gefühl sich in mir breit machte. Mason würde ein toller Vater werden. Er und Catherine hatten sich zwar schon getrennt, doch er hatte sie noch nie betrogen bis sie jetzt wieder zusammen gekommen sind. „Danke, Kumpel", freute er sich. Dann marschierten wir gemeinsam aufs Feld. Aus meinem Plan, pünktlich zu verschwinden wurde leider nichts, denn mein Spielerberater zog mich nach dem Training noch einmal zur Seite, um mich nach den Gerüchten mit Timo zu befragen. Diese Gerüchte waren nun schon eine gefühlte Ewigkeit aus der Welt, doch er hatte wohl das Bedürfnis, mir immer wieder einzubläuen, dass ich wirklich hetero war. Da mir dieses Thema wirklich mehr als zuwider war, hatte ich ihn schließlich mitten im Gespräch einfach stehen lassen und war dann schnell zu Sophias Frauenarztpraxis gefahren. Mit zehn Minuten Verspätung rannte ich die Treppen in dem Ärztehaus nach oben, bis ich schließlich bei Sophias Frauenarztpraxis ankam. An der Anmeldung erfuhr ich, in welchem Sprechzimmer Sophia war, welches ich dann auch sogleich betrat. Meine Verlobte lag bereits auf einer Liege, während die Ärztin nebendran auf einem Hocker saß und etwas an dem Ultraschallgerät herumwerkelte. „Ah, Herr Havertz, Sie haben es also auch geschafft", begrüßte mich die Ärztin, während ich langsam auf Sophia zuging und nach ihrer Hand griff. Meine Verlobte lächelte mich zaghaft an und ich konnte auch schon die Ungeduld in ihren Augen sehen. Ich wusste, wie sehr sie sich auf diesen Termin gefreut hatte. „Wollen Sie dann erfahren, welches Geschlecht ihr Kind hat?", fragte die Ärztin die Frage, auf die Sophia und ich schon brennend eine Antwort haben wollten

➤ Was denkt ihr?

Sunflower | Bravertz ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt