Kapitel 7

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Dass das Leben nicht immer so spielte, wie man es gerne hätte, wurde mir heute wieder bewusst. Ich spürte ein unerklärliches Gefühl der Vorfreude in mir, als ich daran dachte, dass der Florist heute Abend zu uns kommen würde. Und doch hatte ich alle Mühe, ihn tatsächlich nur als solchen zu sehen: nämlich einen Floristen, der die Blumen an Sophia's Geburtstagsparty arrangieren würde.

Da aber trotz der Bilder von Sophia und mir auf dem Weg ins Restaurant noch immer die Gerüchte in der Welt standen, ich wäre schwul, wurde ein Pressekonferenz einberufen. Der offizielle Grund dafür war natürlich ein anderer, doch inoffiziell wollte unser Management dadurch erreichen, dass ausnahmslos alle Spieler vor der Welt als hetero galten.

Natürlich nicht, weil sie selbst homophob waren. Nein, natürlich nicht. Natürlich nur, weil sonst die Sponsoren abspringen würden. Aber die waren natürlich auch nicht homophob, natürlich nicht, sie hatten nur Angst, dass die Fans unserem Verein den Rücken kehren würden, sollte ein Spieler sich outen. Das aber statistisch belegt wurde, dass für den Großteil der Fans die Sexualität der Spieler keine Rolle spielte, interessierte das Management nicht.

In der Pressekonferenz, die auf achtzehn Uhr angesetzt wurde, schien es nur darum zu gehen, glaubhaft darzulegen, dass ich heterosexuell war. Immer wieder musste ich beteuern, nicht schwul zu sein. Und immer wieder musste ich erklären, wie glücklich ich mit Sophia war. Am Schluss verfluchte ich das ganze System und meine komplette Karriere. Schließlich war ich mit Sophia zusammen, weil ich sie tatsächlich mochte und nicht, weil ich der Welt vorspielen wollte, hetero zu sein, wie es etwa diese Idioten von der Presse darstellen wollten.

Völlig ausgelaugt machte ich mich schließlich auf den Heimweg. Als ich um zwanzig Uhr die Tür zu unserem Haus aufschloss, hatte ich nur noch das Bedürfnis mich mit Sophia's italienischem Wein vor den Fernseher zu legen und das Spiel der Leverkusener weiterzuschauen. Julian würde ohnehin nicht mehr da sein, dabei hatte ich mich wirklich auf die Anwesenheit des Lockenkopfs gefreut. Vielleicht einfach, weil er eine solche Frohnatur war, die einem im Profifußball nur sehr selten begegnete

„Hey Babe, ich bin zu Hause", rief ich, während ich meine Tasche im Flur in eine Ecke warf und meine Schuhe abstreifte. „Wohnzimmer", kam es zurück, gefolgt von Gekicher. Das konnte nichts Gutes bedeuten. Wahrscheinlich waren ihre Freundinnen wieder zu Besuch. Ich atmete einmal tief durch, bevor ich langsam unsere große Wohnküche betrat. Dort saß Sophia an unserem Esstisch, eine geöffnete Flasche Wein vor sich und... „Julian?", fragte ich verwundert, woraufhin der Lockenkopf sich zu mir umdrehte und mich mit einem strahlenden Lächeln begrüßte. „Hallo Kai"

Verwirrt ging ich auf die beiden zu und drückte Sophia einen Kuss auf die Wange, bevor ich mich neben sie setzte. „Hallo Julian, ich hätte nicht gedacht, dass du noch da bist." Ich bemerkte, dass auch vor ihm ein Glas Wein stand. „Habe ich euch bei irgendetwas unterbrochen?", fragte ich scheinheilig mit Blick zu meiner Verlobten, die ziemlich glücklich aussah. „Nein, wir haben auf dich gewartet. Sowieso hat Julian mir klargemacht, dass ich nicht sein Typ bin", erwiderte sie mit gespielt gekränktem Unterton.

Ich lachte, während ich mich erhob, um auch mir ein Weinglas zu holen, das ich sogleich befüllte. „Kaum lasse ich dich fünf Minuten allein, flirtest du schon wieder mit einem anderen Mann", beschwerte ich mich nicht ganz ernst gemeint. Ich kannte meine Verlobte ja und ich wusste, dass sie gerne ein wenig flirtete. Doch ich wusste auch, dass das für sie keine Bedeutung hatte.

Sophia stieg in mein Lachen mit ein und griff mit beiden Händen nach meinem Arm, bevor sie mir einen Kuss auf die Wange drückte. „Tja, dieses Mal musst du dir aber keine Sorgen machen, denn Julian hat mich direkt abgewiesen. Ich sei ihm nicht männlich genug. Du hättest wahrscheinlich mehr Chancen bei ihm."

Ruckartig wandte ich meinen Blick zu Julian, der mir ein schiefes Grinsen zuwarf. Ich verschluckte mich fast an meinem Wein, als er mir dann auch noch zuzwinkerte. Nicht männlich genug? Aber das würde ja bedeuten...

Ich hatte Mühe, meinen Atem unter Kontrolle zu bekommen, denn ich spürte, wie sich die Aufregung in mir breit machte. Ein seltsames Gefühl schlich sich durch meinen ganzen Körper. „Julian, magst du Kai erklären, was wir jetzt besprochen haben?"

Julian nickte, noch immer mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht, schnappte sich den Ordner, der vor ihm lag und umrundete anschließend den Tisch, nur um sich auf dem Platz neben mir niederzulassen. Schnell nahm ich noch einen Schluck von meinem Wein, denn seine plötzliche Nähe machte mich ganz nervös. Und auch die Wärme, die er ausstrahlte, schien meine Seiten zum Glühen zu bringen.

In einem Zug leerte ich das Glas und schenkte schnell noch einmal nach, während Julian den Ordner aufklappte und einige Blätter ordentlich vor mir ausbreitete. „Dieses Arrangement haben wir für die Stehtische ausgewählt", sagte er mit einer Stimme, die plötzlich ziemlich rau und doch warm klang. Und unheimlich anziehend auf mich wirkte.

Schnell hustete ich und versuchte seine Nähe auszublenden, während er sich zu mir lehnte und mit seinem Finger auf irgendetwas deutete, was auf den Zetteln war. Doch alles was ich sah, waren seine langen Finger, die ich mir gerade bei gewissen anderen Aktivitäten vorstellte. Ich atmete tief ein und aus und versuchte ruhig zu bleiben und mir nicht anmerken zu lassen, dass ich den Mann zu meiner Rechten unbeschreiblich attraktiv fand.

Plötzlich klingelte ein Telefon, das auf dem Tisch lag. „Huch, da sollte ich rangehen. Ist es okay, wenn ich euch beide einen Augenblick alleine lasse?", fragte Sophia, während sie schon aufsprang und den Anruf entgegennahm. Ich konnte sie nur ansehen und nicken, denn Julian brachte mich so durcheinander, dass alles was ich wahrnahm die Hitze war, die von ihm ausging und das raue Lachen, das wie Musik in meinen Ohren klang.

Sophia sah mich aufmunternd an, dann verschwand sie aus dem Raum. Sie dachte wohl, ich würde Panik schieben, weil ich nun über Blumen reden musste. Dabei war mir einfach nur nicht wohl dabei, so nahe neben diesem attraktiven Mann zu sitzen. Mein Blick war noch immer auf die Tür gerichtet, aus der Sophia verschwunden war, als ich Julians Stimme vernahm. „Lilien", sagte er leise. „Was?", schnell lenkte ich meine Aufmerksamkeit dem Floristen zu. „Lilien sind die Lieblingsblumen deiner Verlobten." Julian lachte etwas, woraufhin das schiefe Grinsen seinem Gesicht erhalten blieb. „Oh", gab ich geistlos von mir.

„Ich persönlich finde Sonnenblumen schöner", flüsterte ich, während ich seinen intensiven Blick erwiderte und in die grünen Augen sah, die nur Zentimeter von meinen entfernt waren. „Ich auch", erwiderte Julian genauso leise.

Mein Atem ging immer schwerer, während sein Blick mich gefangen hielt. Langsam kam ich ihm näher, wodurch sich eine Hitze in mir ausbreitete, die mich mehr zum Schwitzen brachte, als ein Fußballspiel in der prallen Sonne. Ich befeuchtete meine trockenen Lippen und bevor ich überhaupt darüber nachdenken konnte, wie mir gerade geschah, lagen meine Lippen schon auf seinen.

➤ Der erste Bravertz Kuss 🤗 Was denkt ihr, wie Julian reagieren wird?

Sunflower | Bravertz ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt