„Wann wolltest du es mir sagen?", fauchte Timo und zog dabei verärgert seine Augenbrauen zusammen. „Was sagen?", erwiderte ich überrumpelt. „Na was wohl? Ich dachte, ich wäre dein bester Freund." - „Das bist du doch auch", erzürnte ich mich. „War das mit Sophia alles nur Fake? Die Verlobung? Die Schwangerschaft?", fragte Timo mit einem wissenden Blick. Eiseskälte breitete sich in meinem ganzen Körper aus. „Natürlich nicht, ich bin wirklich mit Sophia verlobt und sie ist wirklich schwanger", klärte ich ihn auf. Timo raufte sich die Haare und entließ ein verzweifeltes Stöhnen, dann legte er seine Hände an meine Wangen und sah mich eindringlich an. „Was ist dann das mit Julian? Dachtest du wirklich ich würde die Blicke nicht bemerken? Die Spannung zwischen euch?" Ich zog scharf sie Luft ein und schluckte einmal schwer. „Da ist nichts", sagte ich, während ich meinem besten Freund zwangsweise in die Augen sehen musste. Seine Hände hielten meinen Kopf an Ort und Stelle, während er mich aufmerksam musterte.
„Das kannst du dem Weihnachtsmann erzählen, aber nicht mir." Ich spürte plötzlich einen Druck auf meiner Lunge, der mich fast am Atmen hinderte. „Wenn ich sehe, wie du ihn ansiehst, könnte ich glatt meinen, du wärst verliebt. Aber dann denke ich, dass du mir, deinem besten Freund, es doch sicher erzählt hättest, wenn du Gefühle für diesen Mann hättest."
Da wusste ich plötzlich, was los war. Timo war nicht wütend auf mich. Er war schlichtweg enttäuscht. „Sei bitte ehrlich zu mir, Kai. Ich habe gerade das Gefühl, dich gar nicht zu kennen." Ich zögerte einen Moment, als ich seinen verletzten Blick bemerkte, dann schluckte ich und schüttelte seine Hände ab.
„Ich bin noch immer Kai. Dein bester Freund Kai", erwiderte ich mit fester Stimme. Wahrscheinlich laut genug, damit auch Julian es hören konnte. „Aber mein bester Freund Kai würde mir erzählen, wenn er in wen anders verliebt wäre." Nervös runzelte ich die Stirn und sah über Timos Schulter hinweg zu Julian, der dort, wie bestellt und nicht abgeholt, im Schein der Straßenlaterne stand und nicht wusste, wo er hinsehen sollte. „Bist du in Julian verliebt?", riss Timo mich aus meinen Gedanken. Instinktiv wollte ich meinen Kopf schütteln, ganz nach dem Motto 'niemand darf erfahren, wie ich wirklich bin'. Aber er wusste ja von meinen „schwulen Tendenzen" so wie Sophia das jetzt nennen würde und Timos verletzter Blick von vorhin hatte mir gezeigt, dass ich jetzt ehrlich sein musste. Einen kurzen Augenblick spielte ich mit dem Gedanken, unsere Freundschaft zu beenden, anstatt ihm gegenüber einfach ehrlich zu sein. Denn die Wahrheit war wie ein Feuer, das drohte, alles niederzubrennen, sollte die Glut an falsche Orte getragen werden.
Timo legte seine Hände auf meine Schultern und brachte mich dadurch zurück in die Realität. „Ich...", stammelte ich, denn ich hatte keinen blassen Schimmer, was ich wirklich für Julian fühlte. Schließlich kannte ich ihn ja noch gar nicht so lange. Doch diese eine Nacht, die wir zusammen verbracht haben, würde ich nie vergessen. Dann, weil ich keine Worte fand, die meine Empfindungen beschreiben würden, nickte ich einfach als Antwort. Und egal, welche Reaktion ich von Timo erwartet hatte, diese war es nicht. Er begann augenblicklich zu grinsen und seine Augen leuchteten schon beinahe so sehr wie damals als er erfahren hatte, dass er Vater werden würde.
„Ich wusste es. Ich hatte schon immer eine gewisse Vermutung, doch als ich dich das erste Mal zusammen mit Julian gesehen habe, da war ich mir komplett sicher", frohlockte Timo, dessen Freude ich nicht ganz nachvollziehen konnte.
Er wollte gerade dazu ansetzen, noch etwas zu sagen, als eine schwarze Mini Limousine neben uns hielt. „Dein Fahrer schafft es tatsächlich, Dich abzuholen? Ich bin beeindruckt", gab ich baff von mir. „Ja und er wird uns beide jetzt zu dir bringen, damit du mir das alles einmal ausführlich erklären kannst", erwiderte er, während er Julian zum Auto winkte, in das wir anschließend alle drei einstiegen.
Zu dritt quetschen wir uns auf die Rückbank, dabei bemerkte ich, wie Timo extra vor der Tür gewartet hatte, damit ich neben Julian sitzen musste. Ich wusste nicht, ob ich ihm dafür danken oder ihn hassen sollte, jedoch stellte Julian, dessen Seite komplett an meine gepresst war, meine ganze Gefühlswelt Kopf.
Sein Oberschenkel lehnte an meinem und seine Hand auf seinem Knie, wo er nacheinander mit jedem seiner Finger gegen sein Bein trommelte. Langsam und unauffällig ließ ich meine Hand meinen Oberschenkel entlang gleiten, bis sie auf der Höhe von Julians Hand war. Mit angehaltenem Atem berührte ich seinen kleinen Finger mit meinem und verschränkte die beiden Finger schließlich. Erst dann wagte ich es, meinen Blick zu heben. Die Luft war zum Zerreißen gespannt, als ich seinen forschen Blick auf mir bemerkte. Julian schenkte mir ein schiefes Grinsen, welches ein warmes, prickelndes Gefühl durch meinen ganzen Körper jagte.
Das Klingeln eines Telefons riss uns aus unserer kleinen Welt, in der wir uns ungestört anschmachten konnten. Timo schnaubte genervt, dann nahm er den Anruf an und hielt sich das Telefon ans Ohr. Er redete nicht viel, sondern gab überwiegend einfach zustimmende Laute von sich. Als er dann wieder aufgelegt hatte, erklärte er dem Fahrer, dass er ihn zuerst heimfahren sollte. „Paula will, dass ich mich um Teddy kümmere. Sie ist etwas überfordert", klärte er uns dann auf.
Kurze Zeit später hielten wir dann vor dem Haus der jungen Familie. „Ciao Leute, bis die Tage", verabschiedete er sich, bevor er mich mit hochgezogener Augenbraue musterte. „Kai, wir reden Morgen", bestimmte er, als er aus dem Auto ausstieg und Julian und mich zurückließ. Der Florist nannte dem Fahrer seine Adresse, woraufhin dieser auch gleich losfuhr. Trotz des frei gewordenen Sitzplatzes blieb ich neben Julian sitzen, dessen Nähe ich keine Sekunde missen wollte. Auch wenn ich das niemals zugeben würde.
Vorsichtig verhakte ich wieder unsere kleinen Finger, während wir durch London brausten. „Hast du Sophia von uns erzählt?", raunte Julian mir zu, als er langsam unsere Hände miteinander verschränkte. Ich wandte meinen Blick wieder von unseren Händen zu seinem Gesicht, das mir so nahe war, dass ich sogar seinen warmen Atem an meinen Lippen spüren konnte. „Sie weiß Bescheid", antwortete ich ihm. „Wie hat sie es aufgenommen?" Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, doch es genügte um ein loderndes Feuer in meinem Inneren zu entfachen. Ich konnte es nicht mehr leugnen, ich begehrte Julian, mehr als ich sollte
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Sunflower | Bravertz ff
FanfictionKai ist Profifußballer in der Premiere League, dessen Leben zur Zeit nicht besser laufen könnte. Wäre da nicht diese eine Begegnung, die nicht loslassen wollte. ➤ A/N: mal wieder keine klischeehafte Bravertz FanFiction, da ist davon meiner Meinung...