Kapitel 42

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Annika
Selbstsicher aber mit zittrigen Fingern ging ich auf die beiden Wachen vor Lilah's Zelle zu. Mein Vorteil bestand darin, dass viele dachten ich wäre die hübsche Blondiene, die nie einen Finger krumm machte und nur auf ihr Äußeres bedacht war. Sie dachten ich hätte nicht mehr wie Schminke im Kopf. Sie dachten ich wäre schwach und dumm. Natürlich interessierte ich mich für all das aber ihre Annahme war falsch. Jorij hatte nur recht, weil ich es nicht widerlegte. Jorij gewann nur, weil ich ihn gewinnen ließ. Ich war stärker als viele dachten. Im körperlichen und geistigen Bezug.

Und als ich darüber nachdachte was für ein Bild die Leute von mir hatten, wurde mir auch klar warum Jorij mich als Freundin ausgesucht hatte. Die Betonung liegt auf ausgesucht, denn das hat er getan. Nachdem Lilah ihn angeschossen hatte, hatte ich mich um ihn gekümmert und mit der Zeit wurde er immer zugänglicher. Freundlicher. Und mit der Zeit hatte ich mich in ihn verliebt und ihn bei allem unterstützt.

Das war der Grund, warum er mich *ausgesucht* hatte. Ich habe nie irgendwas widersprochen. Ich war die perfekte beistell Freundin. Er wollte nur zeigen, dass ihm nichts an Lilah lag und das er immernoch so stark war wie vor dem Schuss. Ich bin nur ein Mittel zum Zweck gewesen. Und dieser Fakt machte mich wütend. Wütend auf mich selbst weil teilweise doch die dumme Blondiene war, für die mich alle hielten.

Mit hoch erhobenem Kopf stand ich vor den beiden. ,,Ich wünsche zu Jorij Simirnow gelassen zu werden." verlangte ich trocken, mich innerlich auf das Schlimmste vorbereitend. Der rechte Mann nickte einmal und entsicherte die Tür. Er drückte sie auf und gewehrte mir einen kleinen Einblick auf einen dunklen Raum. Die einzige Lichtquelle war eine sperlich leuchtende Glühbirne. Das Licht vom Flur wurde augenblicklich geschluckt und hatte keine Chance mir mehr zu zeigen.

Mit festen Schritten ging ich die letzten Schritte in die Zelle. Als die Tür hinter mir mit einem lauten Krachen zu fiel zuckte ich leicht zusammen. Irgendwas stimmte nicht in diesem Raum. Der penetrante Geruch von Blut, Schweiß und Jorij's Parfüm lag in der Luft und biss in der Nase. Doch da war noch etwas anderes. Ein anderer Duft. Eine andere Person. Aber welche Person konnte ich unmöglich ausmachen. Ich blieb stehen und räusperte mich. ,,Jorij. Ich bins Ann. Wir müssen mal reden." Meine Stimme war fest und vermittelte, dass ich sauer war. Auf wen, konnte Jorij sich jetzt aussuchen.

Ein Schatten löste sich von der Wand. Langsam kam die Person auf mich zu. Als sie in das schwache Licht trat erschreckte ich mich. Angst branndete in mir auf. Pure kalte Angst. Ich versuchte verzweifelt mein ernstes Gesicht bei zubehalten und den Drang, sofort um zu kehren und nie wieder dieses Haus zu betreten, zu unterdrücken. ,,Meine Liebe Annika. Wie schön, dass du mich besuchst." Jorij trat noch einen Schritt näher und ich biss fest meine Zähne zusammen.

Seine glänzenden Augen waren dunkel und zusammen mit seinem leicht angezogenen Mundwinkel wirkte er irre. Absolut irre und in eine Art Mordrausch. Die Lust andere Menschen zu verletzten war förmlich sichtbar. Dunkelrote Blutspritzer waren auf seinem Gesicht, seiner Brust und seinen Armen. Seine Hemdsärmel waren hochgekrempelt und seine Hände in den Hosentaschen vergraben. Sein hellbraunes Haar fiel ihm wirr in die Stirn und er schien verschwitzt zu sein. Oder war das doch Lilah's Blut? Einzelne Strähnen klebten in seinem blutverschmierten Gesicht.

Nachdem ich Jorij's Anblick einigermaßen verdaut hatte brachte ich meine Show, in der Hoffnung Lilah würde das alles nicht mehr mitbekommen. Das Schlimmste wäre, wenn sie dachte, ich wäre nicht für sie da. Ich verschränkte meine Arme vor der Brust und schaute ihm wütend ins Gesicht. ,,Warum hast du mir nicht gesagt das Lilah eine Spionin ist? Hm? Ich bin genauso Teil der Familie und ich habe, als deine Freundin, ein Recht darauf sowas zu wissen." fragte ich ihn forsch woraufhin er nickte.

,,Ja du hast recht es tut mir leid." gab er zu fokussierte mich im gleichen Moment aber auch misstrauisch. ,,Aber woher weißt du es?" Ich machte eine abfällige Handbewegung. ,,Sie hat es mir erzählt." maulte ich, beleidigt von seiner indirekten Anschuldigung. ,,Ah ja?" Er zog kurz die Nase hoch und wischte sich mit dem Handrücken einen Blutstropfen weg der über seine Wange nach unten lief. Jetzt hatte ich auch seine Hände gesehen. Sie waren ebenfalls blutverschmiert aber ich bezweifelte, dass es nur Lilah's Blut war.

La Mafia - Meine EntführungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt