21. Colin - auf ein Date

342 46 14
                                    

Nachdem er mich ohne zu zögern mit zu sich genommen hatte, saßen wir nun gemeinsam auf dem Boden seines Wohnzimmers, aßen die bestellen Burger und Pommes und sahen uns dazu einen Film an. Doch statt mich auf ebenjenen zu konzentrieren, wanderte mein Blick immer wieder zu ihm hinüber. Streifte sein Seitenprofil und ließ mich innerlich aufstöhnen. Er sah so gut aus. Das hatte ich schon immer gefunden, so aus der Ferne gesehen, aber auch von Nahem verfehlte er seine Wirkung nicht. Hitze flutete meinen Körper, solange ich den seinen scannend abfuhr. Angezogen war er schon heiß, wie er wohl nackt aussah?

Gott, hatte ich mir das oft vorgestellt. Hatte an ihn gedacht, während meine Hand tiefer fuhr, ganz gleich ob im Bett oder unter der Dusche. Wenn sich meine Fantasie verselbständigte und ich beim Gedanken an ihn kam.

Und mal wieder war ich meiner Schwester dankbar, für ihr Einmischen. Hatte ich mir heute Vormittag nicht erst etwas Zeit mit ihm alleine gewünscht? Schon stand sie verfrüht auf der Matte und machte es mir möglich, diesen Abend, diese Nacht, dieses Date mit Ian zu erleben. Denn nichts anderes war es, was wir hier gerade taten. Und bis jetzt fühlte es sich einfach nur schön an. Endlich einmal unbeobachtet beieinander zu sitzen, Schulter an Schulter. Die Nähe des jeweils anderen zu spüren und zu genießen. Selbst dann, wenn meine Gedanken an und wann auf Abwege gerieten.

Sicher, ich hätte einfach nur nach ihm greifen brauchen, ihn küssen, dann würde das Spiel bestimmt ins Rollen geraten. Und doch war dieses Warten, dieses sich zurückhalten, ein Spaß. Es ließ mein Herz schneller schlagen, meinen Mund trocken werden. Es schürte die Sehnsucht gleich der Vorfreude. Dazu machte es mich an und gleichzeitig fuhr mir dieses bittersüße Ziehen durch die Nervenbahnen. Elektrisierte mich. Ja, doch, ich wollte ihn, am liebsten gleich und im selben Augenblick wollte ich es so lange wie möglich hinauszögern.

„Eis?“, riss er mich aus meiner Betrachtung und ertappt hob ich den Blick, der sich tiefer und tiefer verirrt hatte, nur um seinem Amüsierten zu begegnen. „Ich glaub’, da hat jemand eine Abkühlung nötig“, setzte er zwinkernd wissend hinzu und erhob sich, um kurzerhand in der Küche zu verschwinden. Erleichtert über die kurze Pause fächerte ich mir etwas Luft zu. War nur mir so heiß?

„Oh wie romantisch ...“, begrüßte ich ihn, als er sich einen Augenblick später mit einer Packung Eis und zwei Löffeln wieder neben mir niederließ.
„Ja, Romantik kann ich!“, erwiderte er grinsend. Lehnte sich erneut an mich, während er mir das Päckchen, sowie einen der Löffel reichte.

„Wo wir schon bei Romantik sind ...“, fing ich den Faden auf und zwinkerte ihm meinerseits zu. „Wie viele romantische Beziehungen hattest du schon?“ Er wusste von Toni, da war es nur fair, wenn ich auch etwas von ihm erfuhr. Immerhin war Toni mein Erster und Einziger. Danach folgen lediglich ein paar zwanglose Sexdates. Ian war praktisch der Erste, der mich richtig interessierte. Von dem ich mehr wollte, als nur Sex. Gut, vielleicht nicht grade jetzt in diesem Augenblick.
„Null“, bekam ich zur Antwort und hob automatisch etwas ungläubig die Augenbraue.
„Null?“, wiederholte ich, als ich keine Antwort bekam. Irgendwie konnte ich mir gar nicht vorstellen, dass er in seinem Alter noch nie eine ernsthafte Beziehung geführt hatte. So wie er aussah, waren ihm bestimmt die Kerle zu Haufe nachgelaufen.
„Hmmm ...“, brummte er kryptisch, registrierte meinen Blick und lachte kehlig auf. Musste ich erwähnen, dass mein ganzer Körper im Nu von einer Gänsehaut überzogen wurde? Am liebsten hätte ich gestöhnt, und mich geschüttelt, stattdessen schob ich diesen Gedanken beiseite und musterte ihn durchdringend.
„Ist ja gut“, lachte er auf. „Nichts wirklich Romantisches. An der Uni gab es mal einen Kerl, mit dem bin ich ein paar Monate ausgegangen. Aber irgendwie lief die Sache eher zweckmäßig und praktisch ab, weil ich den Lernstress jederzeit abbauen konnte, ohne mir vorher jemanden suchen zu müssen. Und ihm ging es genauso. Als wir beide bestanden hatten, trennten sich unsere Wege praktisch genauso unspektakulär, wie sie begonnen hatten“, erzählte Ian, zuckte mit den Schultern und steckte sich einen Löffel Eis in den Mund. Genussvoll senkte er die Augenlider, lutschte daran, bevor er den Löffel wieder herausholte und seine Zunge drumherum spielen ließ. Holy shit! Das machte er doch mit Absicht! Und welcome back in der Pubertät. Den Herrgott noch mal, wann war ich das letzte Mal so schnell, so hart und gleichzeitig eifersüchtig auf einen Löffel gewesen? Nie! Never ever!

Sweet EasterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt