KAPITEL XXIII | In See stechen

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„Pyxisgewächs?", wiederholte Jorik verwundert.

Femke hatte ihm auf seinem Weg durch das Lager abgefangen. Bei dem Anblick des Heilers hatte sie augenblicklich an Nieks Informationen über Drachenverwandlungen denken müssen. Wenn sich eine Person hier mit Kräutern auskannte, dann musste es Jorik sein. Doch als Femke ihm den befremdlichen Namen genannt hatte, hatte dieser nur planlos dreingeschaut.

„Ich habe diesen Namen noch nie gehört", meinte er sogleich. „Aber vielleicht nennt X das Gewächs bei einem anderen Namen, als wir es tun würden. Weißt du, wie es aussehen soll."

„Scheinbar soll es strahlend bunte Blüten haben, aber davon kenne ich viele", gab die Erste Offizierin Nieks Beschreibung wieder.

„Das stimmt", murmelte Jorik. Der Mann kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf und schaute dabei hinauf zur oberen Kante der Grube, welche von einem mittlerweile vollständigen Holzzaun abgesichert wurde. Dann seufzte er: „Tut mir leid, mir fällt dazu gerade nichts ein, aber ich werde darüber nachdenken und dir Bescheid geben, falls mir doch noch eine Idee kommt."

„Vielleicht kannst du auch Kappa fragen", schlug Femke mit gedämpfter Hoffnung vor. „Er ist viel umhergekommen in seinem Leben und kennt sicherlich eine Menge Pflanzen."

„Ich werde ihn fragen", versprach Jorik, bevor er sich von Femke verabschiedete und davonspazierte.

Die Blonde blieb im Lager zurück und seufzte schwer.

„Salve", ertönte es plötzlich heiter hinter ihr.

Es war der Gruß, den die Bewohner aus Bronstacken kannten und dementsprechend wusste Femke noch bevor sie sich umdrehte, dass es sich bei der Person um Gen handelte. Taros Trupp hatte ihn nach ihrer Mission mitgenommen, wovon Isalie keineswegs begeistert gewesen war.

„Er hat uns verraten", hatte die Stammesfrau an dem Tag ihrer Rückkehr gemeint.

„Ich habe euch nichts Böses gewollt. Manchmal kann ich meine Klappe nicht halten. Ich erzähle gerne und vielleicht habe ich meinem Bekannten zu viel erzählt, aber es war nie meine Absicht, einen Krieg auszulösen", hatte Gen sich daraufhin mit zunehmender Verzweiflung verteidigt.

Er hatte schrecklich aufgewühlt gewirkt und aufrichtiges Bedauern gezeigt. Zusammen mit Taros Erzählung und seinen beschwichtigenden Worten, hatten die Aufständler entschieden, Gen vorerst in Ekliptik aufzunehmen. Isalie war vorerst zurück zu ihrem Stamm gekehrt, Freyning hatte ihr versprochen, dass sie in Kürze einen Weg finden würden, um den Stammesleuten zu helfen.

Taro vertraute nicht jeder dahergelaufenen Person. Wenn der Bogenschütze also positiv von einem Fremden sprach, trugen seine Worte besonders schwere Bedeutung. Femke hatte sich daher entschieden, Gen unvoreingenommen entgegenzutreten und selbst zu schauen, wie er sich benahm.

Sie drehte sich mit einem Lächeln zu dem Neuankömmling um und grüßte zurück: „Hallo. Wie ist es dir bei uns bislang ergangen?"

Gen erwiderte ihr Lächeln ebenso strahlend. Auf der Schulter des Mannes hatte es sich sein kleiner, gezähmter Drachenvogel gemütlich gemacht. Die Flügel hatte das Tier am Körper angelegt und sein Blick schweifte aufmerksam, jedoch nicht beunruhigt durch das Lager. „Gut", entgegnete er: „Ich habe eure Erfinderin kennengelernt und sie hat mir einige ihrer Projekte und Zeichnungen gezeigt. Sehr interessant, auch wenn ich eure Schrift nicht lesen kann."

„Oh", machte Femke und lachte leise: „Selbst wenn du unsere Schrift beherrschen würdest, könntest du Kadiras Notizen vermutlich nicht entziffern."

„Weil ihre Schrift so schlimm ist?", vermutete ihr Gegenüber.

Femke nickte. Für einen kurzen Moment herrschte Stille.

Dragontale - Neuzeit IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt