KAPITEL XXVII | Lügengeschichte

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Auf dem Heimweg war Femke und Taro nicht zu sprechen zu mute. Ihre Gedanken hingen Yves hinterher. Auch, wenn sie noch nicht dazu gekommen waren, sich unter vier Augen zu unterhalten, hatten sie beide bereits beschlossen, dass sie den Van Loons und Freyning definitiv von Yves' Reaktion auf Gen erzählen mussten.

Gen schien ihren bedrückte Stimmung zu bemerken, jedoch nicht ansprechen zu wollen. Stattdessen fragte er ruhig und angepasst: „Niek war ein Kamerad von euch?"

„Ja", antwortete Taro angebunden.

„Was ist passiert?"

Taro zuckte mürrisch mit seinen Schultern. „Ich schätze, es war zu viel für ihn", spekulierte er.

„Wie schade", murmelte Gen und blickte dabei auf den Waldboden.

Sie stiefelten konzentriert einige weitere Minuten über Äste und Wurzeln, die den Boden bedeckten. Der Farn umstrich ihre Beine und tränkte ihre Hosen in noch mehr Wasser. Schließlich konnte Taro es nicht mehr aushalten. Es juckte ihm schier in den Fingern, also fragte er geradeheraus: „Wieso hast du nicht gesagt, dass Gahiji deine Schwester ist?"

Femke warf ihm einen verwunderten Blick zu, ebenso wie Gen – auch wenn beide völlig unterschiedliche Gründe dafür hatten. Femke fragte sich, warum er das Thema nun mitten im Wald auf dem Weg nach Hause ansprechen musste und Gen war schlicht und einfach überrumpelt von der plötzlichen Frage.

„Du hast gehört, wie wir am Lagerfeuer über sie gesprochen haben und du hast nichts gesagt", verdeutlichte Taro.

Gen kam zu einem abrupten Stopp inmitten eines Felds aus bodennahen Farn, welcher zwischen den Bäumen des Waldes wuchs.

Verwundert blieben auch Taro und Femke stehen und blickten zu dem Mann zurück.

Dieser ließ enttäuscht seine Schultern hängen und sagte geknickt: „Ihr scheint sie zu hassen. Ich wollte nicht, dass ihr mich auch hasst."

„Dann sag mir, warum Gahiji so ist, wie sie ist?", forderte Taro kühl.

„Ich weiß es nicht", beteuerte Gen. „Früher war sie eine liebenswerte Person, aber ich habe sie jahrelang nicht mehr gesehen. Ich weiß nicht, wie sie sich euch gegenüber verhält. Ich weiß nicht, was die Außenwelt ihr angetan hat."

Taro schüttelte stur seinen Kopf. Yves hatte sich mehr als seltsam verhalten und es musste einen plausiblen Grund dafür geben. So leicht würde er Gen nicht vom Harken lassen. „Yves sagt, du weißt, warum sie sich geändert hat", drängte er weiter.

„Dann hat Yves Unrecht", rief Gen wütend aus. Er ballte seine Hände zu Fäusten und knurrte: „Yves hat zusammen mit Gahiji Bronstacken verlassen, wieso fragt ihr nicht ihn, was passiert ist? Ich weiß nur, dass meine Schwester sich eines Tages mit ihm aus dem Staub gemacht hat."

„Dafür, dass er mit deiner Schwester abgehauen ist, hast du ihn recht freundlich begrüßt", konfrontierte nun auch Femke den Mann.

„Er war ein Freund", blieb Gen beharrlich: „Ich habe mich für ihn und meine Schwester gefreut, dass sie es rausgeschafft hatten. Das war alles, was ich mir selbst je gewünscht hatte. Woher sollte ich wissen, was mit den beiden passiert ist?" Gen raufte sich verzweifelt die Haare und sprach mit gebrochener Stimme: „Ich dachte immer, dass meine Schwester Yves bei sich hat. Woher hätte ich wissen sollen, dass sie nun allein dasteht?"

Mit einem Mal tat Gen Taro leid. Der Grünhaarige warf Femke einen verzweifelten Blick zu. „Wem sollen wir glauben?", fragte er im Flüsterton.

Auch Femke schüttelte unwissend ihren Kopf. „Lasst uns erst einmal zurück nach Ekliptik gehen, bevor es zu spät wird. Wir reden später weiter", entschied sie kurzerhand.

Dragontale - Neuzeit IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt