Anton war begeistert, als Femke ihm auf dem Rückweg die Neuigkeiten berichtete – er war zumindest begeistert, dass sie ohne großen Kampf und ohne Verletzte einen Weg hatten finden können, einen Kontakt zu den Bewohnern Tartarus' herzustellen. Gegenüber dem konkreten Plan hegte er noch Zweifel.
Femke erzählte dem Brünetten davon, dass sie Glück gehabt hatten, dass Selkie keine talentierte Schwertkämpferin gewesen war und von vorneherein Interesse an einem Handel gezeigt hatte. Sie war eine Verräterin der Piraten, aber das schützte sie nicht davor, ebenfalls von ihr verraten zu werden.
„Hoffentlich hat dieser Lawrence verstanden, was du von ihm wolltest, als du ihm von den Initialen A.G. erzählt hast", murmelte Anton.
Das hoffte Femke auch.
Nachdem sie also Anton abgeholt hatten, der die ganze Zeit über im Schilf auf sie gewartet hatte, machten sie sich schnell wieder auf den Weg, zurück nach Ekliptik.
Sie alle waren schrecklich erschöpft von der langen Reise und der nervenaufreibenden Nacht, aber momentan wäre es nicht sicher, sich einen Schlafplatz zu suchen. Die angrenzenden Mangroven waren eine Heimat für gefährliche Drachen und der Piraten-Hafen war auch noch zu nah. Wenn Selkie sie verpfeifen würde, hätte man sie innerhalb kürzester Zeit eingeholt.
Trotz ihrer müden Gliedmaßen schleppte die Gruppe sich also weiter voran.
Sie hielten sich am Rande der Mangroven bis der Wald sich lichtete. Rennend und im Schutz der Dunkelheit überquerten sie die freie Fläche, bis sie die steile Bergwand erreichten, die die Gebirgskette bildete. Sie folgten dieser, bis sie einen sicheren Abstand zu Tartarus zurückgelegt hatten. Erst dann hielten sie Ausschau nach einem geeigneten Schlafplatz, den sie nicht viel später fanden. Ein Felsspalt.
Femke warf einen Stein in das finstere Loch, um mögliche Feinde ins Freie zu scheuchen, doch nichts regte sich. Also zwängte die kleine Gruppe sich in den Spalt. Marja meldete sich freiwillig zur ersten Wache und Femke wurde nur wenige Minuten, nachdem sie sich hingelegt hatte, in ihre Traumwelt gerissen.
Marja weckte sie früh – da war die Sonne noch gar nicht aufgegangen. Femke übernahm, ohne Wehklagen die zweite Wache bis zum Morgen. Sie war zwar noch immer schrecklich müde, aber sie war die Erste Offizierin ihrer Kameraden und fühlte sich dementsprechend für sie verantwortlich.
Die Frau setzte sich vor den Eingang des Felsspalts und beobachtete die sternenklare Nacht. In der Ferne konnte sie wage Schatten über das Flachland streifen sehen – vermutlich handelte es sich um nachtaktive Jäger. Femke beobachtete das Geschehen mit Interesse. Diese Drachen würden ihnen vorerst nicht gefährlich werden, also nutzte sie den Anblick der Jagd, um sich wachzuhalten.
Als die Sonne aufging und ihr Weg wieder gut zu überblicken war, weckte sie ihre Kameraden auf. Sie zogen weiter am Gebirge entlang, der Vulkan des Mondscheinsees zeichnete sich in der Ferne zu ihrer Linken vor dem Horizont ab. Über dem inaktiven Vulkan schoben sich dunkle Wolken. Sie zogen innerhalb von Sekunden mit einem plötzlich starken Wind auf wie eine Walze und verdeckten in Kürze die Sonne. Nicht viel später entleerte sich eimerweise das Regenwasser über ihren Köpfen.
Femke verachtete die Übergangsmonate zwischen den Sonnen- und Regenzeiten. Das Wetter wurde zu dieser Zeit unberechenbar.
In wenigen Sekunden war die Truppe bis auf die Haut durchnässt.
„Natürlich", seufzte Anton und blickte hinauf in den Himmel, sodass die schweren Regentropfen auf sein Gesicht prasselten. „Zumindest müssen wir keinen Durst leiden", sagte er und öffnete seinen Mund, um den Regen einzufangen.
Femke musste Schmunzeln und schüttelte ihren Kopf. „Bei diesem Regen wird es schwer, ins Gebirge zu gelangen und später über den Felsspalt hinab ins Tal zu klettern. Die Felswand wird rutschig sein."

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Dragontale - Neuzeit I
FantasíaNach dem Verlust ihrer Kameraden sind einige Monate vergangen und das Leben in Ekliptik geht weiter. Während die Aufständler noch trauern und damit beschäftigt sind, wie sie weiter gegen die Piraten vorgehen sollen, kommt der Stamm auf sie zu und bi...