Kapitel 7

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Eine Hand legte sich auf meine Schulter und ich zuckte erschrocken zusammen. Ich wischte mir kurz über den Mund und die Wangen, um das Gröbste wegzuwischen, und schaute nach oben. Wie ich bereits erwartet hatte, hockte Sarah nun neben mir im taunassen Gras und streichelte sanft über meine bebende Schulter. Es war mir unglaublich peinlich, aber ich konnte einfach nicht aufhören, zu zittern. Zu meiner Überraschung holte sie ein Taschentusch aus ihrer Hosentasche und reichte es mir. Ich versuchte, sie dafür anzulächeln, putze mir die Nase und wischte meinen Mund ab. „Das wird schon wieder", sagte sie und ein paar Tränen fielen auf meine Wangen, während sie mir einen Becher mit Wasser reichte. Ich konnte nichts sagen und wusste auch nicht, was ich hätte sagen sollen. Sarah schien das zu verstehen und erwartete wohl auch keine Antwort von mir. Sie setzte sich nun richtig auf den Boden und nahm mich in den Arm, um mich zu trösten. Seltsamerweise war ich froh, dass sie hier war, statt Maya, Jasmine oder Violet. Aber wenn diese mitbekommen hätten, was gerade passiert wäre, hätte ich mich auch in Grund und Boden geschämt.

„Ich bin einfach so verwirrt", brachte ich nach einer Weile raus und hob meinen Kopf, um Sarah anzuschauen. Unsere Augen trafen sich und ihre schienen sich tief in meine Seele zu bohren.

„Ich weiß", sagte sie nach ein paar Augenblicken und ich wusste, dass sie wirklich wusste, was ich meinte. Die Tatsache und dass sie da war, taten mir gut. Ich hatte gerade in diesem Moment das Gefühl, mich nicht verstellen, nichts verheimlichen zu müssen. Wäre ich nicht immer noch betrunken und vollkommen durcheinander gewesen, hätte ich ihr vermutlich alles erzählt, was in mir vorging. Zu meinem Glück war ich aber viel zu müde dafür.

„Ich bringe dich nach Hause, wenn du möchtest", meinte sie und ich nickte.

„Ja, bitte."

Schweigend liefen wir los und ich war froh, dass ich wieder alleine geradeaus laufen konnte. „Tut mir leid, falls ich dir jetzt die Party ruiniert habe", entschuldigte ich mich und lächelte sie traurig an.

„Hast du nicht", meinte Sarah und erwiderte das Lächeln. „Ich muss morgen sowieso früh aufstehen."

„Aber es ist doch Sonntag", ich runzelte die Stirn.

„Ich helfe sonntags immer im Tierheim aus. Beziehungsweise ich gehe mit den Hunden dort spazieren. Wir haben Pippa von dort und die Hunde sind oft sehr einsam. Und da ich sonntags nichts zu tun habe", sie zuckte mit den Schultern.

„Wow, das ist toll", meinte ich ehrlich.

„Du kannst ja mal mitkommen, wenn du willst", schlug Sarah vor.

„Ja, gern. Ich weiß aber nicht, ob ich das morgen schaffe", musste ich ehrlich zugeben. „Mir ist immer noch so übel."

Sarah versuchte erfolglos, ein Lachen zu unterdrücken. „Dann am Dienstag, da fahre ich nach der Schule auch manchmal hin."

„Dann Dienstag", sagte ich zu. „Hier wohne ich", ich zeigte auf das Haus, bei dem meine Mutter wie immer die Außenleuchte angelassen hatte. Hoffentlich war sie schon im Bett. Wenn sie sah, dass ich geweint hatte, würde sie mich bestimmt ausquetschen wollen, was passiert war.

„Ein schönes Haus", meinte Sarah und ich lächelte.

„Danke."
„Dann sehen wir uns am Dienstag", sie zögerte einen Moment, umarmte mich dann aber doch zum Abschied. Ich ignorierte, dass mein Körper wieder verrückt auf ihre Nähe reagierte und wir uns länger festhielten, als man Freunde eigentlich umarmte. „Danke."

„Das wird schon wieder", sagte sie und ließ mich los.

„Bis dann"

„Bis dann", damit drehte sie sich um und ging. Diesmal war ich diejenige, die noch dastand und ihr nachschaute, als sie sich kurz umdrehte, und dann in der Nacht verschwand.

Sarah & HayleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt