Kapitel 14

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Am darauffolgenden Tag blieb ich so lange im Bett liegen, bis ich Kopfschmerzen bekam. Ich schaute auf mein Handy – 13 Uhr. Meine Mutter dachte vermutlich, dass ich auf Lukes Party und daher erst spät im Bett gewesen war.

In Wahrheit hatte ich den Abend mit Sarah verbracht. Nachdem ich mir am See endlich eingestanden hatte, dass ich verdammt nochmal mehr für sie fühlte, hatten wir noch eine Ewigkeit dort gesessen und der Sonne beim Untergehen zugeschaut. Sarah hatte dabei den Arm um mich gelegt und alles fühlte sich einfach perfekt an.

Heute morgen - na gut, mittag - sah die Lage schon etwas anders aus. Ich rastete zwar diesmal nicht aus und benahm mich auch nicht wie ein Kleinkind. Aber dennoch war mein Kopf bis oben hin vollgestopft mit den verschiedensten Gedanken, die umeinander kreisten.

Als allererstes musste ich mich damit beschäftigen, dass ich mir selbst gegenüber eingestehen musste, was ich tief unten bereits lange festgestellt hatte. Ich war... nein, ich konnte das Wort einfach nicht denken. Seufzend schlug ich mit den Armen auf meine Bettdecke. Wie hatte mein Leben durch eine einzige Person so chaotisch werden können? Es war alles fein geplant gewesen: High School Abschluss, College, langfristige Beziehung, guter Job, Haus, Hund, Kind. Es fiel mir unfassbar schwer, diese Zukunft aufzugeben. Ich fragte mich, ob ich das überhaupt konnte.

Meine Kopfschmerzen meldeten sich und ich setzte mich in meinem Bett auf. Das zweite Problem war, dass ich immer noch mit Michael zusammen war. Er verdiente es nicht, so von mir hintergangen zu werden. Ich fühlte mich wie der schlechteste Mensch der Welt. Ich wusste genau, dass ich mit ihm Schluss machen musste. Nicht nur, dass ich ihn jetzt unzählige Male betrogen hatte - ich hatte mittlerweile den Überblick verloren. Nein, ich war auch noch in jemand anderen verliebt

Oh Gott, dachte ich und legte eine Hand vor meinen Mund, als ob ich versehentlich etwas ausgeplaudert hatte. Ich war verliebt. Ich war wahrhaftig und bis über beide Ohren unwiderruflich, extrem heftig und vollkommen verliebt in Sarah. Zu meiner eigenen Überraschung breitete sich das breiteste Grinsen meines Lebens auf meinem Gesicht aus. Was auch immer ich für Hindernisse zu überwinden hatte, eins stand fest: Verliebtsein war das schönste Gefühl, das ich jemals gespürt hatte.

All die Unsicherheit und Unbehaglichkeit, die ich bei Dates, Berührungen oder Küssen von Michael gespürt hatte, lagen schlicht und ergreifend daran, dass ich ihm nicht das geben konnte, was er wollte. Und das musste ich ihm so schnell es ging sagen, oder? Aber was, wenn er merkt, woran es liegt?, fragte mich mein nerviges Unterbewusstsein. Michael hatte nach dem Abschlussball bereits so merkwürdige Kommentare über mich und Sarah gemacht. Was, wenn er sofort eins und eins zusammenzählen würde? Sicher würde es es jedem erzählen. Oder zumindest James, dieser war schließlich sein bester Freund. Und der würde es dann jedem erzählen, weil er eine totale Tratschtante war.

Bei dem Gedanken wurde mir heiß und übel. Das konnte ich nicht zulassen! Keiner durfte wissen, dass ich anders war. Was, wenn sie mich hassen würden? Für einen Moment überlegte ich, ob diese Angst nicht komplett irrational war. Aber dann dachte ich wieder an Sarah und Lukes Eltern: diese zahlten ihr nicht mal das College, weil sie auf Mädchen stand. Wie würde meine Mutter reagieren? Oh Gott, das konnte ich nicht riskieren.

Mein Gedankenchaos hatte mich so aufgewühlt, dass ich die Decke von mir warf und unter die Dusche ging. Vielleicht konnte das Wasser ja alles Sorgen wegspülen. Selbstverständlich klappte das nicht, aber das Leben musste ja nunmal irgendwie weitergehen.

Als ich die Treppe runterlief, konnte ich bereits den Duft angebratener Zwiebeln erahnen. Meine Mutter stand mit dem Rücken zu mir am Herd und briet das Mittagessen an.

"Guten Morgen", begrüßte ich sie und holte mir eine Tasse aus dem Schrank, um mir einen Tee zu kochen.

"Wohl eher guten Mittag", sie grinste mich an und reichte mir den Wasserkocher. "Wie war die Party?"

Sarah & HayleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt