Kapitel 22

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Als ich wach wurde, hörte ich Sarahs Herzklopfen an meinem rechten Ohr und spürte, wie sie langsam ein- und ausatmete. Ich hielt meine Augen geschlossen, denn ich wollte nicht, dass die Nacht vorbei war. Denn das würde bedeuten, dass wir aufstehen mussten und ich wäre lieber für alle Zeit so liegen geblieben.

Doch dann spürte ich eine Veränderung in ihrem Atemrhythmus und wusste, dass Sarah auch wach war. Langsam hob ich meinen Kopf und als ich sie ansah, streckte sie sich gähnend. Dann lächelten wir uns an. Oh man, sah sie süß verschlafen aus!

"Frühstück?", fragte ich und bekam nur ein Kopfschütteln.

"Kaffee", nuschelte sie und kuschelte sich dann wieder in's Kissen, mich näher an sich drückend. Ich lachte. Da war wohl jemand ein Morgenmuffel.

"Kommt sofort", versprach ich und machte mich von ihr los. Ich küsste sie schnell auf die Wange und verschwand dann nach unten in die Küche, um die Kaffeemaschine zu starten.

Ich konnte gar nicht richtig klar denken, so voller Glücksgefühle war ich. Diese ganzen negativen Seiteneffekte - dass ich einen sehr guten Freund stark verletzt hatte, dass ich irgendwie allen um mich herum sagen musste, dass ich in eine Frau verliebt war - verschwanden irgendwo hinten in meinem Hinterkopf.

Was mich vorher noch stark belastet hatte, war mir momentan gar nicht mehr so wichtig. Sollten sie doch denken, was sie wollten. Ich hatte Sarah und alles andere war unwichtig.

Nachdem Sarah eine Tasse Kaffee intus hatte, wurde sie richtig wach und wir suchten uns was zum Frühstücken in der Küche. Weil das Wetter wunderschön war, entschieden wir, danach zu "unserem" See zu fahren. Dort legten wir uns ins Gras und reden über Unsinn, Gott und die Welt, aber auch tiefgründigere Dinge. Über die Scheidung meiner Eltern, die Borniertheit ihrer Eltern und die Charaktereigenschaften unserer Freundinnen und Freunde.

"Sag mal", fiel mir plötzlich ein und ich stützte mich auf meinem Arm ab, um Sarah ansehen zu können. "Was meintest du damals eigentlich damit, dass Luke ja so viel älter sei, als Maya und... naja, andere Erwartungen hat?", fragte ich sie.

Sarah runzelte die Stirn, sie schien nicht zu wissen, worüber ich sprach.

"Also damals bei der Party, als wir uns kennengelernt haben", erklärte ich nochmal neu, "da hast du mich praktisch davor gewarnt, Luke und Maya zusammenkommen zu lassen".

"Ach so, das...", Sarah setzte sich auf, sodass ich nur noch ihren Rücken sah, und schaute auf den See. "Das war Blödsinn, vergiss es einfach", meinte sie. Sie rupfte ein paar Grashalme aus dem Boden und warf sie ein kleines Stück.

"Nein, sag", forderte ich sie auf, setzte mich nun ebenfalls hin und legte meine Hand auf ihre. Ich glaubte ihr nicht, dass sie damals nur einen Spaß gemacht hatte.

Sarah atmete tief ein und aus und schaute mich dann an.

"Naja, du kennst ja Jane", erklärte sie mir und ich nickte. Natürlich kannte ich Jane, was für eine seltsame Frage.

"Ungefähr ein Jahr, bevor diese Party war, wo du und ich uns kennengelernt haben, war Jane unfassbar in Luke verliebt", Sarah verdrehte bei der Erinnerung die Augen.

"Oh man, das muss ziemlich anstrengend gewesen sein", kommentierte ich und Sarah nickte. Ihr Blick sagte: Du hast ja keine Ahnung, wie sehr!

"Jedenfalls", fuhr sie fort, "haben die beiden sich heimlich verabredet. Jane wusste, dass ich das total bescheuert gefunden hätte, ich kenne schließlich meinen Bruder. Jedenfalls kam ich irgendwann nach Hause und sie saß total aufgelöst in meinem Zimmer. Sie hat total doll geweint, die Wimperntusche war überall verschmiert", Sarah schaute bei ihrer Erzählung wieder gedankenverloren auf den See. Mich beschlich derweil eine ungute Vermutung. Er hatte Jane doch nichts angetan, oder?

Sarah & HayleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt